Österreich

Nicht an jedem Freitag wird geköpft

BERLIN. (hpd) Die ehemalige österreichische Justizministerin und Richterin Claudia Bandion-Ortner ist Generalsekretärin des umstrittenen “König-Abdullah-Dialog-Zentrums” in Wien und hat am Wochenende der Zeitung “Profil” ein Interview gegeben, in dem sie Todesstrafen für kaum erwähnenswert und die Burka für ein praktisches Kleidungsstück hält.

Was die Welt bei der Terrormiliz IS verurteilt, ist in Saudi-Arabien Alltag. Mit dem Krummschwert wurden allein in diesem Jahr bereits 60 Menschen hingerichtet. An Freitagen nach dem Gebet wird öffentlich geköpft und ausgepeitscht. Eine Beschreibung solch einer Hinrichtung findet sich aktuell im Handelsblatt: “Helfer [begleiten] derweil die beiden Todeskandidaten bei ihren letzten Schritten auf Erden. Wahrscheinlich sind sie vollgestopft mit Beruhigungsmitteln. Ihre Hände sind auf den Rücken gefesselt, über die Gesichter breite, graue Tücher geknotet. Einen Moment mustert der Henker konzentriert sein flach kniendes Opfer, drückt mit dem linken Zeigefinger den frei gelegten Hals noch ein wenig nach unten. Dann saust das Krummschwert herab – der Kopf fällt auf das Deckenlager, eine runde Blutfontäne spritzt aus dem Rumpf. Der Torso macht einen Satz nach vorne und schlägt auf den Boden.”

Solche Strafen kommentiert die Richterin Bandion-Ortner mit dem lapidaren Satz: “Das ist nicht jeden Freitag.”

Ein Essen im Harem ist wie eine “Damenrunde”

Doch nicht allein mit dieser Bemerkung lässt sie an allem fehlen, was als Grundlage für einen Demokraten und eine Richterin gelten sollte. Doch das wundert nicht mehr, wenn man liest, wie Bandion-Ortner die Sharia-Gesetze in Saudi-Arabien befürwortet. “Ich war in Saudi-Arabien zu einem Abendessen bei einem Sohn des Königs eingeladen. Ein Abend war ein sogenannter Ladies Abend. Da habe ich nur Frauen getroffen. Ich war umgeben von gebildeten, hochintelligenten Frauen, Managerinnen, Universitätsprofessorinnen. Ich bin mir vorgekommen wie in Österreich bei einer Damenrunde. Da war eigentlich kein Unterschied.”

Man ist sich nicht sicher: Ist die Frau tatsächlich so naiv und hält die strikte Trennung der Geschlechter für normal und begreift sie tatsächlich nicht den Unterscheid zwischen einer freiwilligen “Damenrunde”, bei der sich Frauen darauf einigen, keine Männer dabei haben zu wollen und dem Zwang, unter Strafandrohung keine dabei haben zu dürfen. Oder redet sie hier als Vertreterin des von Saudi-Arabien finanzierten “König-Abdullah-Dialog-Zentrums”, voller Angst, ihren Posten zu verlieren? Auch wenn sie mehrfach bemüht ist, zu erklären, dass Saudi-Arabien so gar nichts mit dem Zentrum zu tun hat.

Wahabiten missionieren? Kann sie sich nicht vorstellen

Kann man es wirklich noch naiv nennen, wenn sie auf die Frage, was sie denn davon halte, dass bei der Eröffnung im November 2012 ein religiöser Vertreter aus Saudi-Arabien in einem Grußwort auf Arabisch sagte: Das Zentrum sei dafür gedacht, den Islam in Europa zu verbreiten, antwortet: “Was? Um Gottes willen. Also das kann ich mir nicht vorstellen.”

Wie blind, wie überaus frei von Empathie muss jemand sein, um die Vollverschleierung mit einer Richterrobe zu vergleichen? “Ich musste keine Kopfbedeckung tragen. Aber die schwarze Abaya ist Vorschrift. Die muss man schon im Flugzeug anziehen. Aber ich muss sagen: Die ist praktisch. Ein angenehmes Kleidungsstück. Sie hat mich ein bisschen an den Talar erinnert, den bin ich ja gewöhnt.”

Und gefragt danach, dass kürzlich in Saudi-Arabien ein Gesetz erlassen wurde, wonach Atheisten als Terroristen zu behandeln sind antwortet Bandion-Ortner: “Das ist schon eine ältere Geschichte. Ich habe keinen Einblick in die genaue Gesetzeslage. Aber: Ich bin gegen die Todesstrafe und für die Gleichberechtigung der Frau.” Gegen die Todesstrafe vermutlich aber nur von Montag bis Donnerstag und für die Gleichberechtigung der Frau nur unter dem schwarzen Schleier.

Hans Rauscher schreibt beim Standard: “Eine österreichische Ex-Richterin und Ex-Justizministerin hätte sich nicht für die Saudis einspannen lassen dürfen. Andererseits: vielleicht besser, als wenn sie wieder Richterin geworden wäre.”

Reaktionen

Glücklicherweise gibt es auch in Österreich vernünftige Leute, die sofort begreifen, dass es weniger darum geht, dass die Frau mal Justizministerin war (was schon schlimm genug ist), sondern Recht spricht. Die Urteile möchte man sich nicht vorstellen, die gefällt werden in einem Streit, in dem es zum Beispiel um die vermeintliche Ehre des (islamischen) Mannes geht, die dieser zwischen den Beinen von Frau und Tochter entdeckt zu haben glaubt.

“Von ‘Blödheit’ bis ”handfester Menschenrechtsskandal“ haben die Reaktionen auf die Aussagen von Ex-ÖVP-Justizministerin Claudia Bandion-Ortner gereicht” schreibt der ORF. Selbst Bundeskanzler Werner Faymann (ebenfalls SPÖ) sprach - sich auf den Artikel beziehend - von einer “ausgesprochen verfehlten Aussage”. Das war nett ausgedrückt von ihm; er kommentierte das dann auch nicht weiter.

Frau Claudia Bandion-Ortner fühlt sich nun “missinterpretiert”. So beklagte sie sich, “das Interview sei nicht autorisiert, nicht korrekt und aus dem Kontext gerissen.” Was flugs von der Zeitung Profil mit Audiomitschnitten und einer Erklärung gekontert wurde. Wobei es an den Antworten der Frau Bandion-Ortner kaum etwas misszuverstehen gibt; sind sie doch eher schlicht.

 


Zum “König-Abdullah-Dialog-Zentrum” beim hpd:
Islamisches Zentrum für interreligiösen Dialog?
Interkultureller Dialog in Wien, Teil II