DARWIN und die Liebe…

julit-artikelbild_0.gif

Lara Rosa Eggert und Christoph Schmidt / Fotos: fhs, Köln

KÖLN. (hpd/fhs)) Der säkular humanistische Literaturpreis für junge Lesben und Schwule, JULIT:))), wurde zum vierten Mal verliehen. Das Thema dieses Jahr war: Wie passen Lesben und Schwule in die Evolution? Wow, mit diesem Motto taten sich die diesjährigen JULIT:)))-Teilnehmer und –teilnehmerinnen schwer.

Ist Homosexualität vielleicht einfach selektionsneutral wie ein blauer Fleck auf dem Bauch einer Gepardin? Nur ein Nebenschauplatz der starken sexuellen Ausprägung der Menschheit, deren Spaß an der Sache zu mittlerweile sieben Milliarden Exemplaren der Spezies geführt hat?

Die eingereichten Geschichten wählten andere Ansätze. Den JULIT:))) als bester Autor gewann Christoph Schmidt, 22 Jahre, aus Offenbach, für seine Geschichte „Zugvögel und Glasglocken“. Gewinner Christoph Schmidt war „völlig aus dem Häuschen“, als er die Nachricht seines Gewinns bekam. Die Jury war einhellig begeistert von Schmidts vor Einfallsreichtum nur so sprudelnder Konferenz der Tiere mit Charles Darwin. Eine lesbische Schwalbe wird angeklagt, gegen die Evolutionsgesetze verstoßen zu haben, als sie sich auf dem Zug nach Afrika doch tatsächlich in eine andere Schwalbe verliebt. Nach Art einer Fabel von La Fontaine werden die einzelnen Tiere in der fulminant sich entwickelnden Geschichte mit wenigen Stilmitteln treffend und humorvoll charakterisiert.

Als Mensch ist man schon sehr amüsiert, dass auch die Tierwelt nicht von „political correctness“ verschont bleibt, wenn eine Antilope mal gedankenlos „Pfui Spinne!“ stöhnt… Und Oktopus Dr. Oktaeder bleibt unvergesslich… Am Ende wird nicht die Schwalbe sondern die Menschheit verurteilt – aber lesen Sie selber.

Auch Lara Rosa Eggert, 20 Jahre, aus Troisdorf, die für „Delfinmädchenliebe“ den JULIT:))) als beste Autorin gewann, war über ihren Gewinn glücklich: “Spaß am Schreiben hatte ich schon immer, aber durch einen Wettbewerb wie diesen eine positive Rückmeldung zu bekommen, macht noch mehr Spaß am Schreiben und absolut glücklich.“ Sie lässt ihre Geschichte zunächst ganz langsam in Fahrt kommen: Die kleine Greta bekommt zu ihrem siebten Geburtstag zwei Spielzeugdelfine geschenkt, die mit einem Herzen miteinander verbunden sind. Wie lieb! Spontan tauft Greta sie auf die Namen Sophie und Rosalie. Wie bitte? Ihre Großeltern protestieren: Das geht doch nicht! Siehst Du nicht, dass die beiden ein Liebespaar sind? Da müssen ein Jungen- und ein Mädchenname her. Das sieht die kleine Greta jedoch gar nicht ein – und fängt an, zu denken. Und ihren großen Bruder um sein Evolutionsbuch zu bitten.

Die Geschichte liefert ein schönes Beispiel dafür, wie Kinder logische Schlussfolgerungen zu ziehen lernen, wenn man ihnen nicht mit religiösen Widersprüchen die Denkfähigkeit untergräbt. Und wie hilfreich es sein kann, wenn man eine gute Schulfreundin hat, die von zwei liebevollen Müttern geliebt und großgezogen wird. Die Geschichte steuert auch auf eine schöne Schlusspointe um Sophie, Rosalie und Kater Momo hin – aber lesen Sie selber.

Und dann ist da noch „Ohne Titel“, - eine Transgendergeschichte von Noah Kretzschel, 17 Jahre, aus Ginsheim. Eine Geschichte, die sich nicht einfach in die Kategorien männlich oder weiblich einordnen lässt. Ein junger schwuler Transjunge, der sich im Körper eines Mädchens wiederfindet. Auch hier stellt ein Kind die Fragen: Macht die Evolution Fehler? Soll sich die Hauptfigur Daan als Fehler der Evolution verstehen, wo dieser Fehler ihn vielleicht doch gerade ausmacht?

Ein dritter JULIT:))), so entschied die Jury. Dies soll keine Dauerlösung sein, aber es ist ja die Grunderfahrung von Transgender-Menschen, ständig zwischen die Kategorien von männlich und weiblich zu fallen. Wo sollte sich ein schwuler Transjunge, der zwischen den Beinen weibliche Organe hat, auch eindeutig einordnen? Trotz aller Schwierigkeiten eine hoffnungsvolle Liebesgeschichte, denn da ist ja auch noch Till… - aber lesen Sie selber.

Aus persönlichen und gesundheitlichen Gründen wurden die JULIT:)))-Preise in diesem Jahr ohne Abendveranstaltung, virtuell im Internet verliehen, dafür werden aber auch wieder 1.500 Euro an Preisgeldern an die Jugend ausgeschüttet.

Auf eine Anregung von Jury-Mitglied Ralf König hin lautet das neue Motto für den JULIT:))) 2014:

"The Mamas and The Papas - Lesben, Schwule, Kinderwunsch"

Die Geschichten sollen bitte nach wie vor Konfessionsfreiheit als positiven Wert darstellen, auch wenn dies nicht jedes Jahr ausdrücklich im Motto erwähnt wird. Wer möchte, dass seine eingereichte Geschichte in die engere Wahl kommt, möge dies bitte beherzigen, unabhängig vom jeweiligen jährlich wechselnden Motto.

Schlagen Sie also ruhig schon mal die Werbetrommel für den neuen JULIT – Gewinner Christoph Schmidt hat immerhin vier Anläufe für seine überzeugende Endfassung genommen. Die Jury wünscht: Viel Freude beim Lesen! Viel Freude beim Schreiben! Die kompletten Kurzgeschichten, sowie die Teilnahmebedingungen zum 5. JULIT:))) findet man unter: www.julit-preis.de.

Frank Hichert