Der Bus kommt

BERLIN. (hpd) Nach zahlreichen Ablehnungen der Buskampagne seitens der Verkehrsbetriebe starten die Initiatoren jetzt eine eigene Bustour durch Deutschland. Essen genehmigt die Werbung als einzige Stadt.

 

Das Warten hat sich gelohnt: nachdem sich auf www.buskampagne.de, der Website der säkularen Werbekampagne in Deutschland, inzwischen über 36.000 € Spendengelder
angesammelt haben, wurde am vergangenen Donnerstag die Buskampagnen-Tournee bekannt gegeben. „Wir haben einen Anbieter gefunden, der uns einen roten Berliner Doppeldecker vermietet. Ein Cabrio, dass riesige Flächen für unsere frohe Botschaft bietet – damit ist uns Aufmerksamkeit fast garantiert“ erklärt Philipp Möller, Sprecher der Buskampagne.

In den vergangen Wochen haben die Initiatoren in zahlreichen größeren deutschen Städten angefragt, und hatten fast ausnahmslos Ablehnungen erhalten. Während die BVG in Berlin erklärte, sie lasse generell keine politische oder weltanschauliche Werbung zu und werde dies ab sofort auch konsequent umsetzen, stuften die Bremer Stadtwerke die Motive der Kampagne als „glaubenverachtend“ ein und lehnten ebenfalls ab. In anderen Städten waren die Reaktionen ähnlich. Religiöse Werbung in deutschen Nahverkehrsmitteln ist jedoch an der Tagesordnung. „Als wir gemerkt haben, dass man solche Dinge in Deutschland offensichtlich mit zweierlei Maß misst, haben wir entschieden uns unabhängig zu machen. Die Planung hat uns viel Zeit und Arbeit gekostet, aber nun steht unsere Tour in groben Zügen“, so Möller.

Nach einer Pressekonferenz am 28. Mai in Berlin startet die Tour am 30. Mai dort und fährt gegen den Uhrzeigersinn einmal quer durch die Bundesrepublik. „Wir haben versucht möglichst vielen Wünschen unserer Unterstützer nachzukommen, und so wurde die Liste unserer Ziele ziemlich lang.“ In letzter Minute hat jedoch eine einzige Stadt die Werbung der Buskampagne akzeptiert: in Essen wird voraussichtlich ab Mitte Juni der Slogan „Es gibt (mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit) keinen Gott. Ein erfülltes Leben braucht keinen Glauben.“ durch die Stadt rollen.

Dass die Reise zu Pfingsten beginnt, dem Tag der Aussendung der christlichen Jünger zur Heidenmission, hat dabei keine besondere Bedeutung, so Möller: „Wir wären am liebsten schon früher gestartet. Missionieren wollen wir mit der Aktion niemanden. Die Tournee richtet sich an die immer mehr werdenden Menschen, die unsere Weltanschauung teilen und dabei auf Religion bewusst verzichten. Denen wollen wir vermitteln, dass sie nicht allein sind und sie ermutigen, sich ohne Scheu gegen religiösen Hochmut zur Wehr zu setzen. Herrn Mixa statten wir dabei natürlich auch einen Besuch ab.“ Dieser hatte kürzlich erneut bewiesen, dass ein solcher Hochmut durchaus vorhanden ist: „Eine Gesellschaft ohne Gott ist die Hölle auf Erden“ hieß es unter anderem in seiner Osterrede.

Nachdem die Kampagne in England gestartet ist und unter anderem im katholischen Italien und Spanien und sogar in den sehr christlichen USA erfolgreich gelaufen ist, wunderten sich die Initiatoren der Kampagne anfangs über die Ablehnungen aus dem vermeintlich säkularen Deutschland. „Die Reaktionen der Verkehrsbetriebe verstehen wir inzwischen als ein Symptom der starken Verflechtungen zwischen Politik und Kirche“, kommentiert Möller. „Kurz nach der Bekanntgabe der BVG, sich in Sachen Werbung zukünftig neutral zu halten, sind die Werbeflächen schon wieder voll mit religiösen Inhalten.“ Gemeint ist eine Werbekampagne von Misereor, auf der neben dem Bild einer geschminkten Nonne steht: „Gott kann nicht alles regeln. Für uns bleibt noch genug zu tun.“

Wie aussichtsreich dabei rechtliche Schritte erscheinen, werde zur Zeit noch geprüft erklärt Möller. „In erster Linie wollen wir jedoch mit unserer frohen Botschaft auf die Straße. Deshalb bieten wir in 23 deutschen Städten Stadtrundfahrten mit unserem roten Doppeldecker zu den thematischen Hotspots an. Ein Rahmenprogramm ist außerdem in Planung, bei dem uns säkulare Interessengruppen vor Ort unterstützen. Ihr könnt also gespannt sein und euch freuen, denn: endlich kommt der Bus!“

Auf die Frage nach den Erwartungen an die Tournee lächelt Möller: „In erster Linie wünschen wir uns viele interessierte Fahrgäste, gutes Wetter und ein reges Echo der Presse. Wenn anschließend ein sachlicher Diskurs darüber stattfindet, welche Rolle Religion in einer säkularen Gesellschaft spielen sollte, ob religionsfreie Bewegungen öffentlich akzeptiert werden und ob unsere Werte wie Demokratie, Meinungsfreiheit und Gleichberechtigung wirklich Teil der Religion sind, haben wir unser Ziel erreicht.“ Betrachtet man die bisherige Resonanz, scheint die Kampagne auf einem guten Weg zu sein. „Natürlich haben wir auch Kritiker, und wenn deren Kritik konstruktiv ist, dann ist das auch gut so“ fährt Möller fort. „Fühlt sich jemand durch uns in seinem Glauben angegriffen, dann beweist das den Erfolg der staatlich finanzierten religiösen Indoktrination. Werte brauchen keinen erfundenen Gott, und das muss man öffentlich sagen dürfen.“


Die Fragen stellte Fritz Harder.
Fotos: Evelin Frerk / Montage: graafik Berlin