„Den Menschen zu zeigen, wo es zu Gott geht”

overbeck.gif

Abb.: Screenshot der Bischofsseite des Bistums Essen

DORTMUND-BUER. (hpd/rb) Der „Intellektuelle“ und „Mitarbeiter Gottes“, der Militär-, Diözesan- sowie Titularbischof, der Doktor der Theologie Franz-Josef Overbeck ist im Auftrag des Herrn unterwegs. Nun auch in Afghanistan zu „seinem ersten pastoralen Besuch in Mazar-e Sharif und Kunduz.“ Einige Anmerkungen und ein Kommentar dazu von Gerd Herholz.

Wer schnell was wissen, nichts behalten oder glauben will, der schlägt nach bei Wikipedia. Zum Stichwort „Franz-Josef Overbeck“ trumpft der Wikipedia-Eintrag gleich zu Beginn auf mit dem skurrilen Satz: „Franz-Josef Overbeck, dessen Vater Hans-Josef Landwirt und Besitzer einer Schnapsbrennerei war, studierte nach seinem Abitur (…) zunächst zwei Semester Philosophie und Katholische Theologie an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster.“

So fangen Romane an, finden Sie nicht?

Von Marl ins untergegangene Mathara

Geboren und aufgewachsen in Marl, spirituell früh gereift in Münster, danach ging’s hinaus in die weite Welt, Rom war da nur eine Station. Papst Benedikt XVI. ernannte 2007 Franz-Josef Overbeck sogar zum Titularbischof von Mathara in Numidia. „Die Bezeichnung Titularbischof rührt daher, dass nach katholischer Tradition jeder Bischof auf den Namen einer Diözese geweiht wird. Beim Titularbischof ist das eine untergegangene, historische Diözese.“

Numidien & Zamonien

Ich selbst würde ja gern Bischof von Zamonien werden, fürchte aber, Walter Moers I. wird mich dazu nicht mehr ernennen.

Wo liegt denn eigentlich Numidien genau? Egal. Und nur damit ich’s nicht vergesse, reiche ich’s noch nach: Franz-Josef Overbeck wurde 2000 zum Dr. theol. promoviert mit einer sogenannten „dogmatischen Arbeit“ unter dem Titel „Der gottbezogene Mensch. Eine systematische Untersuchung zur Bestimmung des Menschen und zur «Selbstverwirklichung» Gottes in der Anthropologie und Trinitätstheologie Wolfhart Pannenbergs“. Falls Sie mal gründlich nachlesen wollen.

Wirklich spannend. Mit Pannenberg wollte ich mich auch schon immer befassen, kam aber nie dazu, schade. Ich habe mich einfach zu viel mit der Bedeutung gelb-roter Adlerkopf-Totempfähle bei den Sioux-Indianern des frühen 19. Jahrhunderts beschäftigt. So etwas hält auf.

Wie auch immer. Da ich es nicht zum Pannenberg geschafft habe, kommt eben sein Prophet zu mir. Und das rührt nicht nur daher, dass Hochwürden Overbeck seit 2009 der vierte Bischof des Ruhrbistums ist, also irgendwie auch für mich zuständig. Damit er aber auch mal rauskommt hier, hat ihn „il Papa“ Benedetto 2011 sicherheitshalber auch zum Militärbischof der Deutschen Bundeswehr ernannt. Oder muss man „geweiht“ sagen?

Gibt es eigentlich auch einen Militärbischof bei den Evangelen, einen obersten Militär-Imam für die Muslime, einen Superrabbi für die jüdischen Mitbürger in Uniform? Und die nichtgläubigen Humanisten? Werden die von einer philosophischen Praxis für Krieg- und Friedensberatung versorgt?

2,12 Meter: mit Mitra

Kürzlich hat Militär- und Diözesanbischof Dr. theol. Franz-Josef Overbeck auch deutsche Soldaten nahe dem Hindukusch besucht, kam dann zügig vor ein paar Tagen auch nach Gelsenkirchen-Buer, um ein Denkmal einzuweihen: für Kardinal von Galen, der naturgemäß – wie fast alle in der katholischen Kirche – ein Gegner der Nazis war. So was weiß man einfach.

