Es ist tatsächlich passiert: die Wähler in den USA haben Donald Trump zu ihrem neuen Präsidenten gewählt. Die Reaktionen in den europäischen Hauptstädten reichen von Entsetzen bis zur Begeisterung. Das spiegelt sich auch in den Medien wider.
Die Süddeutsche bezeichnet Trumps Sieg als eine Zäsur für die USA und die Welt. Und tatsächlich: Die Machtverschiebung in den USA ist beträchtlich. "Donald Trump wird Präsident des Landes, die beiden Kammern des Kongresses werden von den Republikanern beherrscht, und die Vakanzen des Supreme Court werden nun von der konservativen Mehrheit in ihrem Sinne besetzt. Die Machtverschiebung in den USA ist umfassend und vollkommen. Die drei Säulen der Nation, die Exekutive, die Legislative und die Judikative, sind in der Hand einer radikalen und unberechenbaren Partei und eines Präsidenten, den man wohlwollend noch als skurril bezeichnen kann."
Die FAZ fragt: "Was kommt jetzt?" und weist auf die Wahlversprechungen und Drohungen hin, die Trump in seinem Wahlkampf äußerte und resümiert: "Die Welt muss sich auf große Veränderungen einstellen. Denn die Wahl in Amerika hat der Weltpolitik eine Überdosis Unberechenbarkeit injiziert."
"Den Durchbruch schaffte Trump … genau mit jener Wählerschaft, die er mit seinen provokativen, oft beleidigenden Aussagen direkt angesprochen hatte: die früher gewerkschaftlich linke, weisse Unter- und Mittelschicht, die sich von den Eliten in Washington, von Wall Street und von der Demokratischen Partei verraten und verkauft fühlte…" schreibt die NZZ in einem ersten Kommentar zum Wahlergebnis.
Auch wenn Trump in einem ersten Statement nach der Wahl sagte, dass er "Präsident aller Amerikaner" sein werde, zeigten sich Politiker in ihren ersten Reaktionen geschockt. Der deutsche Justizminister Heiko Maas twitterte am Morgen: "Die Welt wird nicht untergehen, sie wird nur noch verrückter."
Die Welt wird nicht untergehen, sie wird nur noch verrückter. (hm)
— Heiko Maas (@HeikoMaas) 9. November 2016
Der Vorsitzende im Auswärtigen Ausschuss des Bundestages, Norbert Röttgen, zeigte sich in einem Interview mit n-tv sichtbar geschockt vom Ausgang der Wahl. "Ich bin darüber schockiert, was stattgefunden hat. Dass ich damit nicht gerechnet habe, ist nicht das Wesentliche. Meine Befürchtung ist, dass das eine dramatische Zäsur auch von historischer Dimension ist für die USA selber, aber auch für die Rolle der USA in der Welt und auch für das transatlantische Verhältnis. Ich glaube, das wird eine tiefe Entfremdung geben und darum halte ich das für einen dramatischen historischen Moment, den wir erleben."
Auch die Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat den Wahlsieg Trumps als "schweren Schock" bezeichnet. Laut Spiegel-Online sagte sie in der ARD: "Auch wenn dieser Wahlkampf getränkt war von Herabwürdigung, von Spaltung - es ist eine demokratische freie Wahl. Wir müssen uns jetzt mit den Realitäten auseinandersetzen."
Wenn dieser Rechtspopulist und sexistische Hassprediger US Präsident wird, dürfen wir uns auf einen politischen Kälteschock gefasst machen.
— Ralf Stegner (@Ralf_Stegner) 9. November 2016
Grünen-Vorsitzender Cem Özdemir bezeichnete es als einen Bruch mit den bisherigen Traditionen, nach denen der Westen für liberale Werte steht. "Die Vereinigten Staaten verabschieden sich unter Trump vom Rest der Welt."
