Österreich

Auferstehung der Toten

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Screenshot, Quelle: neuwal.com

WIEN. (hpd) Österreichs katholische Fundis werden zur EU-Wahl im Mai mit Ewald Stadler einen eigenen Kandidaten ins Rennen schicken. Auch wenn die Chancen auf einen Einzug ins EU-Parlament gegen Null gehen – für die Gruppierungen im Hintergrund könnte sich das rentieren. Sie hoffen auf mehr Aufmerksamkeit. Beziehungsweise auf Wiederbelebung.

"Das Christkind bringt eine neue Partei". Der parteifreie EU-Parlamentarier Ewald Stadler, bis zu seinem Parteirauswurf auf dem BZÖ-Ticket in Brüssel, versuchte, bei der Präsentation kurz vor den Feiertagen seine Neu-Partei REKOS wie eine Bescherung aussehen zu lassen – für wen auch immer. Die Fotos der Pressekonferenz vermittelten eher den Eindruck einer Versammlung Halb- bzw. Untoter.

Sie zeigten: Einen Parlamentarier mit rhetorischem Ausnahmetalent und Affinität zu reaktionären katholischen Gruppen und einem "wehrhaften Christentum", kurz vor dem unwiderruflichen Ende seiner politischen Karriere. Rudolf Gehring, Obmann einer reaktionär-katholischen Splitterpartei namens CPÖ, mit Hang zu skurrilen Auftritten mit Oberlehrer-Attitüde in der Öffentlichkeit.

Die JES lebt noch?

Und Alexander Tschugguell, dessen Auftritt und Aussehen an die Karikatur eines Landadeligen erinnern. Laut Medien ist er Sprecher einer als Studentenpartei getarnten Monarchistentruppe, der JES, die Junge Europäische Studenteninitiative, die mittlerweile auch schon vier Jahrzehnte alt ist - und von der selbst äußerst interessierte politische Beobachter angenommen hatten, sie sei den Weg allen Fleisches gegangen.

Der Arbeitslose wird laut Medienberichten auch für die Stadler-Partei REKOS (Die Reformkonservativen) für das EU-Parlament kandidieren. Die Chancen auf ein Mandat sind etwa gleich hoch wie die der Mutterpartei JES bei den Wahlen zur Österreichischen Hochschülerschaft ÖH. Das letzte Mal hatte sie nur auf der Uni Wien kandidiert und war von den Kommunisten überholt worden. Mandate: Null.

Bedeutungslose Monarchistentruppe

Der gemeinsame Auftritt mit Ewald Stadler ist für die katholisch-fundamentalistische Gruppierung mit ausgeprägter Sehnsucht nach Universalmonarchie eine Chance, der Öffentlichkeit mitzuteilen, dass man überhaupt noch lebt. Sonst hatte sich zuletzt mit Ausnahme konservativer und reaktionärer katholischer Gruppierungen niemand für die Partei interessiert, deren Funktionäre sich seit Beginn vorwiegend aus ehemaligen Adelsgeschlechtern rekrutieren.

Seit den Neunziger Jahren ist die JES in der Bedeutungslosigkeit verschwunden, von kurzen Zuckungen im politischen Todeskampf abgesehen. Immerhin erreichte man 2009 bei der ÖH-Wahl auf der Uni Wien zwei Mandate. Zwischen Absturz und letztem Aufbäumen war die Bewegung eher im Zusammenhang mit dem damals größten Spendenskandal der Republik um den Verein World Vision (nicht ident mit der heutigen World Vision Österreich) in den Schlagzeilen.

Ex-Funktionärin veruntreute 1,1 Millionen

Die World-Vision-Direktorin hatte ihre Karriere als Spitzenfunktionärin der JES begonnen, ihr Mann war dort für die Finanzen zuständig. Beide hatten 1,1 Millionen Euro aus der Vereinskasse veruntreut – aus Spenden, die für notleidende Kinder in Entwicklungsländern gedacht waren. Auch wurde illegal Geld in die reaktionäre Paneuropa-Bewegung verschoben – der die JES bis heute ideologisch eng verbunden ist. Die Direktorin wurde zu drei Jahren Haft verurteilt.

Auch wenn die Verurteilten schon jahrelang keine Funktionen mehr in der JES hatten, als sie das Geld veruntreuten – ein Teil des Skandals spielte sich innerhalb der ideologischen Familie ab.

Kaum verhohlene Habsburger-Nostalgie

Mit Stadler und der CPÖ verbindet die JES der Kampf gegen die Fristenregelung – seit Gründung der JES politisches Hauptthema. Und wie die Kampfchristen Stadler und Gehring schwingt man bei der JES gerne Reden vom christlichen Abendland. Was mit dem Begriff gemeint sein könnte, kann man bestenfalls erahnen.

Der Verdacht liegt nahe, dass die JES etwas anderes darunter versteht als Stadler. Bei den reaktionären Studis scheint stets die Reichsidee mit ständischer Ordnung mitzuschwingen, die auf der Facebook-Seite beschworen wird. Zuletzt etwa als Titelbild für die "Grundsatzschulung" Anfang Dezember. Es ist eine kaum verhohlene Habsburger-Nostalgie.

Screenshot Facebook

Ideologische Gräben

Bei Stadler erscheint eine derartige Interpretation des Begriffs weniger naheliegend. Seinem Kampfkatholizismus zum Trotz kommt der Vorarlberger aus dem nationalen Milieu, wovon auch seine Schmiss zeugen. Dort mag man einiges an Gefühlen den Habsburgern haben. Nostalgie und Sympathie zählen traditionell eher nicht dazu.

Bleibt die Frage, ob diese ideologischen Gräben mit den unbestreitbaren politischen Gemeinsamkeiten dauerhaft überbrückt werden können. Andererseits wirkt das Zweckbündnis wie ein letztes Aufbäumen. Da sind letztlich atmosphärische Detailfragen vermutlich eher zweitrangig.

Lackmustest Wahlkampfspenden

Interessanter als der Wahlkampf wird die Frage sein, woher das Geld kommt, auf das die Akteure hoffen. CPÖ und JES dürften kaum über Kriegskassen verfügen, die einen Wahlkampf für das EU-Parlament ermöglichen. Noch-Abgeordneter Ewald Stadler hofft auf größere Beträge von radikalen Anti-Abtreibungsbewegungen. Was man als inhaltliche Vorwegnahme des Wahlkampfes betrachten kann.

Schwierig könnte das für Gehring und die CPÖ werden. Gehring, selbst stets Plastikföten schwingend auf einem Kreuzzug gegen die Fristenregelung, bestreitet vehement, seine CPÖ bekomme Geld von Human Life International (HLI) oder stehe in irgendeiner Verbindung zu der Organisation. HLI hatte die Splitterpartei "Die Christen" finanziert, aus der die CPÖ hervorgegangen war. Kritiker der CPÖ haben den Beteuerungen Gehrings stets skeptisch gegenüber gestanden.

Bekommen in den nächsten Wochen die REKOS Geld von HLI, unterstreicht das die Glaubwürdigkeit Gehrings nicht unbedingt. Die HLI würde wohl kaum Geld an ein Wahlbündnis überweisen, das von einer Partei mitgetragen wird, die mit ihr öffentlich so gar nichts zu tun haben will. Womit die Auferstehung der Toten noch vor den Wahlen eine Fußnote der Geschichte werden dürfte.