Zwei katholische Kliniken in Köln weisen eine offenbar vergewaltigte Frau ab. Wie kann das sein? Konfessionelle Krankenhäuser werden zwar zu 100 Prozent aus öffentlichen Geldern finanziert, sagt der Kirchenkritiker Carsten Frerk - dennoch dürfen sie über ihre Behandlungsgrundsätze selbst entscheiden.
Ulrike Timm [Morderatorin]: Der Fall schlägt hohe Wellen: Eine junge Frau in Köln wird das Opfer einer mutmaßlichen Vergewaltigung. Sie hat K.-o.-Tropfen bekommen und findet sich völlig verzweifelt auf einer Parkbank wieder. Eine Notärztin bittet zwei katholische Krankenhäuser um eine gynäkologische Untersuchung zwecks Klärung und Spurensicherung - und die junge Frau wird abgewiesen. Jetzt sind alle betroffen und finden das schlimm. Alle bedauern und geben sich ratlos.
Wir wollen noch anders fragen: Wie viel öffentliches Geld steckt in katholischen Krankenhäusern, wie hoch sind also die Kosten die wir alle für derartige Sonderregelungen zahlen? Und darüber sprechen wir mit dem Kirchenkritiker und Buchautor Carsten Frerk. Schönen guten Tag, Herr Frerk!
Carsten Frerk: Schönen guten Tag, Frau Timm!
Timm: Das ist ja widersinnig: Ein katholisches Krankenhaus darf eine Vergewaltigung feststellen, und wenn die Frau dann auf dem Tisch liegt und diese Pille danach möchte, darf sie das nicht mehr. Ist das tatsächlich die Norm?
Frerk: Das ist die Norm und das ist auch in Deutschland akzeptierte Norm im staatlichen Gesundheitssystem, und das Eigentliche, ganz Problematische daran ist, dass Krankenhäuser, wenn sie im Krankenhausplan des Landes vorhanden sind, und das darf man bei diesen Krankenhäusern annehmen generell, zu 100 Prozent öffentlich finanziert werden.
Timm: 100 Prozent?
Frerk: Da geht kein Cent Kirchensteuer oder Kirchengeld hinein.
Timm: Das heißt, der Träger trägt eigentlich nicht?
Frerk: Es wird dual finanziert, wie man so im Fachjargon sagt: Die laufenden Kosten werden von Krankenkassen, Pflegeversicherungen, auch Beiträgen der Versicherten selber bezahlt, und die Investitionen - das ist das Duale -, die werden vom Staat finanziert.
Timm: Das müssen wir mal nacheinander ein bisschen aufschlüsseln. Erst mal ist klar: In kirchlichen Krankenhäusern steckt öffentliches Geld.
Frerk: 100 Prozent.
Timm: Das wussten wir alle, dass öffentliches Geld drinsteckt. Die 100 Prozent würden ja bedeuten: Ein öffentliches Krankenhaus, ein öffentlich mit Steuergeldern finanziertes Krankenhaus funktioniert nach katholischen Regeln.
Frerk: Ja, genau so ist es.