Ruprecht Polenz schreibt im Magazin The European: "Für mich ist diese Wahl eines unberechenbaren Populisten zum mächtigsten Mann der Welt ein Alptraum. Ich hätte nicht gedacht, dass er Wirklichkeit werden könnte. Jetzt bleibt erst einmal nur die Hoffnung, dass es so schlimm nicht werden möge." Damit greift er eine Haltung auf, die bei vielen Kommentatoren zu beobachten ist: man zieht den Kopf ein und hofft, dass die nächsten vier Jahre irgendwie vorüber gehen.
Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) nannte Trump einen "Vorreiter einer neuen autoritären und chauvinistischen Internationalen."
In den sozialen Netzwerken machte sich am frühen Morgen (mitteleuropäischer Zeit) Panik, Zynismus und Fassungslosigkeit breit. Das Bild der Freiheitsstatue, die die Hände vors Gesicht schlägt, machte weltweit die Runde.
#ElectionNight pic.twitter.com/CrqxUqo2iP
— Steve Case (@SteveCase) 9. November 2016
Die Börsen reagierten mit einem Kurssturz. Die Börse in Tokio vermeldete einen Sturz des Nikkei-Index um mehr als fünf Prozent und der Deutsche Aktienindex Dax brach zur Eröffnung ein, genau wie die Börsen in London und Paris. Das allerdings wird sich vermutlich in den nächsten Tagen wieder Einpegeln: bislang hat noch keine Wahl irgend etwas an der Geldmaschine "Börse" verändern können.
Interessant ist auch, dass in der US-Wahlnacht die Website der kanadischen Einwanderungsbehörde nicht mehr zu erreichen war – offenbar wegen Überlastung. "Viele Amerikaner hatten während des Wahlkampfes immer wieder angekündigt - manche im Scherz, andere ernsthaft -, aus den USA auszuwandern, sollte Präsidentschaftskandidat Donald Trump gewinnen."
Zu den ersten Gratulanten zum Wahlsieg gehörten übrigens Russlands Präsident Wladimir Putin, der britische Populist Nigel Farage, Marine Le Pen, die Chefin des französischen Front National, der niederländische Rechtspopulist Geert Wilders und der Ku Klux Klan.
Jens Berger fasst bei den Nachdenkseiten zusammen: "Es war eine Wahl zwischen Pest und Cholera und die Pest hat knapp gewonnen. Der Sieg Donald Trumps ist jedoch nicht überraschend und seine Wähler sind nicht nur durchgeknallte Rednecks. Es ging bei dieser Wahl auch nicht um 'links' oder 'rechts'. Trump hat es vielmehr geschafft, sich selbst als Kandidaten zu inszenieren, der einen Feldzug gegen das Politik-Establishment führt. In einem Land, in dem die etablierte Politik abgewirtschaftet hat, nur noch 9% der Bevölkerung hinter dem gewählten Kongress stehen und auf Seiten der Demokraten mit Hillary Clinton die Personifizierung des politischen Establishments zur Wahl stand, hatte Trump am Ende die besseren Karten."
14 Kommentare
Kommentare
David am Permanenter Link
Heiko Maas der Kinderehen zulässt, Beschneidung, sagt der Trump wäre unzuverlässig. soweit seine Selbsteinschätzung, aber sein Anzug sitzt.
Wolfgang am Permanenter Link
Leider ist der überwiegende Teil der Amerikaner dumm (The stupid white Men) und Prof.
(Otto von Bismark, dt. Staatsmann, 1815-1898)
Glaube keinen Politiker und Theologen, denn du wirst stets nur angelogen.
Das schwere und unberechenbare Problem, Trump ist gar kein Politiker!
Harald Freunbichler am Permanenter Link
Ausschlagend wird m. E. in näherer Zukunft sein, wie er dem skrupellosen Machtpolitiker Putin - hoffentlich schnell - begegnen wird. Der hat ihm ja übrigens eilig gratuliert.
