Angriffe gegen die "Ärzte ohne Grenzen"

Angriff auf Krankenhaus in Kunduz kein Versehen

BERLIN. (hpd) Als Anfang Oktober ein Angriff auf das Krankenhaus der "Ärzte ohne Grenzen" im afghanischen Kunduz mehr als 30 Todesopfer forderte, wurde noch von einem Versehen, einem "schrecklichen Unfall" gesprochen. Jetzt ist klar, dass die Vorwürfe der "Ärzte ohne Grenzen" berechtigt sind: Das Krankenhaus wurde bewusst bombardiert.

Wie der österreichische Standard berichtet, wusste die Spezialeinheit der US-Streitkräfte darüber Bescheid, dass es sich bei ihrem Ziel um ein in Betrieb befindliches Krankenhaus handelte. Allerdings sei man davon ausgegangen, dass sich "feindliche Taliban" im Gebäude aufhalten würden.

Doch selbst solch eine Vermutung erlaubt nach der Genfer Konvention nicht, ein Krankenhaus anzugreifen. Deshalb ist dieser Angriff als Kriegsverbrechen zu werten.

Am Tag vor dem Angriff, waren ein Offizier der Einheit und ein Vertreter der "Ärzte ohne Grenzen" zu Beratungen zusammengekommen, bei denen auch die Frage erörtert wurde, "ob sich Kämpfer der Taliban in der Klinik aufhalten würden. Dies wurde von Ärzte ohne Grenzen verneint und die Notwendigkeit der Anerkennung der medizinischen Einrichtung durch alle Konfliktparteien betont."

Die unter dem Schutz der Genfer Konvention stehenden Mediziner haben zudem "die Anwesenheit von Taliban ebenso bestritten wie Berichte, dass US-Truppen vom Gelände des Spitals aus beschossen worden seien." Trotzdem griffen die US-Truppen das Krankenhaus an und töteten rund 30 Menschen und zerstörten große Teile der Gebäude. Die "Ärzte ohne Grenzen" haben danach ihre Tätigkeit in Kunduz aufgegeben. Ein Untersuchungsbericht der Nato über den Zwischenfall verzögert sich weiterhin und von den Untersuchungen, die das US-Militär angeordnet hat, sind bislang ebenfalls keine Zwischenergebnisse bekannt.

Krankenhaus im Jemen angegriffen

Gestern wurde erneut ein Krankenhaus der "Ärzte ohne Grenzen" angegriffen. Dieses mal in Jemen und dieses mal von den mit Saudi-Arabien Verbündeten, die gegen die Huthi-Rebellen kämpfen.

Die amtliche jemenitische Nachrichtenagentur Saba (die den Huthi-Rebellen untersteht) meldete, dass mehrere Menschen verletzt wurden. Die Menschenrechtsorganisation "Amnesty International" erklärte, das mehr als 20 Menschen in der Klinik gewesen sein sollen, als der Angriff begann. Sieben Mitarbeiter seien verletzt worden. Nach Angaben des Krankenhaus-Direktors Ali Mughli wurde das Gebäude beim Angriff vollständig zerstört.

Die saudi-arabische Militärallianz wies sofort jegliche Vorwürfe zurück.