Berlin demonstriert gegen Rechts, Rechte demonstrieren gegen Merkels Politik

Für eine weltoffene und tolerante Stadt

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BERLIN. (hpd) Am Samstag protestierten einige tausend Menschen gegen einen Aufmarsch der Rechtspopulisten. Zu dieser Gegenveranstaltung haben alle im Senat vertretenen Parteien, die beiden großen christlichen Kirchen und der Türkische Bund, der Humanistische Verband Deutschlands, mehrere Gewerkschaften – darunter auch die Polizeigewerkschaft – sowie viele andere gesellschaftliche Vereine, Verbände und Gruppierungen aufgerufen.

Bereits in der U-Bahn U55 auf dem Weg zum Hauptbahnhof lief im "Berliner Fenster", dem "Fernsehen in der U-Bahn", ein Werbespot für eine tolerante Stadt. Das war ein Zufall und hatte nichts mit den beiden Kundgebungen zu tun, die am letzten Samstag auf dem Platz vor dem Hauptbahnhof stattfanden.

Getrennt durch eine 200 Meter breite Baustelle und ein starkes Polizeiaufgebot standen sich die Demonstranten beider Lager gegenüber. Hier rund 2.000 bis 2.500 Berliner, die sich um einen riesigen, aufgeblasenen Berliner Bären gruppierten und für eine weltoffene und tolerante Stadt demonstrierten – auf der anderen Seite rund 600 bis 800 Demonstranten, die forderten "Merkel muss weg!"
Musik, regenbogenbunte Fahnen und verschenkte Rosen auf der einen, brüllende Reden unter der Wirmer-Flagge auf der anderen Seite.

Zu dieser Kundgebung und Demo hatte ein Bündnis von Neonazis, Hooligans, sogenannten "Reichsbürgern" und des Berliner Pegida-Ablegers "Bärgida" (der sich später - wie die auch die AfD – von der Demo distanzierte) aufgerufen. Immer wieder waren Rufe wie "Merkel muss weg" und "Wer Deutschland nicht liebt, muss Deutschland verlassen" zu hören.

Bis auf Pfiffe und "Nazis Raus!"-Rufe blieb es bei den beiden parallelen Kundgebungen vor dem Hauptbahnhof trotz der Provokationen von Neonazis friedlich. Später bei der Demo der Rechtspopulisten durch die fast hermetisch abgesperrte Innenstadt kam es nach Medienangaben nicht nur zu "Lügenpresse"-Rufen, sondern auch zu Übergriffen auf Journalisten durch Demonstranten.

Der bis auf rund 3.000 Personen angewachsene Demonstrationszug wurde von diversen friedlichen Gegendemonstranten, die sich in Neben- und Seitenstraßen verteilten, begleitet. Doch die rund 1.200 Polizisten hatten die Situation zu fast jeder Zeit unter Kontrolle. Und anders, als man über Polizeieinheiten aus anderen Bundesländern berichtet, zeigten die Berliner Kollegen keinerlei Sympathie für die sich als "Das Volk" aufspielende Minderheit.

Allerdings wurde zu diesem Zeitpunkt deutlich, dass die Zahl der Gegendemonstranten geringer war als die der Rechtspopulisten, Neonazis und anderer fremdenfeindlicher Demonstranten.

Selbst Sicherheitskreise hatten mit einer deutlich niedrigen Teilnehmerzahl gerechnet. Der Tagesspiegel zitiert einen Experten, der sich verwundert über den "den braunen Bodensatz aus Hardcore-Pegidisten, Neonazis, Hooligans, Reichsbürgern und Verschwörungstheoretikern" zeigte. Den Demonstrationszug führte die ehemalige Pegida-Frontfrau Kathrin Oertel.

Der Blog spreemili.eu fasst zusammen: "Insgesamt zog die Veranstaltung ein Publikum an, das parteipolitisch nicht gefestigt ist und an historischen Fragen wenig interessiert. Das einigende Element war ein diffus positiver Bezug zu Deutschland sowie Gegnerschaft zur Regierungspolitik in Migrationsfragen."

Auf der Gegendemonstration vor dem Hauptbahnhof sprach unter anderem der evangelische Bischof Markus Dröge. Er gab bewußt keine Empfehlung für die Wahlen in Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Baden-Württemberg ab, sagte aber: "Schenken Sie Ihr Vertrauen denen, die sich für die Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts einsetzen, für den Schutz aller Menschen vor Gewalt, Menschenfeindlichkeit und Fremdenhass." Ähnlich äußerten sich auch andere Redner, die die Bürger aufforderten, ihr Wahlrecht wahrzunehmen und bewußt zu wählen: "jede Partei, die nicht zu Rassismus aufruft."