AHA! Fernseh-Adel

aha_fernseh-sirs.jpg

Bearbeitung und Collage: F. Lorenz

(hpd) Fernsehstars werden in Großbritannien für ihre Verdienste geehrt. Einige haben sich nicht nur als großartige Dokumentarfilmer oder bedeutende Gastgeber von Talkshows, sondern auch in anderen Lebensbereichen hervorgetan. Vier von ihnen stellt der hpd heute vor. Bis auf einen tragen alle den Titel Sir vor ihrem Namen. Und sie bekennen sich öffentlich zu ihrem Unglauben.

Was ist nur in Deutschland los? Die Frage stellt sich, wenn man sieht, mit welcher Selbstverständlichkeit hoch angesehene Prominente in anderen Ländern ihren Unglauben kundtun. Weshalb tun das nicht auch deutsche Prominente? Oder sind es die deutschen Medien? In anderen Ländern jedenfalls geht das Thema offenbar leichter von der Hand.

 

Die AHA!-Fernseh-Adligen sind nach Geburtsdatum sortiert.

 

Sir David Frederick Attenborough, geboren am 8. Mai 1926, ist eine britische Fernsehpersönlichkeit und ein Naturalist. Seine Karriere als Gesicht und Stimme von naturhistorischen Programmen besteht bereits seit rund sechzig Jahren. Am meisten ist er dafür bekannt, die neun Life-Serien geschrieben und präsentiert zu haben, gemeinsam mit der BBC Natural History Unit, die eine umfassende Studie allen Lebens auf der Erde betreiben.
Als einziger hat Attenborough einen BAFTA (British Academy of Film and Television Arts), den renommierten britischen Filmpreis, in Schwarzweiß, Farbe, HD und 3D gewonnen.
Weithin wird Attenborough in Großbritannien als Nationalheiligtum angesehen, auch wenn ihm an dieser Bezeichnung nichts liegt. 2002 wurde er zu einem der 100 bedeutendsten Briten erklärt. Er ist einer der jüngeren Brüder des Regisseurs, Produzenten und Schauspielers Richard Attenborough.
Als er 1979 mit Life on Earth begann, schuf David Attenborough ein Werk, das zum Qualitätsmaßstab des Films der Tierwelt wurde und eine Generation von Dokumentarfilmern beeinflusste. Die Serie begründete zudem etliche Kennzeichen der Produktion von Naturgeschichte durch die BBC. Indem er das Thema ernstnahm und die neuesten Entdeckungen erforschte, gewannen Attenborough und sein Team das Vertrauen der wissenschaftlichen Community, die ihm daraufhin erlaubte, ihre Untersuchungsgegenstände in seinen Programmen zu zeigen. Beispielsweise wurde Attenborough und seiner Crew vorrangig gestattet, Dian Fosseys Forschungsgruppe der Berggorillas zu filmen. Ein weiterer Faktor waren die Innovationen von Life on Earth: Neue Filmtechniken wurden entwickelt, um die Einstellungen zu bekommen, die Attenborough wollte, mit dem Fokus auf Ereignisse und Tiere, die bis dato nicht gefilmt worden waren.
Nach dem Erfolg von Life on Earth zeigte die BBC fünf Jahre darauf The Living Planet, wo Attenborough das Thema Ökologie aufgriff, die Anpassung von Lebewesen an ihre Umgebung. Nach dem enormen internationalen Erfolg dieser Serie vervollständigte The Trials of Life die originäre Life-Trilogie, indem sie Tierverhalten durch die unterschiedlichen Stadien des Lebens betrachtete. Den Serien folgten einzelne Dokumentarfilme.
In einer BBC-Dokumentation wurde Attenborough zu Gott befragt:
„BBC: Die Frage nach Gott kommt für jeden auf, der sich mit der naturkundlichen Welt befasst, so wie Sie es taten. Wurden Sie religiös erzogen?
Attenborough: Nicht im Geringsten, nein.
BBC: Waren Sie jemals in irgendeiner Form gläubig?
Attenborough: Nein.
Ich finde es wesentlich fantastischer, wundervoller, dass die Schöpfung, unser Auftauchen in der Welt, der Höhepunkt, oder jedenfalls eines der späteren Produkte von 3.000 Millionen Jahren organischer Evolution sein soll, als eine Art ländlicher Trick, bei dem aus der Seite eines Mannes in Trance eine Rippe entfernt wurde.“

