Aufklärung & Kritik 2/2012: Ludwig Feuerbach

NÜRNBERG. (hpd/gkpn) Die Gesellschaft für Kritische Philosophie hat in ihrer Zeitschrift aktuell ein Heft mit Schwerpunktthema Ludwig Feuerbach herausgegeben, das zugleich eine Würdigung des verstorbenen Mitherausgebers und Ehrenvorsitzenden der Ludwig-Feuerbach-Gesellschaft Nürnberg, Werner Schuffenhauer, darstellt.

Um einen Überblick über die zahlreichen Artikel und Themen in dem umfangreichen Heft (246 Seiten) zu geben, hat die Gesellschaft für Kritische Philosophie dem hpd die Gelegenheit gegeben, das Vorwort zur aktuellen Ausgabe der Zeitschrift zu publizieren:

Liebe Leserinnen und Leser,

die diesjährige Schwerpunktausgabe erscheint zugleich als Nr. 3 der Schriftenreihe der Ludwig-Feuerbach-Gesellschaft Nürnberg und soll nicht nur an den 140. Todestag von Ludwig Feuerbach erinnern: Planende Vorgespräche zu dieser Ausgabe wurden noch mit dem Ehrenvorsitzenden der LFG Nürnberg und Mitherausgeber von A&K, Werner Schuffenhauer geführt; leider verstarb der verdiente Feuerbach-Forscher nach längerer Krankheit, aber doch unerwartet, am 23. Februar 2012 und konnte die Fertigstellung dieser Ausgabe nicht mehr erleben. Und so möchten die Vorstandschaften von GKP und LFG Nürnberg sowie die Redaktion von A&K dem langjährigen Freund und wichtigen Unterstützer der von uns verfolgten Anliegen damit zugleich ein ehrendes Gedenken bewahren.

Die ersten Beiträge in dieser Ausgabe sind daher Werner Schuffenhauer gewidmet und bringen auch teilweise bisher unveröffentlichte Texte aus seiner Feder: Joachim Kahl vertrat unsere Gesellschaften auf der Trauerfeier bei Berlin, wir bringen daher anschließend an einen Nachruf auf unseren verstorbenen Ehrenvorsitzenden den Wortlaut seiner Trauerrede ebenso wie einige Fotografien von Frau Kittelmann, der unser Dank für die Abdruckgenehmigung gilt. Darauf folgen zwei Texte von Werner Schuffenhauer aus dem bisher unpublizierten Band 16 der von ihm herausgegebenen Werke Ludwig Feuerbachs, die wichtige Aspekte von Leben und Werk des Philosophen berühren. Damit, wie mit dem anschließenden Text über das Verhältnis von Ludwig Feuerbach zu seiner Tochter Leonore, den Werner Schuffenhauer für die Schriftenreihe Nr. 1 der LFG verfasst hatte, möchten wir schlaglichtartig auf seine so bedeutsamen Arbeiten und Ergebnisse im Laufe eines langen Forscherlebens im Dienste der Feuerbach-Forschung hinweisen.

Dies tut denn auch Hans-Martin Sass mit seinem dem Freund und Forschungskollegen gewidmeten Text, in welchem er die Aktualität von grundlegenden Feuerbachschen Gedanken an Hand unserer heutigen virtuellen Welt im Internet aufzeigt.

Nach einer einführenden Kurzbiografie von Josef Winiger portraitiert Ludger Lütkehaus in einem längeren Essay die Familie Feuerbach – ein lebendiges und spannendes Psychogramm, das dem Leser die Mitglieder dieser so reich begabten Familie näher bringt.

Den nächsten Block dieser Ausgabe bilden einige Vorträge, die beim vergangenen Seminar der LFG Nürnberg am 8. Oktober 2011 gehalten wurden: Helmut Walther gibt zunächst einen Überblick über die bislang unpublizierten Bände 15, 16 und 22 der Gesammelten Werke Ludwig Feuerbachs von W. Schuffenhauer, wobei der Fokus auf dem letzten Briefband 22 liegt und anhand dieser Briefe die letzten Jahre Ludwig Feuerbachs in Nürnberg dargestellt werden.

Alfred Kröner beantwortet die Frage nach der Aktualität von Feuerbachs religions-philosophischen Ideen eindeutig positiv, denn dessen weltlicher Humanismus und die sich daraus ergebenden ethischen Forderungen seien bis heute in vielerlei Hinsicht uneingelöst.

Helmut Fink stellt in seinem Beitrag die Frage: „Feuerbach ohne Sozialismus?“ Dabei geht er zunächst auf die Vereinnahmung Feuerbachs als Vorläufer von Marx in der DDR ein und zeigt am Streit zwischen Friedrich Jodl und Georg von Gizycki, inwieweit weltanschauliche bzw. ethische Fragen mit politischer Ideologie verknüpft waren und auch heute noch sind. Sowohl im Hinblick auf Feuerbachs Philosophie selbst wie auch hinsichtlich des Spannungsfeldes Weltanschauung und Politik plädiert er für eine Entkopplung beider und eine ideologiefreie Betrachtungsweise.

Hans-Jürgen Stubig geht in seinem mit Fotos seiner Gattin Monika Stubig illustrierten Beitrag dem Schicksal der vor 150 Jahren von Johannes Daniel Schreitmüller angefertigten Büste von Ludwig Feuerbach nach.

