(hpd) Er ist 76 Jahre alt, britischer Journalist, Buchautor, Anti-Todesstrafenaktivist und wird von der singapurischen Justiz gegen seinen Willen an der Ausreise gehindert. Alan Shadrake hat ein Buch über die Anwendung der Todesstrafe in dem südostasiatischen Inselstaat geschrieben. Jetzt soll er dafür ins Gefängnis.
Doch er hat mehr erreicht, als er je zu träumen gewagt hätte. Es ist nämlich ausgerechnet Singapurs Machtapparat, der ihn beim Kampf gegen die Todesstrafe unterstützt – wenn auch ungewollt.
Alleine schon der Titel des Werkes „Once a Jolly Hangman – Singapore Justice in the Dock“ („Es war einst ein fröhlicher Henker – Singapurs Justiz auf der Anklagebank“) lässt keinen Zweifel daran, wie Shadrake zum Thema Todesstrafe steht. Bitterböse, sarkastisch, empört.
Das 219 Seiten starke Werk exponiert die Gerichte und Richterschaft in der de facto Ein-Parteien-Diktatur Singapurs als unmündige Befehlsempfänger.
Als Alan Shadrake am 17. Juli 2010 in Singapur einreiste, um sein Buch vorzustellen, wurde er am nächsten Morgen um 6 Uhr in seinem Hotelzimmer wegen mutmaßlicher „Missachtung des Gerichts“ von Polizeibeamten verhaftet.
Der 76-jährige britische Staatsbürger mit Herzproblemen wurde zwei Nächte lang in einer Zelle mit Betonboden untergebracht. In einer Ecke lag nur eine dünne Bambusmatte als Schlafplatz. Tagsüber wurde er jeweils mehrere Stunden lang von Ermittlern vernommen – ohne Rechts- oder Botschaftsbeistand wohlgemerkt. Über die genaue Dauer der Verhöre kann Shadrake keine Aussagen machen, denn seine Uhr musste er abgeben.
Am 20. Juli 2010 durfte der Buchautor gegen eine Kaution von S$ 10.000 (ca. € 9.000) und behördlicher Konfiszierung seines Passes, die Türen des Untersuchungsgefängnisses von innen öffnen und nach außen gehen. Seinen Rechtsanwalt M. Ravi traf er zum ersten Mal seit seiner Inhaftierung vor dem Gebäude.
Shadrake räumt mit dem Mythos auf, ausnahmslos jeder, der mit Drogen in Singapur erwischt werde, ende am Galgen im berüchtigtem Changi-Gefängnis.
„Nationalität, Ethnie, gesellschaftliche Stellung und vor allem Vermögen der Angeklagten, sind viel entscheidender über Leben und Tod, als Schuld oder Unschuld“, so der Autor. Shadrake ist ein vehementer Gegner der Todesstrafe. Allerdings ist ihm Gerechtigkeit im Sinne von „Gleiches Recht für alle“ beinahe noch wichtiger. Und offensichtlich nicht nur ihm: Sein wertvollster Informant ist ein ehemaliger Ermittler der singapurischen Drogenfahndung CNB (Central Narcotics Bureau), der mit der Heuchelei seiner Regierung abrechnet.
Es haben ihm auch „andere“ Ermittler, Rechtsanwälte sowie Journalisten Informationen bereitgestellt, welche zu einem Mosaik zusammengesetzt, nicht „die sauberste Stadt der Welt“ zeigen, sondern „die schmutzige Fratze der Korruption“.