Auch für mich war Overbecks Besuch in Buer was Besonderes, weil die WAZ – wie immer im Lokalteil – vorzugsweise Christ-Kirchliches mehr als ausführlich berichtet. Aber es war wohl auch etwas Besonderes für Overbeck selbst, stammt doch sein Vater aus Buer, wie das Ruhrbistum online zu berichten weiß: „Sein Vater erblickte in Gelsenkirchen-Buer das Licht der Welt. Doch Overbeck ist ein Westfale, blond, groß gewachsen. Mit Mitra komme er auf stattliche 2,12 Meter, hat er einmal humorvoll bemerkt.“

Das Schlitzohr, das.

„Franz-Josef, Bischof für das Volk“

„Overbeck, promovierter Theologe und mit 47 Jahren der jüngste katholische Bischof in Deutschland, ist ein Intellektueller. Er ist belesen, ein Freund von moderner Kunst, Theater und Oper. Er ist ein Mann klarer Worte, dem Eindeutigkeit und Entschlossenheit, aber auch Einfachheit und Bescheidenheit nachgesagt werden. ‚Grundlegend bleibt, dass wir alle Mitarbeiter Gottes sind, die bescheiden bleiben und ihren Dienst tun, den die Kirche und viele Menschen selbstverständlich erwarten dürfen‘, hat er einmal betont. Den Menschen zu zeigen, ‚wo es zu Gott geht‘, das sieht Overbeck als seine wichtigste Aufgabe an. Bezeichnend ist eine Besonderheit an der Unterseite seines Bischofsringes: ‘Franz-Josef, Bischof für das Volk’, ist dort in Abkürzungen und in lateinischer Sprache eingraviert.“

Würde ich gern mal nachlesen, Latein habe ich schließlich gelernt. Aber Latein in Abkürzungen? Halt ein Bischof fürs Volk.

Auch in Buer – so die WAZ – hat Overbeck sehr schön übers Volk gesprochen.

„Das Leben der Christen braucht Mut zum Zeugnis, ein unbedingtes Eintreten für die Rechte und Würde aller Menschen, auch derer, die behindert, arm und krank sind“, sagte er und ermunterte die Gläubigen, ‚im öffentlichen Leben und kleinen Alltag‘ für die Meinungsfreiheit und den Glauben einzutreten.“

„Religion ist keine Privatsache“

„Religion ist keine Privatsache“, ermahnte zuvor schon Propst Wilhelm Zimmermann in der hl. Messe die Gläubigen in den voll besetzten Kirchenbänken, wo auch Oberbürgermeister Frank Baranowski saß und all die anderen guten Leute der KKV Buronia (Katholiken in Wirtschaft und Verwaltung), unter deren Schirmherrschaft die Segnung des Denkmals stattfand.

Klare Worte und sie freuen auch mich, das Heidenkind, das als schwarzes Schaf, ja, ich bekenne, als verlorenes Schäfchen des Militärbischofs, wankelmütig auf dieser Welt wandelt und werkelt und dem Manne nicht ganz trauen mag. Was passiert denn normalerweise mit Schäfchen, Schafen auch bei den besten Hirten? Sie werden geschoren, gemolken, geschlachtet. Aber das mit den Schäfchen meinen die Abergläubischen gar nicht so – glaube ich – das ist – sagen sie – nur eine Metapher für was Anderes. Aber für was?

Bevor Dr. theol Overbeck unser Buer besuchte, hatte er auch schon einmal gläubige Soldaten besucht, die von Mazar i Sharif und anderswo eine Wallfahrt nach Lourdes gemacht hatten. Auch dort war seine Exzellenz wieder ganz der Kumpel:

„Hier oben im Feldlager sind die Soldaten, die sonst harte Kerle sein müssen, nachdenklich. Zu ihnen ist der neue katholische Militärbischof, Franz-Josef Overbeck, gekommen. Seit einem Jahr, seit dem Rücktritt von Bischof Walter Mixa, war das Amt nicht besetzt. Nach dem Gottesdienst kommt der Essener Ruhrbischof zum Gemeinschaftsplatz, um mit ihnen zu reden, um sich vorzustellen. Er macht das ziemlich locker. Schon zuvor hat er erklärt, wie er sein Amt versteht. Er sei nicht ‚der’ Militärbischof, ‚ich bin der katholische Militärbischof der Deutschen Bundeswehr‘, sagt er der WAZ. (…). In Lourdes tragen Militärgeistliche anderer Länder auch militärische Abzeichen auf der Soutane. ‚Ich bin Zivilist‘, hält Overbeck dagegen. ‚Das Einzige, das ich tragen muss, ist eine Schutzweste.‘“

Eine Schutzweste? In Lourdes? Gegen was genau?

Unterm Stahlhelm – immer ein kluger Kopf

Tatsächlich in Schutzweste und das Haupt unterm Stahlhelm sieht man den Bischof dann in einem anderen WAZ-Bericht aus Afghanistan. Auch hier findet Zivilist, Christ und Militärbischof Dr. theol. Overbeck wieder die richtigen Worte: „Die Soldatinnen und Soldaten sind ganz anders aufeinander angewiesen, weil sie hier immer beieinander sind.“

Und die WAZ weiter: „Militärbischof Franz-Josef Overbeck kann Kirche und Gewalt am Hindukusch miteinander in Einklang bringen. Die katholische Kirche rede nicht mehr, wie es noch Kirchenlehrer Thomas von Aquin (1225-1274) tat, von einem ‚gerechten Krieg‘. ‚Wir reden von einem gerechten Frieden.‘ Gewalt könne nur die Ultima Ratio, das allerletzte Mittel sein. ‚Gewalt darf nur angewendet werden, wenn es das eigene Leben oder das Leben anderer schützt.‘ Er verstehe daher seine Aufgabe als Militärbischof auch als Aufgabe, für eine ethische Gewissensbildung der Soldaten sorgen.“ (sic!)

Screenshot aus der Internetseite: kmba.militärsseelsorge-bild..."Militärbischof in Afghanistan"

„Freude und Hoffnung“

Zuvor hatte der katholische Militärseelsorger Andreas Vogelmeier der WAZ gegenüber schon erklärt, dass er den Afghanistan-Krieg als Mann der Kirche mittragen könne.

„Er als Mann der Kirche könne das alles jedoch mittragen. ‚Ich stehe dazu, warum die Bundeswehr hier ist. Ich traue dem politischen Mandat, ich vertraue den Kontrollmechanismen.‘ Gestützt fühlt er sich auch durch ein Schreiben des Zweiten Vatikanischen Konzils ‚Gaudium et Spes‘ (Freude und Hoffnung). Es besagt, dass ein Soldat, der seine Aufgabe auf dem Boden des Grundgesetzes erfüllt, dem Frieden diene.“

Ein Soldat, der seine Aufgabe auf dem Boden des Grundgesetzes erfüllt, dient dem Frieden. Schön. Man darf Sprache eben nur nicht beim Wort nehmen, denn dann würde man bemerken: Der Afghanistan-Krieg findet eben nicht auf dem Boden des Grundgesetzes statt, sondern auf dem Afghanistans. Auf dem Boden des Grundgesetzes, das noch nicht ganz am Boden liegt, steht dagegen der Artikel 26: „(1) Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten, sind verfassungswidrig. Sie sind unter Strafe zu stellen.“

Aber was soll’s. Kann man doch alles „reformieren“, novellieren, ein bisschen umformulieren. Das könnte man sich eigentlich auch mal für die zehn Gebote vornehmen, etwa das fünfte. Dabei sollte man allerdings sehr sorgfältig arbeiten, schließlich muss so ein Gebot wahrscheinlich wieder 2000 Jahre halten.

„Du sollst nicht töten – es sei denn für einen gerechten Frieden auf dem Boden des Grundgesetzes.“

Ginge das? Politisch korrekt wär’s. Hmmhh …

Ach, passt!

 

Erstveröffentlichung bei den Ruhrbaronen.