Weitere Beiträge für diese Ausgabe befassen sich mit verschiedenen Aspekten aus Leben und Werk des Philosophen; der erste Block ist mit drei Arbeiten dem Verhältnis von Ludwig Feuerbach und Karl Marx gewidmet:

Josef Winiger zeigt unter Verwendung vieler brieflicher Quellen von Zeitgenossen und Ludwig Feuerbach selbst, dass dessen anfängliche Kommunismus-Begeisterung um so mehr abkühlte, je stärker sich das sozialistische und das kommunistische Lager unter dem Einfluss von Marx und Engels auseinanderentwickelten, vor allem gründend in der unterschiedlichen Haltung zu Reform bzw. Revolution.

Junji Kanda widmet seinen Beitrag Werner Schuffenhauer, seinem langjährigen Kollegen bei der Internationalen Gesellschaft der Feuerbachforscher; darin geht er unter dem Titel „Unmittelbarkeit – Möglichkeit und Grenze eines Begriffs“ zunächst auf die Hegel-Kritik Feuerbachs ein, um sodann zu zeigen, inwieweit Marx sich von dieser Kritik beeinflussen ließ.

Das ideengeschichtlich bedeutsame Verhältnis zwischen Feuerbach und Marx untersucht auch Hubertus Mynarek, diesmal steht jedoch die unterschiedliche Religionskritik beider im Vordergrund.

Die nächste Gruppe der Beiträge ist eher biographischer Natur:

Eingehend befasst sich Alfred Kröner auf Basis eigener gründlicher Recherchen mit den Nürnberger Jahren des Malers Anselm Feuerbach. Dieser Neffe Ludwig Feuerbachs schuf hier einige wichtige Werke und wurde schließlich auf dem Johannis-Friedhof neben Albrecht Dürer beerdigt. Die näheren Umstände dieser letzten Lebensjahre des Malers kennenzulernen, ist nicht nur lokalgeschichtlich von Interesse.

Daran anschließend beschreibt Helmut Walther die Entwicklung Ludwig Feuerbachs in Heidelberg vom Studenten der Theologie zum religionskritischen Philosophen des Bürgertums. Von Heidelberg aus besuchte Feuerbach auch die Schweiz, und so lag es für den Schweizer Schriftsteller Dominik Riedo nahe, insbesondere einmal dessen Beziehungen zur Schweiz unter die Lupe zu nehmen. Auch der nächste Beitrag von Helmut Walther steht im Zusammenhang mit der Schweiz: Richard Wagner, der nach der Dresdner Revolution nach Zürich flüchtete, lud Ludwig Feuerbach als den führenden Philosophen seiner Zeit ein und widmete ihm seine Schrift „Das Kunstwerk der Zukunft“. Die Hintergründe dieser zeit- und geistesgeschichtlichen Begegnung werden ausgeleuchtet und zeigen Ludwig Feuerbach auf dem Höhepunkt seiner Wirksamkeit.

Eine weitere Artikelgruppe vereinigt verschiedene, bisher schon einmal verstreut in A&K erschienene Artikel, um sie in konzentrierter Form auch für die Schriftenreihe Nr. 3 der LFG verfügbar zu machen. Joachim Kahl berichtet über den für Feuerbach in seinen späten Jahren bedeutenden Freund Konrad Deubler und dessen Kreis. In zwei weiteren Beiträgen geht Alfred Kröner auf Begebnisse um Feuerbach und Nürnberg ein, zu welcher Stadt dieser spätestens seit seiner Erlanger Dozentur immer wieder in Beziehung stand. So in Person von Georg Friedrich Daumer, über den Ludwig Feuerbach zum Fall Kaspar Hauser näher in Berührung kam, und mit dem er bis zum Bruch derselben eine schriftstellerische Freundschaft pflegte. Sehr informativ ist dann auch der Beitrag Kröners über das Verhalten der Stadt Nürnberg gegenüber Feuerbach seit seinem Tod und Begräbnis 1872 bis zum heutigen Tage: Neben der Benennung einer Straße bereits 1875 sowie der Anbringung einer Gedenktafel von Zadow zum 100. Geburtstag am ehemaligen Wohnhaus berichtet der Beitrag vor allem über die je nach Zeitgeist vor und nach den Weltkriegen ausschlagende verwickelte Geschichte des Kenotaphs auf dem Rechenberg in Nürnberg.

Den Abschluss der Ausgabe bildet eine 1903 erschienene Würdigung Ludwig Feuerbachs in der Zeitschrift „Der Hammer“ aus der Feder von Freiherr von Gleichen-Rußwurm, den wir wiederum Werner Schuffenhauer verdanken und als Faksimile abdrucken. Unser verstorbener Ehrenvorsitzender schätzte den Text sehr, weil in diesem Beitrag des Urenkels von Friedrich Schiller „zum Ausdruck kommt, wer Feuerbach eigentlich war“.

Diesem Ziel möchte auch unser diesjähriges Schwerpunktheft dienen, das zugleich dem Andenken Werner Schuffenhauers gewidmet ist, der in der Erforschung von Leben und Werk Ludwig Feuerbachs und der Herausgabe von dessen Werken seine große Aufgabe gefunden hatte.

Helmut Walther