(hpd) Der Politikwissenschaftler Frank R. Pfetsch legt eine systematische Darstellung zu den einschlägigen Denkern von der Antike bis zur Gegenwart vor. Da er seine Arbeit auch vergleichend anlegt, hebt sie sich trotz der mitunter unverständlichen Auswahl der Porträtierten wohltuend von anderen Darstellungen ab.
Politik definiert als Sammelbezeichnung für alle Auffassungen und Bestrebungen, die auf die verbindliche Regelung des sozialen Miteinanders inhaltlichen Einfluss ausüben wollen, bedarf der Legitimation durch Normen und Verfahren. Für den erstgenannten Bereich spielt die politische Theorie eine herausragende Rolle und als solche ist sie auch ein bedeutsamer Teilbereich der Philosophie und der Politikwissenschaft.
Mittlerweile liegt daher auch eine Fülle von Einführungsbänden zum Thema vor. Zu ihnen gesellt sich nun das Buch „Theoretiker der Politik. Von Platon bis Habermas“, das der in Heidelberg lehrende Politikwissenschaftler Frank R. Pfetsch vorgelegt hat. Es versteht sich als umfassendes Arbeits- und Handbuch für Studienanfänger wie Wissenschaftler. Dabei reiht der Autor nicht einfach Darstellungen und Einschätzungen zu den einzelnen Denkern hintereinander. Vielmehr nutzt er ein entwickeltes Kriterienraster, das etwa historischen Kontext, methodische Gesichtspunkte oder vergleichende Perspektiven mit einschließt.
So beginnt Pfetsch seine Darstellung auch mit einschlägigen Ausführungen zur Analyse von politischen Theorien. Erst dann geht er meist entlang der historischen Chronologie auf einzelne Denker ausführlich ein. Beim „hellenistischen Weltbild“ sind dies Platon und Aristoteles, bezogen auf das Mittelalter Augustinus, Thomas und Padua, für die italienische Renaissance nur Machiavelli und für den frühen englischen Liberalismus Hobbes und Locke. Für den späten englischen Liberalismus finden Smith, Ricardo, Bentham und Mill sowie bezogen auf die französische Aufklärung Montesquieu, Rousseau und Tocqueville Aufmerksamkeit. Der deutsche Liberalismus wird anhand von Kant, Fichte und Humboldt und deren philosophische Nachfolger mit Hegel und Marx behandelt. Und schließlich finden neben den Elitetheoretikern Mosca, Pareto und Michels sowie Max Weber die neuzeitlichen Demokratietheorien von Almond und Parsons über Luhmann bis Habermas Aufmerksamkeit. Der Band schließt mit einer Synopse der Theoriebeiträge.
Gerade mit diesem letzten Kapitel hebt sich Pfetschs Buch von anderen Einführungen in die politische Theorie positiv ab. Er präsentiert dort zunächst ein zehnteiliges Untersuchungsraster, das aus Kriterien wie Entstehungsbedingungen und Hauptinteresse, Menschenbild und Prämissen, Geschichts- und Gesellschaftsbild oder Politikfeld und Wirkungsgeschichte besteht. Danach fasst der Autor die Positionen der porträtierten Denker in kurzen Stichworten tabellarisch zusammen, was eine systematische vergleichende Betrachtung ermöglicht.
Die damit einhergehende Systematik zeichnet auch die vorherigen Kapitel mit den Darstellungen und Einschätzungen der jeweiligen Theoretiker der Politik aus: Pfetsch skizziert zunächst die gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen, worauf die Denker reagieren. Sodann geht er erkenntnisbezogenen wie politischen Gesichtspunkten nach und behandelt der systematischen und textnahen Darstellung folgend auch die unterschiedlichsten Gesichtspunkte der Rezeption und Wirkung.
Insofern hat man es mit einer sowohl als Arbeitsbuch wie Nachschlagewerk gut nutzbaren Monographie zu tun. Irritierend ist indessen die Auswahl der vorgestellten Theoretiker, welche - wie der Autor selbst einräumt - subjektiv gefärbt sei. Die bedeutenden klassischen Denker sind von Platon über Augustinus und Machiavelli, Hobbes und Locke bis zu Rousseau und Marx alle vertreten. Dann finden aber die italienischen Elitetheoretiker Mosca, Pareto und Michels unverständlich breite Aufmerksamkeit. Dies erklärt sich wohl in der Tat dadurch, dass der Autor zu Beginn seiner akademischen Karriere intensiv über eben diese Denker gearbeitet hat. Auch finden primär soziologische Denker wie Luhmann und Weber hier hohes Interesse. Demgegenüber kommt der bedeutsamste Vertragstheoretiker des 20. Jahrhunderts John Rawls gerade mal als Name verstreut auf drei Seiten vor. Bei dem wichtigen deutschen Neopluralismus-Theoretiker Ernst Fraenkel sind es zwar im Haupttext dann drei Seiten mehr, aber auch hier vermisst man doch eine eigene Darstellung.
Armin Pfahl-Traughber
Frank R. Pfetsch, Theoretiker der Politik. Von Platon bis Habermas, Baden-Baden 2012 (Nomos-Verlag), 638 S., 29 €.