Islamophober Populismus in Parteien

(hpd) Der Politikwissenschaftler Farid Hafez untersucht in seiner Studie öffentliche Diskurse zum „islamophoben Populismus“ in Parteiprogrammen, Pressemitteilungen und Landtagssitzungen. Leider fehlt der Arbeit ein wirklich trennscharfes Konzept von Muslimenfeindlichkeit, gleichwohl arbeitet der Autor eine ganze Reihe beachtenswerter Topoi heraus und problematisiert die politische Breitenwirkung einschlägiger Agitation.

Die im November 2008 erfolgte Abstimmung in der Schweiz über ein Minarettverbot fand international große mediale Beachtung. Weniger Aufmerksamkeit erregte demgegenüber, dass es bereits zuvor in Österreich in den Bundesländern Kärnten und Vorarlberg ebenfalls Debatten um Moscheen- und Minarettbauverbote gab. Ihnen widmet sich der Politikwissenschaftler Farid Hafez, der an der Universität Wien forscht und lehrt, in seiner Studie „Islamophober Populismus. Moschee- und Minarettbauverbote österreichischer Parlamentsparteien“. Die Arbeit mit dem etwas „schiefen“ Untertitel (Parteien können keine Moscheen oder Minarette verbieten) will eben diese Debatten anhand von Programmerklärungen, Pressemitteilungen und Landtagsdebatten der österreichischen Parlamentsparteien untersuchen. Als allgemeine Forschungsfrage formuliert denn auch Hafez: „Wie verläuft der Diskurs zum Moscheen- und Minarettbauverbot durch die daran teilnehmenden politischen Parlamentsparteien?“ (S. 24).

Da es dabei hauptsächlich um die inhaltliche Prüfung hinsichtlich eines „islamophoben Populismus“ geht, wird dieser Begriff zunächst im Sinne eines Untersuchungsrasters definiert. Nach Ausführungen zum einschlägigen Forschungsstand bemerkt der Autor: „Populistische Islamophobie basiert ... auf einen monolithisch, undifferenziert und homogen wahrgenommenen Islam, der zur Abgrenzung und antagonistischen Konfrontation verwendet wird. Der Islam wird dabei als minderwertig aber auch feindlich, aggressiv und bedrohlich konzipiert“ (S. 69). Die damit angesprochenen Antagonisierungen, Dichotomien, und Stereotypisierungen sollen danach anhand von Topoi in den Programmen, Presseerklärungen und Landtagssitzungen von „Bündnis Zukunft für Österreich“ (BZÖ), der „Freiheitlichen Partei Österreichs“ (FPÖ), den „Grünen“, der „Österreichischen Volkspartei“ (ÖVP) und „Sozialdemokratischen Partei Österreichs“ (SPÖ) inhaltlich herausgearbeitet, miteinander verglichen und politisch bewertet werden.

„Inhaltlich konnte deutlich gezeigt werden“, so der Autor zusammenfassend, „dass der islamophobe Populismus nicht lediglich von den beiden rechten Parteinen FPÖ und BZÖ benutzt wird, sondern auch in einem breiten Maße von der ÖVP.“ Demnach beschränken sich derartige Positionen nicht nur auf Kräfte am politischen Rand. Denn: „Die ÖVP benutzt die meisten der Topoi, die die FPÖ in ihrem Diskurs zur Legitimierung dieses Gesetzes. Weiters war es die ÖVP in Voralberg mit ihrem dortigen Landeshauptmann und als Regierungspartei mit größter Mandatsstärke, die ein Moschee- und Minarettbauverbot mithilfe der FPÖ eingebracht und durchgesetzt hat“ (S. 181). Somit zeigte sich auch eine Partei der Mitte anfällig für entsprechende Positionen. Demgegenüber bediene sich die SPÖ mit einer insgesamt etwas ambivalent und unklar wirkenden Einstellung nur abgeschwächt und selektiv des islamophoben Populismus. Einzig die Grünen führten in allen drei untersuchten Forschungsfeldern einen konsequenten Gegendiskurs zu damit verbundenen Auffassungen.

Das von Hafez genutzte „Islamophobie“-Konzept krankt etwas daran, dass es keine klare Unterscheidung von aufklärerisch-menschenrechtlicher und fremdenfeindlich-ressentimentgeladener Kritik an Islam und Muslimen vornimmt. So ist etwa die Rede über „Begriffe wie Zwangsheirat, Genitalverstümmelung, die im islamophoben Diskurs für Synonyme der ‚islamischen Gewalt’ verwendet werden“ (S. 109). Die genannten Phänomene lassen sich aber ebenso wie „’Frauenunterdrückung’“ (S. 190) sehr wohl in einem islamischen Kontext ausmachen. Dies verdeutlicht: Das genutzte Konzept von „Islamophobie“ ist nicht trennscharf genug angelegt. Gleichwohl arbeitet Hafez eine Reihe von Topoi mit ausgrenzender Dimension gegenüber Muslimen in den Diskursen nicht nur von BZÖ und FPÖ heraus. Er verdeutlicht auch, dass diese Inhalte sehr wohl ebenso im öffentlichen Erscheinungsbild von Parteien der „Mitte“ vorkommen. Bezüglich dieses Prozesses verdient die vorliegende Arbeit auch außerhalb von Österreich als „Lehrbeispiel“ kritische Aufmerksamkeit.

Armin Pfahl-Traughber

 

Farid Hafez, Islamophober Populismus. Moschee- und Minarettbauverbote österreichischer Parlamentsparteien, Medien 2010 (VS Verlag für Sozialwissenschaften), 212 S.