Kinder fotografieren interberlinisch

BERLIN. (hpd/hvd) „Hingucker2“ - Eine Ausstellung mit Fotografien von Kindern aus den Berliner Bezirken Marzahn-Hellersdorf und Schöneberg zeigt deren Entdeckungsreise in den jeweils anderen Berliner Bezirk – auch ein Austausch zwischen Ost und West.

 

Im Sommer und Herbst 2010 besuchten sich Jugendliche aus Marzahn-Hellersdorf (Ost) und Berlin-Schöneberg (West) gegenseitig und lernten mit der Kamera vor dem Auge den jeweils anderen Kiez kennen. Mitgemacht hatten Jungen und Mädchen aus der Villa Pelikan und dem Marzahner Kinderkeller einerseits und Gleichaltrige aus der Schöneberger Grundschule am Barbarossaplatz und dem Café Pink.

Timon hatte schon im Vorfeld recherchiert, wie man am besten von Hellersdorf nach Schönberg mit der Bahn kommt. Ansonsten entdeckt er in seinen Sommerferien genau wie die anderen fünf Hellersdorfer/-innen als „Hingucker“ Neuland: Keine/-r von den 9-13 Jährigen war bisher im Westberliner Bezirk Schöneberg, die Vorstellungen darüber sind verschwommen, die Aufregung über die Steckbriefe der Schöneberger Austauschpartner/-innen groß. Schöneberg wird von den Hellersdorfern als eng und verbaut empfunden, die Bevölkerung als bunt und lustig - die Schöneberger Kinder können bei ihrem Gegenbesuch wiederum kaum fassen, dass Hellersdorf zu Berlin gehört.

  

Foto links: Eleni Kiometzis (11 Jahre), Schöneberg - Marzahn (Chantal) meets Schöneberg (Sophia) im Kleistpark, Foto rechts: Sarah Marie Malinowski (10 Jahre), Hellersdorf - Obstverkäufer auf dem Winterfeldmarkt Schöneberg.

Die Fotos der beiden Hingucker-Reisen nach Ost- und Westberlin zeigen eindrucksvoll, wie unkonventionell Kinder wahrnehmen und was sie fasziniert. Herausgepickt wird oft etwas, was sich Erwachsenen erst auf den 2. Blick erschließt: der Busch vor dem Haus erscheint zunächst banal und unspektakulär – bis man das Herz darin erkennt. Berlin bietet für Kinder viele solcher verborgenen und überraschenden Motive mit allen Kontrasten. Die Hingucker haben das erkannt und ihre dabei entstandenen Hingucker portraitieren die beiden Bezirke in ausgefallener Weise und erweitern das Spektrum gängiger Berlinansichten.

Foto: Elias Widmann (9 Jahre), Schöneberg - Gärten der Welt

Realisiert wurde das Projekt mit der professionellen Unterstützung der Fotografin Gab Kiess, die sich beileibe nicht in der Rolle einer ‚Anweiserin’ sieht, ganz im Gegenteil. Sie arbeitet seit 2007 mit Kinder- und Jugendprojekten, so auch den Hingucker im Jahr 2009. Als Fotograf/-in arbeite man ja immer erst einmal alleine, aber in der Begegnung mit den Kindern ist es ein Austausch. Sie gibt ihnen natürlich anfangs ihr Fachwissen und eine Unterweisung in technische Aspekte, lernt aber von den Kindern sehr viel über deren Sichtweisen und Blickwinkel, die auch für sie in ihrer Bildsprache und Lebendigkeit manchmal überraschend anders sind. Es ist ihr auch wichtig, dass Kinder, die täglich mit einer Flut von Bildern überschüttet werden, sich die Bilder bewusst machen, sich fragen, was sie bedeuten. Es geht insofern grade darum, den Blick im Alltäglichen zu schärfen und das vermeintlich Gewohnte bewusst wahrzunehmen. Sie mache eigentlich nichts anderes, als die Kinder anzuleiten, ihnen ein paar Gestaltungsmittel zu zeigen (Perspektive, Diagonalverlauf, Lichtführung etc.). Die Kurse fangen immer so an, dass die Kinder erst einmal gar nichts sehen und am Schluss sind sie dann nur noch am Fotografieren.

Die Ergebnisse sind sehenswert.

C.F.

Die ungewöhnliche Ausstellung ist seit Samstag, dem 5. Februar 2011 (bis zum 5. März) in der Pyramide zu sehen (Riesaer Str. 94, 12627 Berlin, Montags bis Freitags 10:00 bis 18:00 Uhr).
Die Eröffnung in Schöneberg wird am Freitag, den 8. April 2011 um 17:00 Uhr zum Tag der offenen Tür der Grundschule am Barbarossaplatz stattfinden.

Fotos der Aktion 2009 der Hingucker sind vom 24. Februar 2011 bis 31. Mai in der Geschäftsstelle des Humanistischen Verbandes Berlin (Wallstraße 61-65, von Montags bis Donnerstags, 09:00 bis 16:00) zu sehen. Vernissage ist am 24. Februar um 16:00 Uhr.

Das Projekt Hingucker 2> wurde vom Kinder- und Jugendbüro Marzahn-Hellersdorf, einer Einrichtung des Humanistischen Verbandes Berlin umgesetzt. Es wurde mit Mitteln des Berliner Projektfonds Kulturelle Bildung finanziert und steht – dem interberlinischen Austauschgedanke verpflichtet – unter der Doppelschirmherrschaft der beiden Bezirksbürgermeister Dagmar Pohle (Marzahn-Hellersdorf) und Ekkehard Band (Tempelhof-Schöneberg).

Der Eintritt ist frei.