Gebirgsjäger im Licht

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Beleuchtet / Foto: Tomas Häntsch

MITTENWALD. (hpd) Seit einigen Tagen kann man lesen und hören, dass es im Gebirgsjägerbataillon 233 erniedrigende Übergriffe unter den Mannschaften gegeben haben soll. Sämtliche Medien berichten von diesen Vorgängen, die nun sowohl von den zuständigen Stellen der Bundeswehr als auch von der Staatsanwaltschaft untersucht werden.

Ein Kommentar zu den Vorgängen in der Edelweiß Kaserne

Anders als beim Skandal in einer Coesfelder Kaserne der nun erneut verhandelt wird, stehen die skandalösen Vorgänge in Mittenwald nicht im Zusammenhang mit der Ausbildung. Das Schikanieren von jungen Rekruten ist allgegenwärtig und das nicht nur in der Bundeswehr. Alle Armeen der Welt liegen im Dunstkreis von Befehl und Gehorsam. Auch bei der Bundeswehr verliert der Rekrut einen Teil seiner Grundrechte, daran ändert auch die Verwurzelung der Armee im Rechtstaat nichts.

In der Nationalen Volksarmee machten sich die drei Diensthalbjahre untereinander das Leben schwer. Unter anderem wurden Soldaten von Dienst Älteren in einen Besenschrank gesteckt und mussten, immer wenn einer eine Münze einwarf, singen. Musikbox nannte sich dieser „Spaß“. Es wurden weitere Rituale erfunden, die nicht selten mit Verletzungen endeten. Auch Todesfälle soll es gegeben haben, doch Beweise darüber finden sich kaum. Im russischen Militär gibt es dagegen amtlich beglaubigte Suizide, die auf Drangsalierung unter den Mannschaftsdienstgraden hinweisen.

Man könnte die Liste noch weiter fortsetzen und Beispiele bringen, die zeigen, dass es sich bei den Vorgängen von Mittenwald um ein global-militärisches Problem handelt.

Militärischer Drill und Gehorsam lassen sich mit humanistischen Gedankengut nicht vereinbaren. Im Militär zählt nur die Härte. Das wird den Rekruten schon während der Grundausbildung eingebläut. Wer diese Härte nicht hat oder nicht in der Lage ist, Hartherzigkeit vorzugaukeln, der gerät zuerst in Gefahr, zum Spielball menschenunwürdiger Rituale zu werden.

Das Gebirgsjägerbataillon 233 im oberbayrischen Mittenwald ist zudem eine Truppe für extra harte Jungs, denn Gebirgsjäger gelten gemeinhin als Elitesoldaten. Bekannte Politiker wie Edmund Stoiber sowie der jetzige Verteidigungsminister, Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), leisteten in diesem Bataillon den Grundwehrdienst ab. Von derartigen Praktiken will der Minister aber nichts wissen und fordert: „Aufklären, abstellen und Konsequenzen ziehen."

Das ist richtig so, doch werden diese Praktiken nicht einfach so verschwinden, sie werden sicherlich nur noch verborgener durchgeführt. Dem Ansehen der „Edelweiß Kaserne“ wird das einen weiteren Fleck auf die bereits schmutzig geworden Alpenblume bescheren. Denn nicht zum ersten Mal steht das Bataillon im Blickpunkt der kritischen Öffentlichkeit. Immer dann, wenn die „Alten Kameraden“ zum Pfingsttreffen aufmarschieren und der „Heldentaten“ von Gebirgsschützen im 2. Weltkrieg gedenken, wird das beschauliche Örtchen zum Kampfgebiet zwischen den Gestrigen und Gegendemonstranten.

Die Bundeswehr ist bemüht, sich zurückzuhalten, wenn diese Festgepränge stattfinden, schafft aber nicht einmal das so ganz, obwohl Zurückhaltung der heuchlerische Weg ist. Es gibt nur einen Weg, wie Herr zu Guttenberg schon sagte: „Aufklären, abstellen und Konsequenzen ziehen.“ Denn das Leugnen und Verschweigen, ja das Verehren von Kriegsverbrechen ist eine quasi geistige Entwürdigung der Opfer von damals und diese steht der der körperlichen in keiner Weise nach.

Es gibt also viel zu tun in der Edelweiß-Kaserne und in der gesamten Bundeswehr.

Hoffentlich packt es jemand an.

Thomas Häntsch