Gedenken an Giordano Bruno

BERLIN. (hpd) Anlässlich seines 416. Todestages hatten die Evolutionären Humanisten Berlin Brandenburg (EHBB) gemeinsam mit dem Landesverband Berlin-Brandenburg des IBKA (Internationaler Bund der Konfessionslosen und Atheisten) zu einem Gedenken an Giordano Bruno eingeladen.

Treffpunkt war die Skulptur, die auf dem Gelände der DB auf dem Potsdamer Platz, Ausgang Leipziger Platz, steht. Ein Kranz wurde niedergelegt und ein Transparent erklärte den Passanten den Anlass. Eine Rede, ein Grußwort und Musik folgten. 3,5 Millionen Einwohner zählt Berlin, weniger Gäste waren zum Treffpunkt gekommen. Gut so, es hätten auch nicht alle Platz gefunden.

Alexander Polzin, der Künstler, der die Skulptur schuf, war am Telefon. Er ist in Budapest und sagte, er wäre gerne dabei gewesen und sei sich des Jahrestages sehr wohl bewusst: "Ich bin sehr froh, das wir den Bruno in Berlin haben. Ich habe das Gefühlt, das die Attraktivität ständig zunimmt und dass er im Zentrum von Berlin steht, der Stadt, die Europa zusammenführt, das macht mich zuversichtlich."

Hellge Haufe, 1. Vorsitzender der Evolutionären Humanisten Berlin Brandenburg (EHBB) würdigte Giordano Bruno und erklärte, warum seiner Person gedacht wird und sie zu ehren ist:

Liebe Anwesende,

wir sind hier heute am Potsdamer Platz mitten in Berlin zusammengekommen, um an einen Menschen zu erinnern, der vor genau 416 Jahren, am 17. Februar 1600 nach fast 8-jähriger Kerkerhaft und ausgiebiger Bekanntschaft mit christlichen Werten als Ketzer auf dem Scheiterhaufen hingerichtet wurde.

Sein Vergehen war der Widerspruch zur vorgegebenen Lehre, seine charakterlich geprägte Suche nach Erkenntnis und die daraus folgende Ablehnung kirchlicher Dogmen einschl. des persönlichen Gottesbegriffs. Er mischte sich mit hohem Verstand und mit Hilfe seines außerordentlichen Gedächtnisses in die wissenschaftliche und philosophische Auseinandersetzung ein und eckte damit natürlich bei den damaligen Eliten an.

Er war nicht irgendwer, an dem man sich 400 Jahre danach nur aufgrund eines Denkmals in Rom oder auf dem Bahnhofszwischengeschoss hier am Potsdamer Platz erinnern sollte. Er inspirierte immerhin Zeitgenossen und spätere Philosophen und Schriftsteller wie Spinoza, Galilei, Goethe, Nietzsche, Leibniz. Wir ehren ihn nicht, weil er positiv ungläubig oder Atheist war. Das war er als Pantheist durchaus nicht. Auch ehren wir ihn nicht aufgrund der Tatsache, dass er bereits in jungen Jahren kurz nach der Priesterweihe wieder aus einem Mönchsorden austrat. Ebenso die Exkommunikation bei den Calvinisten und anschließend bei den Lutheranern ist nicht Hauptgrund unseres heutigen Zusammenkommens. Dass die Naturphilosophie, die ihn faszinierte, Schnittmengen mit den Grundlagen des Evolutionären Humanismus, den wir hier vertreten, hat, kommt dem Grunde näher, ohne ihn schon ausreichend nah zu sein.

Aber, er hat philosophisch unterstützt, was im Umbruch schien. In seinem "Über die Unendlichkeit, das Universum und die Welten" erklärte er die Sterne damit, dass sie wie unsere Sonne seien, dass das Universum unendlich sei, es eine unendliche Anzahl von Welten gebe und diese mit einer unendlichen Anzahl intelligenter Lebewesen bevölkert seien. Er unterstütze damit die Ablösung des bis dahin gültigen heliozentrischen Systems und stellte die Stellung des Menschen innerhalb der sogenannten Schöpfung in Frage.