BBC: The question of God arises for anyone who studies the natural world, as you have. Was it a religious upbringing?
Attenborough: Not at all, No.
BBC: Have you, at any time, had any religious faith?
Attenborough: No
I find it far more awesome, wonderful, that creation; our appearance in the world; should be the culmination, or at least one of the latest products of 3,000 Million years of organic evolution, than a kind of country trick, taking a rib out of a man's side in a trance.

In einem Interview mit der Daily Telegraph meinte Attenborough:
„Es kam mir nie wirklich in den Sinn, an Gott zu glauben.“
"It never really occurred to me to believe in God."

(Wer David Attenborough live sehen will, kann das hier tun, in einer Sendung Friday Night with Jonathan Ross: Teil 1 / Teil 2)

 

Sir Michael Parkinson, geboren am 28. März 1935, ist eine englische Fernsehpersönlichkeit, ein Journalist und Autor. Er präsentierte seine Talksendung Parkinson von 1971 bis 1982. Vom Guardian wurde er als „der bedeutende Talkshow-Gastgeber“ bezeichnet.
Parkinson oder „Parky“ wurde in einem Dorf als Sohn eines Minenarbeiters geboren. Er begann als Journalist in lokalen Zeitungen in Yorkshire. Seine Herkunft und sein Akzent machen zum Teil seinen Reiz aus. Er war für den Manchester Guardian und später in London für den Daily Express tätig.
In den 1960ern ging Parkinson zum Fernsehen. Er arbeitete für Nachrichtensendungen für die BBC und Granada Television in Manchester. Ab 1969 präsentierte er bei Granada die Sendung Cinema, in der er Filme vorstellte und in der er sein erstes Interview mit einem Star führte, mit Laurence Olivier.
Seine eigene Sendung Parkinson (1971-1982) wurde 1998 wieder aufgenommen, bis Dezember 2007, als er die BBC für den Sender ITV1 verließ. Nach eigenen Angaben hat er 2000 Prominente interviewt, unter ihnen Muhammed Ali, Marlon Brando, Fred Astaire, Paul McCartney, George Michael und Mel Gibson.
Parkinson gehörte zu den Aushängeschildern der BBC zur Hauptsendezeit. Pro Sendung gab es nur einen Gast und der Gastgeber erlaubte seinen Gästen, sie selbst zu sein.
Dem Guardian erzählte er in einem Interview im Mai 2009:
„Ich glaube nicht an Gott, aber ich bete wie jeder andere. Albern, nicht wahr? Ich habe früher gebetet, dass ich ein gutes Interview führen würde, dass es den Kindern gut ginge. Es ist ein Mittel, den unbewussten Wunsch zu bekräftigen, dass die Dinge gut laufen werden. Ich sehe die Unvereinbarkeit nicht.“
"I don't believe in God, but I pray like everybody else. Silly, isn't it? I used to pray that I would do a good interview, that the children would be looked after. It's a way of reaffirming the subconscious desire that things are going to be all right. I don't see the incompatibility."

 

