Religiöse Rechte - Notizen Juli 2012

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US-Flag / Foto: Andrea Church (morguefile)

USA. (hpd) Der Juli ist vorbei. Neben den üblichen Ausfällen gegen Schwule oder Muslime wurde der vergangen Monat vor allem vom Amoklauf in einem Kino in Colorado überschattet. Wie so oft bei verheerenden Unglücksfällen war die Christliche Rechte schnell mit Schuldzuweisungen und Verschwörungstheorien zur Stelle.

Mit Nessie gegen die Evolution: An privaten christlichen Schulen soll das Monster von Loch Ness bald die christliche Schöpfungslehre beweisen. Die Schüler werden gefragt was realistischer ist. Hat Nessie nur einige tausend Jahre seit der Sintflut überlebt, oder mehrere Millionen Jahre? Außerdem sei wahrscheinlicher, dass es sich bei Nessie um eines der Ungetüme aus der Bibel handele, als dass ein Fisch sich in einen Dinosaurier verwandelt hätte. (Quelle)
 

Die ständigen Attacken gegen US-Präsident Obama gewannen diesen Monat immerhin an Originalität. Der Vorsitzende der Tea Party Nation, warf ihm vor, in seiner Jugend Drogen konsumiert und homosexuelle Beziehungen gehabt zu haben. Cliff Kincaid erweiterte den Birther-Mythos noch einmal. Angeblich sei der wahre Vater Barack Obamas Frank Marshall Davis, ein afro-amerikanischer Bürgerrechtler, der in der Vergangenheit den Zorn der Konservativen auf sich zog. (Quelle 1) (Quelle 2)
 

Buster Wilson warf dem Ministerium für Heimatschutz vor, sich auf einen Bürgerkrieg vorzubereiten. Präsident Obama baue seine eigene Armee aus „Braunhemden“ auf.
(Quelle)
 

Die American Family Association von Florida attackierte Lady GaGa, die sich für Homosexuellenrechte ausgesprochen hatte. Viele Jugendliche, die eine schwere Krise durchlaufen, würden von ihr dazu animiert, gleichgeschlechtlich zu lieben. Bryan Fischer warf Schwulen vor „giftigen, dämonischen Hass“ gegen Heterosexuelle und Christen zu verbreiten. Außerdem sollten Homosexuelle, die in einer gegengeschlechtlichen Partnerschaft ein Kind gezeugt hatten, nicht mehr das Sorgerecht ausüben dürfen und nur unter Überwachung mit ihren Kindern in Kontakt treten, da eine enorme Gefahr für Kindesmissbrauch bestehe. (Quelle 1) (Quelle 2) (Quelle 3)

Außerdem schlug Fischer ein Gegenmodell zur Gesundheitsreform von Obama vor. Man solle alle US-Bürger zwingen, in die Kirche zu gehen und eine Strafsteuer gegen alle Unwilligen verhängen. Kirchgänger hätten allgemein eine bessere Gesundheit. (Quelle)
 

Uneinigkeit über Marvel Comics: Die American Family Association von Florida verurteilte den neuen Band der X-Men-Reihe. Dort heiratet der schwule Superheld North Star. Der Handel solle den betreffenden Comic aus dem Vertrieb nehmen. Lou Engle hingegen war vom Film „The Avengers“ begeistert. Wenn er vom heiligen Geist beseelt sei, fühle er sich genauso mächtig wie der grünhäutige „Hulk“. (Quelle 1) (Quelle 2)
 

Kamal Saleem, ein arabischer Christ, der nur wenig glaubwürdig von seiner Vergangenheit als islamischer Terrorist erzählt, berichtete in diesem Monat, dass er bereits als 7-Jähriger Waffen von Syrien nach Israel geschmuggelt hätte. General Boykin suggerierte, dass Obama Mitglied der Muslimbruderschaft sei, oder zumindest deren Unterwanderung der US-Regierung gebilligt hätte. In diesem Monat wurde Boykin zum Vizepräsidenten des Family Research Council ernannt. (Quelle 1) (Quelle 2) (Quelle 3) (Quelle 4)

Dreh- und Angelpunkt einer angeblichen islamischen Infiltration der US-Regierung ist Huma Adebin, eine Mitarbeiterin Hillary Clintons. Dass sie mit dem jüdischen Politiker Anthony Weiner verheiratet ist, sorgte für weitere Spekulation. Da eine Ehe Jude-Muslima laut Islam verboten sei, hätte Abedin entweder eine islamische Dispensation erteilt, oder aber Anthony Weiner selbst sei insgeheim zum Islam konvertiert. (Quelle)

Umgekehrt sind aber auch christlich-islamische Ehen sehr unbeliebt. Pat Robertson riet einem seiner Fernsehzuschauer seine islamische Partnerin zu verlassen oder aber, sie vom Christentum zu überzeugen. (Quelle)

