Transparent, fair und nachhaltig wirtschaften?

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Foto: © Kristoffer Schwetje / www.kristofferschwetje.com

Berlin. (hpd) Eigentlich bin ich auf eine Eröffnungsveranstaltung einer neuen Crowdfunding-Plattform gegangen, um über eben diese zu berichten. Aber vor Beginn der eigentlichen Veranstaltung kam ich an einem Infostand mit einer Mitarbeiterin von “Fairnopoly” ins Gespräch. Die Idee hinter dem Konzept klingt erst einmal nach einer Neuauflage der wohl inzwischen jedem bekannten Handelsplattform eBay. Aber dabei soll “fair, transparent und nachhaltig” gewirtschaftet werden, auch noch als Genossenschaft organisiert?

Das klingt ja eigentlich eher fantastisch – oder nach überzogener Selbstdarstellung. Und es macht neugierig. Schon am nächsten Tag kann ich ein Interview über die Details des fairen und transparenten Wirtschaftens dieser Plattform führen; und zwar mit Vorstandsmitglied Anna Kress.

 

hpd: Euer Slogan ist: “Fairnopoly - dreh das Spiel um”. Was genau ist mit “das Spiel umdrehen” gemeint?

Anna: Mit Fairnopoly möchten wir nichts weniger, als umzudrehen, wie unsere Wirtschaft heute in großen Teilen funktioniert: Wir bauen ein neuartiges Sozialunternehmen auf, welches wirtschaftlich erfolgreich werden soll, aber nicht alles der Profitmaximierung unterordnet. Es handelt sich um einen Online-Marktplatz und wir grenzen uns von anderen Marktplätzen bewusst durch drei Eigenschaften ab: Erstens: ein faires Unternehmensmodell, zweitens: durch die Förderung von verantwortungsvollem Konsum und drittens leisten wir einen Beitrag zur Korruptionsbekämpfung.

 

Unter “erstens” und “zweitens” kann man sich ja etwas vorstellen; aber wie tragt ihr zur Korruptionsbekämpfung bei?

Zum einen direkt durch Spenden an Organisationen wie Transparency International. Zum anderen erhoffen wir uns eine Modellwirkung als transparentes Unternehmen. Aber auf einige weitere Punkte kommen wir sicher auch später noch zu sprechen.

 

Was für Produkte findet der Käufer derzeit auf Eurer Plattform?

Fairnopoly wächst gerade besonders stark als fairer Büchermarktplatz, sowohl für neue als auch gebrauchte Bücher. Einer unserer Haupthändler in dem Bereich arbeitet z. B. ebenfalls nachhaltig, und spendet 70 Prozent seiner Gewinne an verschiedene Umweltprojekte. Auch im Bereich faire und nachhaltige Mode findet man schon einiges, und auch die GEPA, die größte Fair Trade Organisation in Europa, betreibt bei uns einen Shop. Käufer, die ein kritisches Konsumverhalten haben, können solche fairen und nachhaltigen Produkte leicht finden, indem sie bei der Suche die Optionen “fair” und “öko” anklicken.

 

Warum soll ich z. B. meine gebrauchte Digitalkamera auf fairnopoly.de und nicht über eBay verkaufen?

Bei uns kann jeder, ob gewerblicher oder privater Verkäufer, alles verkaufen, was legal ist, und wir bieten dazu eine Reihe von Vorteilen: Dazu gehört, dass man ein Zeichen dafür setzt, dass man die Prinzipien hinter Fairnopoly unterstützt. Wir haben aber auch niedrige Verkaufsgebühren von 7 Prozent. Zusätzlich wird 1 Prozent davon von uns automatisch an Transparency International gespendet. Der Verkäufer kann zudem selbst freiwillig einen beliebigen Anteil des Verkaufspreises an transparente Organisationen spenden. Wenn man möchte, kann man noch weiter gehen und Mitglied bei uns werden und so die Richtung des Unternehmens mitbestimmen.

