WIEN. (hpd/irp) Die gestern in Wien vorgestellte Plattform "Ethik für ALLE", die sich für einen vom Religionsunterricht losgelösten Ethikunterricht einsetzt, stößt auf breite Unterstützung. Die verschiedensten Mitglieder der Plattform deren Teilnehmer sich für einen weltanschaulich neutralen, fundierten und für ALLE Schüler verpflichtenden Ethikunterricht einsetzen sind sich einig: Sachlichkeit, Gleichbehandlung und Qualitätssicherung.
Heinz Oberhummer, Vorstand der "Initiative Religion ist Privatsache", stellte gleich in seinem Eröffnungsreferat auf der Pressekonferenz die drei Grundprinzipien der Plattform vor: Sachlichkeit, Gleichbehandlung und Qualitätssicherung: "Eine sachliche Behandlung des Themenkomplexes 'Ethikunterricht' kann nur dann gewährleistet sein, wenn ausschließlich Philosophen und Pädagogen solch ein wichtiges Schulfach gestalten und nicht Theologen. Davon sind wir derzeit aber weit entfernt." Als diskriminierend bezeichnete Oberhummer den Umstand, dass der Besuch des Ethikunterrichts davon abhänge, ob ein Schüler den Religionsunterricht besucht oder nicht. "Eine weltanschauliche Trennung innerhalb des Klassenverbands kann aber in Österreich im Jahr 2012 ganz einfach nicht hingenommen werden", so Oberhummer, der anschließend auch die Parameter der Qualitätssicherung für den Ethikunterricht vorstellte: "weltanschauliche Neutralität und entsprechend fundiert ausgebildete Ethiklehrer, die keine konfessionelle Lehrbefugnis besitzen".
Abschließend hielt Oberhummer fest, dass der hohe Stellenwert, den ein fundierter Ethikunterricht quer durch alle politische Lager genießt, konsequenterweise nur eines bedeuten kann: "Ethik für ALLE und zwar von der Höheren Technischen Lehranstalt bis zur konfessionellen Privatschule; ethikfreie Enklaven darf es in Österreich einfach nicht geben".
"Eine klare Trennung zwischen Ethik und Religion zu schaffen und dem Ethikunterricht eine klare Vorrangstellung zu verleihen" gilt für Tatjana Gabrielli, Vorsitzende der "Aktion Kritischer Schüler_innen" (AKS), als Gebot der Stunde. "Ethik und Religion können nicht Hand in Hand gehen! Der Ethikunterricht muss den Religionsunterricht vollständig ersetzten und von Lehrpersonen unterrichtet werden, die vom Staat und nicht der Kirche bestellt werden" so Gabrielli, die im 21. Jahrhundert "keinen Platz mehr in öffentlichen Bildungseinrichtungen für unwissenschaftliche und längst überholte Ansichten" ortet. Für Gabrielli gilt folglich eine einzige Handlungsvariante: "Religion als Pflichtfach ist so schnell wie möglich abzuschaffen. Sowie, nebenbei, auch der Schulversuch 'Ethikunterricht' in seiner jetzigen Form."
„Ethik und Religion können nicht Hand in Hand gehen“
Jürgen Wutzlhofer, Bundesgeschäftsführer der Österreichischen Kinderfreunde, tritt grundsätzlich dafür ein, dass "Kinder auch in der Schule Werte vermittelt bekommen". Für Wutzelhofer geht es dabei um "die Grundwerte der Aufklärung und den demokratischen Grundkonsens von Solidarität, Freiheit und Zivilcourage". Wutzelhofer: "Diese Werte sind Grundlage des gesellschaftlichen Zusammenlebens und mehr als eine Alternative für all jene, die sich gegen den Religionsunterricht entscheiden. Wir fordern daher: Ein differenzierter, gegenüber allen Religionen äquidistanter Ethikunterricht soll ALLEN SchülerInnen zugute kommen und nicht als Verpflichtung für jene, die sich von Religion abmelden, missverstanden werden."
Für Nikolaus Scherak, Bundesvorsitzender der Jungen Liberalen (JuLis), gilt in einer Demokratie die "saubere Trennung von Staat und Religion" als eines der "höchsten Gebote". Vor diesem Hintergrund bildet für Scherak die bereits jetzt geltende Praxis des "Ethikunterricht als Ersatzpflichtgegenstand zum Religionsunterricht", die den Kern des seit 15 Jahren laufenden Schulversuchs darstellt, einen "krassen Verstoß gegen die Grundwerte, die unsere Demokratie ausmachen".
Im Rahmen seines Beitrages setzte sich Scherak auffällig kritisch mit dem aktuellen Diskurs auseinander: "Bis jetzt wurde der Ethikunterricht immer nur als Ersatzgegenstand für den Religionsunterricht betrachtet. In der Tat geht es hier also offensichtlich um die Zementierung des Religionsunterrichts". Im Zusammenhang mit dem Ruf nach Ethik sieht Scherak aber auch "eine kritisch zu hinterfragende Tendenz hin zu staatlicher Kindererziehung, die ausgerechnet durch den zunehmend unpopulären Religionsunterricht ausgelöst wird". Für Scherak wäre der Ethikunterricht nur als "flächendeckend eingeführter und alle Kinder zu einer kritischen Auseinandersetzung mit Werten und Weltanschauungen animierender Pflichtgegenstand" denkbar. Solch ein Ethikunterricht kann jedoch, so Scherak, mit einem konfessionellen Religionsunterricht jedoch "unter keinen Umständen verglichen werden".