Straßenkind für einen Tag

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Spendensammler / Fotos: Töns Wiethüchter

BERLIN. (hpd) SchülerInnen der Neuköllner Richardgrundschule traten am 20. November 2009, dem Jahrestag der Verabschiedung der Kinderrechtskonvention, vor dem Rathaus Neukölln lautstark für Kinderrechte ein: Lebenskunde in Aktion.

Ein langsam anschwellender Ruf schallte über den Platz vor dem Rathaus in Neukölln und übertönte den Straßenlärm. Die Klasse 5a der Richardgrundschule machte sich bereit für einen ungewöhnlichen Schultag. Sie klatschten in die Hände und motivierten sich für eine Aktion, die sie für einige Stunden in die Haut von Straßenkindern schlüpfen ließ. Ihr Plan: An einem Tag öffentlich für die Einhaltung der Kinderrechte zu streiten. Unüberhörbar, unübersehbar.

„Ooooooooooh – Kinderrechte!“

Schwer bepackt hatten sie sich zu Fuß von ihrer Schule aufgemacht - im Gepäck selbst gestaltete Bauchläden, die mit Informationsmaterial, Streichholzschachteln, Aufklebern, Buttons und Kekstüten, auf denen Texte der Kinderrechte stehen, gefüllt waren.

Im Lebenskundeunterricht hatte sich unter der engagierten Leitung der Lebenskundelehrerin Susan Navissi und unterstützt von der Klassenlehrerin Heike Deleré eine Gruppe gebildet, die gegen die weltweite und massenhafte Missachtung der Kinderrechte protestierte: Sie sammelten Spenden, putzten Schuhe, tanzten zu Hip-Hop-Musik, spielten Theater, verkauften ihre Kinderrechtstüten, verteilen Informationen und sprachen Leute an.

Beispielbild
Kinderrechtstüten / Schuhputzer                  

 

Der Termin für die Aktion wurde nicht zufällig gewählt: Genau vor 20 Jahren am 20. November 1989 wurde die Konvention für Kinderrechte von der UN-Vollversammlung angenommen und in der Folge von fast allen Ländern der Welt ratifiziert – nur die USA und Somalia haben noch nicht unterzeichnet.

Die Kinderrechtskonvention garantiert allen Kindern dieser Welt grundlegende Rechte. Scheinbare Selbstverständlichkeiten: Sie schützen Kinder vor Kriegen und Ausbeutung, vor Gewalt und sexuellem Missbrauch. Alle Kinder haben das Recht auf Bildung, auf den Zugang zu Informationen, ja auf Freizeit, freie Meinungsäußerung und auf Entfaltung ihrer Persönlichkeit.

Doch nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation WHO leben weltweit rund 33 Millionen Kinder auf der Straße. Andere Quellen nennen bis zu 100 Millionen Straßenkinder. Ein Grund für die stark abweichenden Angaben ist die unklare Abgrenzung zwischen „arbeitenden Kindern“, die sich auf der Straße Geld verdienen, und „Straßenkindern“, die tatsächlich auf der Straße leben.

Angesichts der nach Auskunft von Unicef 190 Millionen Kinderarbeitern, die in der Landwirtschaft, in Fabriken und in Steinbrüchen eingesetzt werden; angesichts der vielen als Kindermädchen und als billige Arbeitskräfte missbrauchten Kinder, angesichts derjenigen Kinder, die von ihren Eltern als Sklaven (Schuldknechtschaft) verkauft werden, um Kredite zurückzahlen zu können, scheinen Unterschriften unter Konventionen nicht viel bewirken zu können. In der Tat: Kinderrechte müssen eingefordert und durchgesetzt werden. Aktiv, wie es uns die Lebenskundeschüler und -schülerinnen an diesem Tag vormachen.