Für die Republikanerin Valarie Hodges aus Lousiana ist der Islam offensichtlich keine Religion. Sie hatte einem Gesetzesentwurf zugestimmt, der religiöse Schulen bezuschusst, dann aber erstaunt festgestellt, dass auch islamische Schulen von staatlichem Geld profitiert hatten. Sie verwehre sich dagegen, islamische Missionierung zu finanzieren. (Quelle)
 

Trauriger Höhepunkt des Monats war der „Batman-Amoklauf“ in Colorado. Attentäter James Holmes betrat am 20. Juli schwer bewaffnet ein Kino, in dem die Comic-Verfilmung „The Dark Knight Rises“ Premiere feierte. Er zündete eine Rauchbombe und schoss wahllos um sich. 12 Menschen starben, viele weitere wurden schwer verletzt. Bis zum heutigen Tag fragen sich die Amerikaner, wieso es zu dieser Bluttat kommen musste. Holmes hat seine Motive nicht offengelegt. Dies führte vor allem in der Christlichen Rechten zu Spekulationen darüber warum Holmes zu dieser mörderischen Tat schritt.

Rick Warren, der „Pastor der Nation“, sah die Evolutionstheorie für das Massaker verantwortlich. Er twitterte: „Wenn man Schülern beibringt, dass sie Tiere sind, dann handeln sie auch so.“ Kurze Zeit später war ihm der Tweet selbst peinlich, so dass er ihn wieder verschwinden ließ. Auf Screenshots ist er jedoch festgehalten. Operation Save America attackierte den angeblichen Occupy-Wallstreet-Teilnehmer (dafür gibt es derzeit keine Beweise) James Holmes. Er habe gemordet, weil die Demokratische Partei, die Abtreibung zulässt, zu einer „Kultur des Todes“ beigetragen habe. Laut American Family Association, seien die liberalen christlichen Konfessionen, die Jesus nicht mehr wirklich ehren, ebenso für das Massaker verantwortlich. (Quelle 1) (Quelle 2) (Quelle 3)

Für Bryan Fischer war das Massaker die logische Folge davon, dass man Schulgebete untersagt und die 10 Gebote aus dem Bildungswesen verbannt hätte. Jerry Newcombe war der Meinung, dass niemand, dem die Realität der Hölle bewusst sei, zu so einer Straftat fähig wäre. Einige Zeit später entschuldigte er sich bei allen, die von der Art und Weise, in der die Medien über ihn berichtet hatten, beleidigt seien. (Quelle 1) (Quelle 2) (Quelle 3)

Larry Pratt von den Gun Owners of America wartete mit einer Verschwörungstheorie auf. Vermutlich hätten Kreise in Washington das Massaker inszeniert, um eine Beschlagnahmung aller Waffen in den USA fordern zu können, was die nötige Vorstufe zur Errichtung einer Diktatur sei. Soweit wollte Gary Bauer nicht gehen, doch warf er den Medien vor, sich auf das Unglück zu stürzen, um gegen die Tea Party zu hetzen. (Quelle 1) (Quelle 2)

Für Politiker Louie Gohmert war klar, dass der Anschlag nicht stattgefunden hätte, wenn Amerika das Christentum strenger befolgt hätte. Die Frage nach strengeren Waffengesetzen stellt sich für ihn nicht. Vielmehr zeigt er sich verwundert, dass kein anderer Kinobesucher bewaffnet war, um den Attentäter niederzustrecken. Holmes war auch für diesen Fall vorbereitet und trug eine schusssichere Weste. Außerdem verstieg sich Gohmert zu der Behauptung, alle Selbstmorde im US-Militär seien von Atheisten verübt worden, die er statistisch nicht untermauern kann. (Quelle 1) (Quelle 2)
 

Rassismus ist in der christlichen Rechten noch lange nicht ausgestorben, wie ein Fall aus Mississippi zeigt. Ein schwarzes Paar wollte in ihrer mehrheitlich weißen Baptistengemeinde heiraten, doch diese verwehrte sich. Der Pastor der Kirche war zur Trauung bereit, wurde von den Mitgliedern jedoch mit Entlassung bedroht. Eine mehrheitliche schwarze Kirche fand sich zur Eheschließung bereit. (Video)

Bill Keller hatte bereits im letzten Monat verkündet, jeder aufrichtige Christ müsse bei den Wahlen nicht für Obama oder Romney stimmen, sondern stattdessen „Jesus“ auf den Wahlzettel schreiben. Laut eigenen Angaben hat er mittlerweile eine Viertelmillion-Wähler von seinem Plan überzeugen können. Sollte dies tatsächlich eintreffen, dürfte ein Sieg Romneys immer unwahrscheinlicher werden. (Quelle)

Redaktion und Übersetzung: Lukas Mihr