Das war die Skepkon 2015

FRANKFURT. (hpd) Eigentlich, so sollte man meinen, können Fragen, auf die es wissenschaftliche Antworten gibt, keine Leidenschaften entfachen. Auf der diesjährigen Skepkon zeigte sich, dass im realen Leben denn doch so manches Undenkbare möglich ist: Erstmals seit über 20 Jahren musste ein Referent nach massiven Drohungen mit Personenschutz anreisen.

Auf einen inhaltlichen Schwerpunkt hatten die Veranstalter diesmal verzichtet und anstatt naturwissenschaftlicher Beiträge überwogen diesmal die kulturwissenschaftlichen Themen.

Begonnen hatte die von der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP) ausgerichtete Skeptikerkonferenz am Donnerstag mit dem "Eröffnungstag", dessen Vorträge sich immer an ein breiteres Publikum richten. Sheng Fui-Meister Lorenz Meyer, SciFi-Biologin Bettina Wurche und Hellseher-Seher Wolfgang Hund unterhielten ihr Publikum mit ebenso klugen wie witzigen Ausführungen. Mark Benecke war mit skeptischem Denken dem Tod auf der Spur. Dabei klärte er unter anderem, ob eine Frau mit ihren Brüsten einen Mann ermorden kann.

Wer gerade eben mit den Augen gerollt oder "was’n Schwachsinn" gedacht hat, könnte genau zu einer der Zielgruppen des Vortrages gehören. Denn Benecke forderte von der skeptischen Community eine größere Bereitschaft, sich mit schrägen Behauptungen auseinanderzusetzen. Wer zu schnell zu der Strategie greife, vermeintlichen "Schwachsinn" zu ignorieren, riskiere sogar dessen Verbreitung.

Stattdessen empfahl der Kriminalbiologe, wann immer möglich, Behauptungen zu testen (wenn es um paranormale Fähigkeiten geht zu den Bedingungen der vermeintlich damit Begabten). Als Beispiel führte er unter anderem ein Experiment an, mit dem die Vorstellung einer "Aura" mit einem dicken Fragezeichen versehen wurde. Eine Aura umgibt nach Vorstellung verschiedener esoterischer Lehren alle Lebewesen; sie hängt mit der Lebensenergie zusammen und lässt sich durch geeignete Mittel angeblich auch bildlich festhalten.

Benecke erzählte nun von einem Mediziner, der den abgetrennten Finger eines Toten mit entsprechenden Geräten "fotografiert" hatte – und siehe da, es zeigte sich auch um den Finger eine "Aura", obwohl diesem wohl kaum noch Lebensenergie innewohnen konnte. Einen überzeugten Anhänger dieser Auffassung würde das wohl nicht überzeugen, doch auf unbefangene Dritte machen solche Experimente durchaus Eindruck.

Impfgegner und Montessori-Anhänger

Unbeeindruckt zeigen sich hingegen Impfgegner, wenn sie mit den Fakten konfrontiert werden. Das musste der Arzt David Bardens erfahren, der sich mit der Szene angelegt hat und seitdem bedroht wird. Dabei hat er eigentlich nur einen ihrer Protagonisten beim Wort genommen.

Der Biologe Stefan Lanka hatte 2011 ein Preisgeld von 100.000 Euro für den Nachweis des Masernvirus ausgelobt (dessen Existenz er bestreitet). Bardens sammelte daraufhin Veröffentlichungen in wissenschaftlichen Fachzeitschriften, die nach seiner Auffassung die Existenz belegen. Als Lanka das Preisgeld nicht auszahlen wollte, ging die Sache vor Gericht. Im März entschied das Landgericht Ravensburg, dass die von Bardens vorgelegten Unterlagen den Kriterien des Preisausschreibens genügten und verdonnerte Lanka zur Zahlung des Betrags. Bardens berichtete aus der Perspektive eines Beteiligten und machte deutlich, dass die Szene der Impfgegner gegen Argumente weitgehend resistent ist – Lanka hatte noch im Gerichtssaal Berufung angekündigt. Doch so leidenschaftlich Lanka & Co auch gegen das Impfen zu Felde ziehen: Die Existenz von Viren einfach wegzureden, erscheint angesichts einer durch zahlreiche Studien gestützten Realität einigermaßen unmöglich.

In einem "Pädagogik-Block" stellte zunächst Ulrike von Chossy unter dem Titel "Wie lernt man Selberdenken in der Schule?" das Konzept der vom Humanistischen Verband Deutschland (HVD) in Fürth betriebenen Schule vor. Anschließend gab es wieder Kritik: Marc Fabian Buck nahm die Pädagogik der Maria Montessori auseinander. Dabei demontierte er eine ganze Reihe von Mythen, die von ihrer Anhängerschaft gepflegt werden. Er belegte Montessoris Nähe zur Theosophie ebenso wie ihre Anbiederung an den italienischen Faschismus, veranschaulichte ihr eigenwilliges Wissenschaftsverständnis und zeigte vor allem, dass die mit dem positiv klingenden Satz "Hilf mir, es selbst zu tun" verbundene Italienerin sich nicht im Geringsten für Pädagogik interessierte, sondern Kinder eher als Forschungsobjekte wahrnahm.

Satansglauben und Evolution

Am Samstag begann Lydia Benecke "nachts" um 9:30 Uhr ihren Vortrag über die Gruftie-Szene. Sie analysierte, wie die "Schwarze Subkultur" mit Satanismus und dieser wiederum mit Ritualmordvorstellungen in Verbindung gebracht wird. Dabei spielt der christliche Horizont von "Sektenbeauftragten" ebenso eine Rolle wie von der Kulturindustrie geprägte und mittlerweile weit verbreitete Bilder – die beide wenig mit der Realität zu tun haben, so die Psychologin.

Der letzte Vortrag handelte dann von Einstellungen zur Evolutionstheorie. Anna Beniermann, die an der Universität Gießen zu dem Thema arbeitet, erläuterte, mit welchen Instrumenten sie genauere Auskunft über den Zusammenhang von religiösem Glauben und Akzeptanz bzw. Ablehnung der Evolutionstheorie erhalten möchte als bisherige Untersuchungen und Befragungen. Als wichtige Faktoren neben der Gläubigkeit stellten sich die Wahrnehmung, dass die Evolutionstheorie mit der eigenen Religion kollidiert, sowie dualistische Vorstellungen (die Trennung von Geist und Materie, konkret dem menschlichen Gehirn) heraus.

Dazwischen lagen Vorträge über Coaching, Unternehmensberatung oder säkulare Reliquienverehrung – ein bunter Strauß an Themen also, was beim Publikum gut ankam.