"Bündnis altrechtliche Staatsleistungen abschaffen" gegründet

Auch in den Kirchen sind die Staatsleistungen vielen peinlich

Einhundert Jahre nachdem die Ablösung der Staatsleistungen beschlossen wurde, wird es mehr als Zeit, dies auch umzusetzen. Doch Bund und Länder schieben diese Entscheidung vor sich her und sich gegenseitig den schwarzen Peter zu. Am 14. August dieses Jahres jährt sich der 100. Jahrestag des Inkrafttretens der Weimarer Verfassung und damit leider auch der 100. Jahrestag des Verfassungsbruchs. Darauf aufmerksam machen will das neugegründete "Bündnis altrechtliche Staatsleistungen abschaffen" – kurz: BAStA! Der hpd sprach mit der Initiatorin, Diana Siebert.

hpd: Wer ist alles in dem Bündnis vertreten?

Diana Siebert: Als Sprecherin der Bundesarbeitsgemeinschaft Säkulare Grüne war mir klar, dass im Weimar-Jubiläumsjahr nicht jede Organisation und Parteigruppe alleine an dem Ende der Staatsleistungen arbeiten sollte. Und es hat geklappt: Die Jungen Liberalen und die Linksjugend sind im Bündnis, zusammen 19 Organisationen. Mit dabei das Institut für Weltanschauungsrecht, die Humanistische Union, die Giordano-Bruno-Stiftung, der Internationale Bund der Konfessionslosen und Atheisten, der Koordinationsrat säkularer Organisationen, die Säkularen Sozis – um nur die bundesweiten zu nennen. Wir wollen noch mehr werden.

In Ihrer Bündniserklärung fordern Sie die Bundesregierung auf, das längst fällige Ablösegrundsätzegesetz zu verabschieden. Wie wollen Sie den Druck aufbauen, dies zu erreichen?

In jüngster Zeit ist immer deutlicher geworden, dass das Thema nicht nur viele Menschen, sondern auch zunehmend Politiker umtreibt und zu einem gewissen Umdenken veranlasst. Die empfinden nämlich die Forderung nach Beendigung der Staatsleistungen längst nicht mehr als Zumutung. Sondern als Aufgabe, die die Politik tatsächlich etwas angeht. Durch unsere Kampagne wollen wir diese Richtungsänderung verstärken.

Schon die öffentliche Diskussion und auch manche Meinungsäußerungen in den Medien und Netzwerken helfen uns. Die Hilflosigkeit der beiden Kirchen wird dadurch deutlich. Die stützen sich ja auf alte, zudem zweifelhafte Rechtspositionen, aber nicht auf Sachargumente. Das erkennen auch kritische Kirchenleute.

Diana Siebert
Diana Siebert

Zudem fordern Sie die beiden Amtskirchen dazu auf, auf die weitere Zuwendungen aus den Staatsleistungen zu verzichten. Ist das nicht Augenwischerei? Glauben Sie tatsächlich, dass die Kirchen auf derartige Geschenke aus unser aller Portemonnaie verzichten?

Drei Antworten: Erstens sind ja auch in den Kirchen die Staatsleistungen vielen peinlich. Nicht die oberen Ränge, aber einfache Gläubige finden Geldeinnahmen von atheistischen Steuerzahlern unmoralisch. Mehrere Kirchenvertreter haben sich zweitens offen für Gespräche gezeigt. Vor allem aber drittens: Die beiden Kirchen haben schon gezeigt, dass sie flexibel sein können. Die evangelische Kirche hat in Niedersachsen, glaube ich, gegen die Prinzipien einen Tarifvertrag mit ver.di gemacht. Wegen des Drucks. Die katholische Kirche hat beim besonderen Kirchgeld eingelenkt und auch interne Anweisungen gegeben, dass man bei Homosexualität nicht mehr so streng sein soll wie noch neulich.

Sind das nur Kleinigkeiten? Es kommt auf den Druck an. Auch bei den Staatsleistungen. Die machen auch nur 2 oder 3 Prozent von deren Einnahmen aus. Die Kirchen wissen, dass ihnen die Aufbesserung ihrer ramponierten Reputation gut tut.

Sie bitten auf ihrer Webseite um weitere Unterstützungsunterschriften. Haben Sie ein Ziel definiert, wie viele Unterschriften Sie sammeln wollen? Und was geschieht mit den Unterschriften?

Wir sind selbst gespannt, wie sich die Unterstützerzahlen entwickeln werden. Wir überlegen im Bündnis derzeit, ob wir eine offizielle Petition an den Bundestag starten.

Im Vorgespräch wiesen Sie darauf hin, dass die Erklärung vor der Veröffentlichung an Politiker und Kirchenvertreter verschickt werden soll. Ist das bereits geschehen und wenn ja: Gibt es bereits Reaktionen?

Genau in dieser Stunde versenden wir die ersten von über 300 ausdrücklich ganz individuellen Mails. Seit ein paar Tagen treten wir mit unser Webseite auf. Unsere Pressemitteilung kommt erst danach, aber für den hpd machen wir mal eine Ausnahme.

Wie können unsere Leser das Bündnis – außer natürlich mit ihrer Unterschrift – noch unterstützen?

Sie können selbst unsere Forderung in ihrem Umfeld verbreiten. Offline und per Facebook und Twitter. Sich uns anschließen, mit uns Landtagsabgeordnete besuchen, denn die Länder zahlen ja die Beträge. Sie können Aktivitäten bei ihren Politikern einfordern, Diskussionen vor Ort organisieren. Wir kommen gerne!

Herzlichen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Frank Nicolai für den hpd.