 

Was genau bedeutet für Euch “Fairness”? Und für wen soll es bei Euch fair zugehen? Die Kunden? Die Verkäufer?

Fairness setzt sich bei uns aus vielen Aspekten zusammen. Zuvorderst steht unser Unternehmensmodell: Fairnopoly ist eine Genossenschaft, und Fairness gegenüber allen Beteiligten ist schon in unserer Satzung verankert. Das betrifft unsere Mitglieder, unsere Kunden, also Käufer und Verkäufer auf dem Marktplatz, Partner und natürlich auch unsere Mitarbeiter. So wählen wir unsere Partner nach diesen Kriterien aus, z. B. führen wir unsere Konten bei der GLS-Bank. Beim Umgang mit Mitarbeitern darf z. B. das höchste gezahlte Gehalt maximal drei Mal so hoch wie das niedrigste sein. Zusätzlich fördern wir auch noch fair und nachhaltig hergestellte Produkte: Diese werden auf dem Marktplatz prominent platziert, obwohl für fair gehandelte Produkte bei uns nur eine sehr kleine Verkaufsprovision abfällt.

 

Wie wurde bzw. wird eigentlich der Aufbau von Fairnopoly finanziert?

Fairnopoly ist eine Genossenschaft. Jede und jeder kann bei uns mit einem Mindestbetrag von 50 Euro Mitglied werden, und das Unternehmen mit kontrollieren. Letztes Jahr haben wir so ca. 1.100 Mitglieder gewonnen, die Fairnopoly sowohl finanziell, als auch mit viel Feedback oder Beratung unterstützen.
Viele der Mitglieder haben von uns über unsere erste große Crowdfunding-Kampagne Anfang 2013 erfahren. Crowdfunding ist eine in Deutschland noch recht junge Finanzierungsform, die es jedem erlaubt, schon mit einem kleinen Betrag interessante Projekte oder Unternehmen zu unterstützen. Noch bis diesen Freitag läuft unsere zweite Kampagne, mit der wir neue Mitglieder gewinnen und unsere Wachstumpläne für 2014 verwirklichen wollen.

 

Deine Kollegin hat mir gestern erklärt, dass jeder Teilhaber, der sich an Eurer Plattform beteiligt, über eine Stimme verfügt – egal, ob er mit einem oder 10 Anteilen beteiligt ist. Ist es aber nicht unfair, wenn Teilhaber mit mehr Anteilen genau so viele Stimmen haben wie derjenige, der nur einen einzigen Anteil besitzt?

Ja, das ist ein Merkmal von Genossenschaften, dass jeder unabhängig von der Anzahl der Anteile nur über eine Stimme verfügt. Zudem haben wir die maximale Summe an Anteilen auf 10.000 Euro pro Person begrenzt. Das soll verhindern, dass jemand nur aufgrund seiner finanziellen Übermacht Druck auf die Richtung des Unternehmens ausüben kann. Bei den Gewinnausschüttungen wird man aber anhand der Anzahl seiner Anteile beteiligt.

 

Ihr legt großen Wert auf Transparenz. Wie genau garantiert ihr die für den Teilhaber?

Das würde im Detail wohl den Rahmen dieses Interviews sprengen, unsere Transparenzbemühungen sind online für Jede und Jeden einsehbar zusammengefasst: Wir informieren auf unserem Blog und einer eigens zusammengestellten Transparenzseite zu den Entwicklungen im Unternehmen. Außerdem haben wir z. B. über eine Software namens Open Bank Project unsere Konten live ins Internet gestellt. So kann jeder immer in Echtzeit sehen, was mit den uns anvertrauten Geldern geschieht. Transparenter geht es wohl nicht mehr, oder?

 

Danke für dieses Gespräch und wir wünschen Euch viel Erfolg mit Eurer Plattform!

Das Interview führte Nicolai A. Sprekels.