Dabei postulierte er grundlegend neue Erkenntnisse wie (ein Zitat): "Die Wissenschaft ist der auserlesenste Weg, um das Menschengemüt heroisch zu gestalten" und nahm den Zeitgeist ins Visier: "Es ist daher kein Wunder, wenn Ihr sehr viele bemerkt, welche trotz ihrer Gelehrten- und Priesterwürde mehr nach dem Rindvieh, der Herde und dem Stalle riechen als diejenigen, welche in Wahrheit Pferdeknechte, Hirten und Ackersleute sind."

Für seine Ansichten nahm er den Bruch mit dem System in Kauf. Die Folge war nicht nur das Verbot seiner Schriften, seine Werke sollten öffentlich zerrissen und verbrannt werden. Denn nach der Denunziation folgte die Verhaftung. Auf das Urteil reagierte er mit seinem berühmt gewordenen Satz: "Mit größerer Furcht verkündet ihr vielleicht das Urteil gegen mich, als ich es entgegennehme."

Zwei Tage nach seinem Tod war in einer Römischen Zeitung zu lesen: "Der abscheuliche Dominikanerbruder von Nola, über den wir schon früher berichtet haben, wurde am Donnerstag Morgen auf dem Campio dei Fiori bei lebendigem Leibe verbrannt. Er war ein ungemein halsstarriger Ketzer, der aus seiner eigenen Eingebung verschiedene Dogmen gegen unseren Glauben fabrizierte, besonders aber gegen die Heilige Jungfrau und andere Heilige. Der Elende war so hartnäckig, dass er gewillt war, dafür zu sterben."

Öffentlich sieht die heutige katholische Kirche in ihm immer noch einen Häretiker.

Man muss nicht auf seine Fehleinschätzungen oder Irrwege eingehen. Diese haben niemanden umgebracht und wurden auch nicht begründend genutzt, um andere umzubringen.

Fillippo Bruno, oder wie sein Ordensname war, Giordano Bruno, hatte den Mut sich des eigenen Verstandes zu bedienen, was für ihn tödliche, religiös motivierte, Folgen hatte. Und dies sollte einer der wichtigsten Gründe sein, weshalb wir heute hier zusammenkommen.

Wir sind hier, um aller Opfer religiös motivierter Gewalt zu gedenken und darauf aufmerksam zu machen, dass es diese Opfer im gleichen, wenn nicht sogar größerem Ausmaß als damals, auch heute noch gibt. Der Wahnsinn hält sich hartnäckig. Wer sich seines Verstandes bedient, irrationalen Ansichten entgegen tritt, sich für Meinungsfreiheit und Gleichberechtigung einsetzt oder seine sexuelle Orientierung offenlegt, wird auch im 21. Jahrhundert noch immer in vielen Ländern verfolgt, ausgepeitscht, gefoltert und ermordet. Und das sogar auf Grundlage dortig vorhandener mittelalterlicher Gesetzgebungen, die den angeblich göttlichen Willen repräsentieren.

Wer das Argument gegen eine Idee nicht mit einem Argument widerlegen kann, sondern seine Dogmen sogar übernatürlich begründet sieht und den Menschen angreift, ist auf der unmenschlichen Stufe der Henker von Giordano Bruno stehen geblieben.

Dass v. a. die großen Religionen, nicht beim Christentum angefangen und nicht beim Islam endend, immer noch den Nährboden für die Missachtung der Grundzüge von Menschlichkeit, friedlichem Zusammenleben sowie Fortschritt und Meinungsvielfalt bieten, ist das Armutszeugnis ihrer tatsächlichen grundlegenden Beliebigkeit.

Die Intoleranz hat weltweit Konjunktur und macht nicht vor der deutschen Haustür halt. Hass, Religiotie und der Wille zur Durchsetzung der eigenen auch noch so kruden Idee mittels physischer oder psychischer Gewalt, ist in der Mitte auch der unsrigen Gesellschaft angekommen und weit weniger geächtet, als noch vor wenigen Jahren.

Wir sind zwingend aufgefordert, auch oder gerade heute, in einer Welt, die sich für viele zu ändern scheint, für die grundlegenden, auch humanistischen, Werte einzutreten und dies praktisch zu leben, um ein Umfeld zu gestatten, welches Freiheit und Demokratie nicht zur Worthülse verkommen lässt.

Giordano Bruno starb für seine Überzeugung. Es sollte ihn niemand nachmachen müssen.