Skeptikerkonferenz in München

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Publikum
Publikum

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Achim Reisdorf
Achim Reisdorf

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Achim Reisdorf
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Mirko Gutjahr
Mirko Gutjahr

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Mirko Gutjahr
Mirko Gutjahr

MÜNCHEN. (hpd) “Eso, Para, Pseudo – was sagt die Wissenschaft?” – unter diesem Motto stand der Publikumstag der diesjährigen Skeptikerkonferenz. Dass dieser Ansatz durch die Wissenschaftspolitik in Deutschland gefährdet ist, verdeutlichten in Laufe der Tagung gleich mehrere Beiträge.

Begonnen hatte das Programm mit einem “zweifelhaft-vergnüglichen” Nachmittag am Himmelfahrtstag. Referenten aus der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP) nahmen allerlei Mythen auseinander, Autoren wie Martin Apolin oder Johannes Fischler stellten ihre jüngst erschienenen Bücher vor. Hier konnten Interessierte zum Schnupperpreis von fünf Euro mal gucken, was Skeptiker so umtreibt. Auch am Abend auf der “Skeptischen Nerd-Nite” ging es um eher unterhaltsame Themen. Bernd Harder erzählte von der Karriere eines schwarzen Phantoms (oder war es ein Panther?) und Holm Hümmler erklärte, was es mit “Chemtrails” auf sich hat, während Claudia Preis das Publikum zum Lachen brachte, indem sie über die unschlagbaren Aufreiß-Methoden der PickUp-Artists berichtete.

Vermeintliche Pyramiden

An den folgenden beiden Tagen ging es dann um konkrete Phänomene wie “Biophotonen” oder grundsätzliche Fragen wie den Unterschied zwischen Böcken und Schafen, also eher skeptischen und eher glaubensfrohen Menschen.

Dass auch fragwürdigste Behauptungen ein teils beachtliches Medienecho finden, zeigte der Vortrag von Mirko Gutjahr, der sich mit den sogenannten bosnischen Pyramiden auseinandersetzte. Dabei handelt es sich um einige Hügel nördlich von Visoko, die seit einigen Jahren von Semir Osmanagić als prähistorische Bauten präsentiert werden. Als Argument führt der Geschäftsmann, der seinen Doktortitel nicht in Archäologie, sondern in Soziologie erworben hat, den artifiziellen Charakter der Anlage an: Form, verwendete Baumaterialien sowie energetische Effekte deuteten darauf hin, dass es sich hier um ein Bauwerk handeln müsse. Radiocarbonmessungen bestätigten ein Alter von über 20.000 Jahren (zum Vergleich: die großen ägyptischen Pyramiden sind knapp 5.000 Jahre alt).

Gutjahr, der Osmanagić zusammen mit Sebastian Bartoschek im Frühjahr interviewt hatte, verwies dagegen auf zahlreiche Ungereimtheiten. So stellte sich der “Superbeton” ebenso als relativ häufig vorkommende natürliche Gesteinsformation dar wie die vermeintlich gepflasterten Straßen. Und ein Tunnelsystem, das die “Pyramiden” verbinden soll, sind offenbar Bergwerksstollen aus dem 17. Jahrhundert. Zudem hat Osmanagić augenscheinlich eine deutlich esoterische Schlagseite: Seine Vorstellungen von Energie haben mit den Erkenntnissen der Physik wenig gemein und das Wirken von Außerirdischen auf der Erde scheint für ihn eine ausgemachte Sache zu sein.

Kreationistische “Belege”

Im Vortrag von Achim Reisdorf ging es um “Kamikaze”-Fischsaurier, deren fossile Überreste durch mehrere Gesteinsschichten sehr unterschiedlichen Alters reichen. Von Junge-Erde-Kreationisten wird die Entdeckung solcher Fossilien als Beleg angeführt, dass die Vorstellung geologischer Zeitalter falsch sein muss. Achim Reisdorf erklärte, wie es dazu kommt, dass ein lungenatmender Fisch kopfüber senkrecht nach unten stürzt und sich in den Boden bohrt – und vor allem, welche chemischen Prozesse dazu führen, dass ein Fossil eine Sedimentschicht durchstoßen kann. Kreationistische Medien hatten die Erklärungen der Paläontologen übrigens aufgegriffen, die Zeichnungen dann aber so manipuliert, dass sie nicht mehr aussagekräftig waren.

Die beiden Beispiele mögen auf den ersten Blick als gesellschaftlich unbedeutende Spezialthemen erscheinen, doch sie machen eines deutlich: Um derlei unsinnige Behauptungen zu widerlegen, braucht es Zeit und Expertenwissen. Da in beiden Fachbereichen nach Aussage der Referenten Stellen abgebaut und Institute geschlossen werden, stehen immer weniger Fachleute zur Verfügung, die über beides in ausreichendem Maße verfügen. Diese Ausdünnung wissenschaftlicher Einrichtungen bringt Skeptiker gegenüber Phantasten vor allem im Hinblick auf mediale Präsenz ins Hintertreffen. Da es viel leichter ist, eine halbwegs plausibel klingende Geschichte zu erfinden als diese zu widerlegen und eine wissenschaftlich fundierte Erklärung für das umstrittene Phänomen zu liefern, können sich Geschichtenerzähler der öffentlichen Aufmerksamkeit sicher sein und müssen Widerspruch immer weniger fürchten.