Traumjob Wissenschaft?

TEMPLIN. (hpd) Mehr als 150 Teilnehmer zählte die Konferenz der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) zum Thema "Traumjob Wissenschaft? - Karrierewege in Hochschule und Forschung", die vom 1. bis zum 4. September in der brandenburgischen Kleinstadt stattgefunden hat.

 

Die Teilnehmer dieser nunmehr schon 4. GEW-Wissenschaftskonferenz kamen aus den GEW-Landesverbänden, aus Universitäten, Fachhochschulen, Pädagogischen Hochschulen und Forschungseinrichtungen, von wissenschaftspolitischen Organisationen, wie Deutscher Forschungsgemeinschaft, Wissenschaftsrat oder Hochschulrektorenkonferenz, aus Parlamenten und Regierungen in Bund und Ländern, darunter Professoren, Doktoranden, „Postdocs“ und Studenten.

Die Konferenzteilnehmer verabschiedeten ein "Templiner Manifest" vor, das seit dem 6. September online unterzeichnet werden kann.

In diesem Manifest heißt es u.a.: „Hochschulen und Forschungseinrichtungen sind mit wachsenden Anforderungen konfrontiert: durch steigende Studierendenzahlen, durch die Reform der Studiengänge, eine autonome Steuerung der Einrichtungen und die zunehmende Bedeutung der Drittmitteleinwerbung. Diesen Anforderungen müssen sich die Beschäftigten in der Wissenschaft stellen, ohne dass sie aufgabengerechte Bedingungen vorfinden. Befristete Arbeitsverträge und weitere Formen atypischer und prekärer Beschäftigung betreffen immer mehr Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Vielen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern werden selbstständige Forschung und Lehre und verlässliche berufliche Perspektiven verwehrt.

Doch gute Lehre und Forschung auf der einen Seite sowie gute Arbeitsbedingungen und berufliche Perspektiven auf der anderen sind zwei Seiten einer Medaille. Wir fordern daher Bund, Länder und Hochschulen zu einer Reform von Personalstruktur und Berufswegen in Hochschule und Forschung auf, die sich an den folgenden zehn Eckpunkten orientiert.

1. Promotionsphase besser absichern und strukturieren
(...) Wir treten für mehr Transparenz und soziale Gerechtigkeit beim Zugang zur Promotion ein – auch für Fachhochschulabsolventinnen und -absolventen.

2. Postdocs verlässliche Perspektiven geben
Promovierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler (Postdocs) müssen verlässliche berufliche Perspektiven haben: durch einen Tenure Track, der den dauerhaften Verbleib in Hochschule und Forschung ermöglicht – unabhängig davon, ob eine Berufung auf eine Professur erfolgt oder nicht. Voraussetzung dafür ist eine systematische Personalplanung und –entwicklung durch Hochschulen und Forschungseinrichtungen. (...)

3. Daueraufgaben mit Dauerstellen erfüllen
Neben Stellen zur Qualifikation und Professuren benötigen Hochschulen und Forschungseinrichtungen ausreichend Stellen, auf denen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit unbefristeten Verträgen Wissenschaft als Beruf ausüben können. Nur so lassen sich die Daueraufgaben in Forschung, Lehre und Wissenschaftsmanagement mit der erforderlichen Kontinuität und Qualität erfüllen. Und nur dann eröffnen sich qualifizierten jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern berufliche Perspektiven auch neben der Professur.

4. Prekäre durch reguläre Beschäftigung ersetzen
Viele Hochschulen lassen unter großem finanziellen Druck einen erheblichen Teil ihrer Pflichtlehre von Lehrbeauftragten erbringen. Mit der Ausbeutung von Dumping-Lehrkräften muss Schluss sein! Dort, wo Lehrbeauftragte dauerhaft Lehr- und Prüfungsaufgaben wahrnehmen, müssen diese sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse erhalten. Soweit zur Ergänzung des Lehrangebots Lehraufträge sinnvoll sind, müssen Mindeststandards im Hinblick auf Bezahlung, Vertragsdauer und Verlängerungsoption gelten.

5. Im Gleichgewicht lehren, forschen und leben
Wissenschaft ist ein normaler Beruf, auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben ein Recht auf eine Work-Life-Balance. Das setzt eine familiengerechte Gestaltung von Hochschule und Forschung voraus. Dabei gehen wir von einem breiten Familienverständnis aus, das alle Lebensgemeinschaften einschließt, in denen Menschen füreinander Verantwortung übernehmen. Wir fordern bedarfsgerechte Bildungs- und Betreuungseinrichtungen für Kinder, die Berücksichtigung der besonderen Bedürfnisse von Beschäftigten mit betreuungs- und pflegebedürftigen Angehörigen und die Realisierung entsprechender Arbeitszeitmodelle.

6. Ausgeglichenes Geschlechterverhältnis durchsetzen
Da Frauen in leitenden Funktionen des Wissenschaftsbetriebs unterrepräsentiert sind, brauchen wir wirksame Maßnahmen, um den Anteil der Frauen auf allen Stufen der wissenschaftlichen Laufbahn mit dem Ziel eines ausgeglichenen Geschlechterverhältnisses zu erhöhen. Die Qualität der Arbeit von Hochschulen und Forschungseinrichtungen muss danach beurteilt werden, mit welchem Erfolg sie den Gleichstellungsauftrag erfüllen. Wir fordern eine verbindliche und mit Sanktionen verknüpfte Quotierung, auch bei der Besetzung von Professuren und Leitungsfunktionen. Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte brauchen wirksame Gestaltungsmöglichkeiten und Beteiligungsrechte. (...)"

SRK/LW