Demokraten, die "hehre" Ideale verwirklichen wollen, sind dem letzteren ja nur als schwächlich, Quatschtanten und Feiglinge vor dem geistigern Auge.
Wenn er die Grenzen sucht, vielleicht kann ihm ein unberechenbarer Materialist und Kapitalist diese verdeutlichen, ehe schlimmes passiert.
Es ist angerichtet.
Horst Herrmann am Permanenter Link
Vor Wochen schon habe ich gewettet, dass Trump gewinnen wird - und jetzt das Zehnfache meines Einsatzes zurückbekommen.
christian Walther am Permanenter Link
Nun, es wäre an der Zeit gewesen, den alles verkleisternden Begriff "Populismus" endlich einzumotten und analytische Fragen und Daten zu bringen.
CW
struppi am Permanenter Link
Die FAZ hat es geschafft die eigene Sichtweise etwas genauer zu betrachten:
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/alle-gegen-donald-trump-die-hybris-der-meinungsmacher-14516918.html
Aber ich sehe das auch so, Politik muss den Menschen wieder zu hören und etwas für die Menschen machen, also Populärer werden.
Ach, und hier fehlt noch etwas was der Röttgen AUCH gesagt hat:
http://www.deutschlandfunk.de/us-wahl-roettgen-trump-erfolg-ist-warnung-fuer-europa.1947.de.html?drn:news_id=675905
"Man habe die Radikalität unterschätzt, mit der Wähler bereit seien, aus ihrer persönlichen Situation die Konsequenzen zu ziehen, ..."
Geil!
Daran erkennt man wie sehr die Politiker die Menschen verachten
Michael Fischer am Permanenter Link
Na ja, Demokratien sind wie ein schönes Anwesen. Sie müssen eben auch gepflegt werden. Wenn der Besitzer alles verkommen lässt...
Stefan Dewald am Permanenter Link
Nun ja, aus meinem Blickwinkel waren die US-Wahlen seit der flächendeckenden Ausstattung mit Fernsehen populistische Wahlen. Von daher: Im Westen nichts Neues.
Verhaltensoriginelle Amtsinhaber gab es hüben wie drüben (u.b. Boris Jelzin) auch schon. Wir haben sie überlebt.
Und ja, es gab im Ganzen 6 Kandidaten bei dieser Wahl. Warum es sich auf die beiden Schlimmsten konzentriert hat…
Frank Linnhoff am Permanenter Link
Ob sich die Führung der Demokratischen Partei die Frage stellen wird, ob sie gut daran getan haben, die Kandidatin Hillary Clinton statt Bernie Sanders unterstützt zu haben?
Holger am Permanenter Link
Die Dummokraten haben denjenigen, der noch am ehesten den Populisten Trump hätte stoppen können, selbst ausgebotet: Bernie Sanders.
Hans Trutnau am Permanenter Link
Und jetzt? Nix.
Kennt man.
Hans Trutnau am Permanenter Link
Das Schöne ist, dass der Trumpet-Gockel für vier (oder sogar acht) Jahre ein Schlachtfest für Kabarettisten und Cartoonisten abgeben wird.
Wolfgang am Permanenter Link
Man braucht doch gar nicht nach Amerika schauen, wie viele dumme Menschen hängen hier an den Lippen von Heiratsschwindlern, Bankberatern, fliegenden Verkäufern, kuriosen Moderatoren, so genannten Comediens und lachen
Der Politiker verspricht im Diesseits ein schönes Leben, der Theologe verspricht im Jenseits ein schönes Leben aber beide versprechen sich letzten Endes ein eigenes gutes Leben im Diesseits! Von wegen nix! Und jetzt erst recht!
valtental am Permanenter Link
Mann reibt sich die Augen bei so viel neuem in DE geäußertem "ANTIAMERKANISMUS". Bisher war dieses Prädikat ja für die Diffamierung von Globalisierungs- und Freihandelskritiker reserviert...