David Starkey (CBE), geboren am 3. Januar 1945, ist ein britischer Verfassungshistoriker sowie eine bekannte Radio- und Fernsehpersönlichkeit.
Starkey wurde als einziges Kind von Quaker-Eltern geboren. Mit einem Stipendium studierte er in Cambridge, wo er sich auf die Geschichte der Tudors spezialisierte. Danach lehrte er bis 1998 an der London School of Economics Geschichte.
Im Fernsehen trat er 1977 erstmals auf. Während seiner regelmäßigen Beiträge in einem Debattier-Programm von BBC Radio 4, The Moral Maze, brachten ihm seine bissigen Beiträge den Beinamen „rüdester Mann in Britannien“ ein. Seine häufigen Auftritte in Question Time erhielten Kritik und Beifall. Starkey hat mehrere Geschichtsdokumentationen präsentiert. 2002 unterzeichnete er einen Vertrag mit Channel 4 über £2 Millionen für ein Programm von 25 Stunden. Zudem hat Starkey mehrere Bücher über die Tudors verfasst.
2007 wurde er zum CBE (Commander of the Most Excellent Order of the British Empire) ernannt, ist Ehrenmitglied der National Secular Society und ein feuriger Unterstützer der Gleichstellung von Heterosexuellen und Homosexuellen. Er lebt offen schwul mit seinem langjährigen Partner im Süden Englands.
In einem Interview mit der Sunday Telegraph im November 2006 erklärte er seine atheistische Position:
„Ich persönlich finde die Einschließlichkeit und Ungewissheit der Church of England so schrecklich wie die spröde, in Eisen eingefassten Gewissheiten des Islam und mir wäre viel lieber, der Vorsitzende der National Secular Society würde das Krönungsschwert hochhalten. Aber das wird nicht passieren. Obwohl ich Atheist bin, verstehe ich – anders als Richard Dawkins – die Wichtigkeit religiösen Antriebs und stehe dem weitgehend sympathisierend gegenüber – außer wenn es mit dem Politischen kurzgeschlossen wird, was Henry tut, was der moderne Islam will und womit Tony Blair und George Bush flirten.“
"Personally, I find the inclusiveness and uncertainty of the Church of England as horrible as the brittle, iron-edged certainties of Islam and I would much rather the chairman of the National Secular Society held up the Coronation sword. But I can't see that happening. Although I am an atheist, unlike a Richard Dawkins, I understand the importance of religious motive and, broadly, I am sympathetic to it - except when it is fused with the political, which is what Henry does, and which modern Islam wants to do, and also what Tony Blair and George Bush flirt with." (Nigel Farndale interviewing David Starkey, Sunday Telegraph, November 5, 2006, Section 7, Pg. 18.)

 

Alan Michael Sugar, Baron Sugar, geboren am 24. März 1947, ist ein britischer Geschäftsmagnat, Medienpersönlichkeit und politischer Berater. Er stammt aus bescheidenen Verhältnissen des Londoner East End, verfügt aber nun (2011) über ein geschätztes Vermögen von £770 Millionen und gehört damit zu den reichsten Männern Großbritanniens. 2007 verkaufte er seine verbleibenden Anteile am Konsumelektronik-Unternehmen Amstrad, seinem größten und bekanntesten Geschäftsprojekt.
Sugar tritt in der BBC-Fernsehserie The Apprentice auf, die seit 2005 jährlich ausgestrahlt wird und auf der beliebten gleichnamigen US-Fernsehserie basiert, in der der amerikanische Unternehmer Donald Trump auftritt.
Sugar wurde als jüngstes von vier Kindern in eine jüdische Familie hineingeboren, sein Vater war Schneider. Er verließ mit 16 Jahren die Schule und begann, in diversen Jobs Geld zu verdienen.
In einem Interview mit dem Guardian im März 2009 erklärte er zu seinem Judentum und Gott:
„Er meint, er sei absolut stolz auf sein Judentum. ‚Nicht auf religiöse Weise – ich glaube nicht an Gott und all das. Aber ich bin jüdisch und sehr stolz darauf, sehr stolz auf die Kultur’.“
He also says he is dead proud of his Jewishness. "Not in a religious way - I don't believe in God and all that. But I am Jewish, and very proud to be so, very proud of the culture."

 

Um die eingangs aufgeworfenen Fragen erneut aufzugreifen: Warum äußern sich deutsche Prominente nicht zu ihrem Unglauben? Gibt es hierzulande keine ungläubigen Prominenten? Die Frage „Glauben Sie an Gott?“ wird in Deutschland wohl einfach nicht gestellt. Das mag einer der Gründe sein, weshalb sich so wenige Prominente outen.
 

Fiona Lorenz

 

Anmerkung: Die Originalzitate sind – sofern nicht anders gekennzeichnet – wikipedia.org entnommen.

 

AHA! Comiczeichner (19.10.2012) - Hier sind Links auf vorhergehende AHA!-Artikel zu finden.