Kirchenkritik und Verfassungsschutz

STUTTGART. (hpd) Wer gemeint hat, dass der Papstbesuch vorbei sei, der irrt. Das kirchenkritische Geschehen in Freiburg wurde auch vom Verfassungsschutz beobachtet und „Freiburg ohne Papst“ im Verfassungsschutzbericht 2011 genannt. Das ist immerhin wiederum neu, dass Kirchenkritiker als Verfassungsfeinde gelten.

Dazu schreibt Albrecht Ziervogel, der ehemalige Sprecher von FREIBURG OHNE PAPST: „Man reibt sich verwundert die Augen: im neuesten Verfassungsschutzbericht der grün-roten Landesregierung Kretschmann wird das Aktionsbündnis FREIBURG OHNE PAPST (FoP), als „linksextremistisch beeinflusst“ bezeichnet. Das Bündnis hatte sich aus Anlass des letztjährigen Papstbesuchs dessen kritische Begleitung in Freiburg zur Aufgabe gemacht.

Gründe für diese unerhörte Feststellung gibt der Bericht selbstverständlich nicht. Offenbar kann man bei uns staatlicherseits etwas, das man für missliebig hält, als extremistisch diffamieren, um es in die Schmuddelecke zu stellen (Senator McCarthy lässt grüßen!). Später können sich dann öffentliche Stellen umso leichter darauf berufen, etwa um eine beantragte Gemeinnützigkeit oder Zutritte zu Veranstaltungen und Ähnliches zu verweigern.

Peinlich wird es dann, wenn der überzeugte und praktizierende Katholik und „Landesvater“ Kretschmann sich als oberster Staatsbeamter im Ländle bereitwillig vor den Karren der katholischen Kirche spannen lässt und (zusammen mit dem ebenfalls grünen Freiburger OB Salomon) ein Jubelbüchlein aus Anlass von Papst Ratzingers Besuch herausgibt. Hier setzt er also sein hohes Staatsamt zur Promotion von Kirchenbelangen ein.

Jetzt lässt er zusätzlich seinen roten Innenminister Gall für die Landesregierung solch einen diffamierenden Blödsinn hochoffiziell verbreiten. Das Aktionsbündnis war in der Tat ein Forum für missliebige Kritik an Papst, Vatikan und Kirche und brachte insofern ein klein wenig Sand in die sonst so geschmiert laufende und durchorganisierte Jubelmaschinerie beim Papstbesuch. Die neue Landesregierung hatte sich mal „mehr Bürgerbeteiligung“ auf ihre Fahnen geschrieben!

Zu diesem Vorgang passt auch, dass der grüne Politologe Salomon im vergangenen Jahr die Entgegennahme der von FREIBURG OHNE PAPST gesammelten über 5.000 Unterschriften aus demokratisch bedenklicher Gesinnung verweigerte und sich lieber hinter Panzerglas verschanzte! Die Unterschreibenden des Aufrufs hatten sich nämlich gegen die Eintragung des Papstes ins Goldene Buch der Stadt ausgesprochen – mit guten Argumenten. Dafür sei aber, so befand der OB, nicht er, sondern Erzbischof Zollitsch der richtige Adressat. Auch ein für den 24. September 2011 beantragter Info-Stand des Aktionsbündnisses wurde nach anfänglicher Ablehnung erst nach drei Monaten und nach peinlichen und penetranten Nachfragen der Medien bei der Stadtverwaltung schließlich doch noch genehmigt. Peinlich.

Die seit der Weimarer Verfassung vorgeschriebene Ablösung der Staatsleistungen an die großen Kirchen kommt seit 93 Jahren nicht voran und zwar ganz bewusst. Diese im Grundgesetz übernommene Regelung findet keinerlei Beachtung: außer neuerdings einer Handvoll Laizisten im Bundestag setzt sich niemand dafür ein. Zu groß ist immer noch Macht und Einfluss der Kirchen, die diesen Einfluss verbunden mit sehr viel Geld eben gerade von den Regierungen gewährt bekommen. Ein „Teufels“kreis an dem die „heiligen Väter“ den größten Anteil und von dem sie die größten Vorteile haben. Da soll noch einer sagen, Staat und Kirche arbeiteten heute nicht mehr Hand in Hand!

Auch in diesem Punkt hat sich also seit der Vorherrschaft der CDU (der angeblich christlichen Vereinigung) im Ländle nichts geändert. Es war ja auch reichlich unverfroren von FoP, sich von einer linken Bundestagsabgeordneten und einigen linken Stadtverordneten ideell unterstützen zu lassen. Das mögen weder Vatikan noch neue Landesregierung und das müssen sie dann auch deutlich zum Ausdruck bringen dürfen – notfalls mit Diffamierungen."