USA. (hpd) Im Focus der Monatsbetrachtung stehen die Reaktionen auf die Explosion von zwei Sprengsätzen im Zieleinlauf des Boston-Marathons, die die ganze Bandbreite von Medien und Positionen beispielhaft illustrieren. Aber auch andere Themen kamen, wie immer, nicht zu kurz.
Am 15. April explodierten zwei Sprengsätze in einer Zuschauermenge entlang des Boston Marathons. Drei Menschen starben, weit über 100 wurden zum Teil schwer verletzt. Schnell war allen klar, dass es sich um einen Terroranschlag handeln müsse – aber tagelang herrschte Ratlosigkeit über Motive und Täter. Nach der Auswertung von Überwachungskameras gerieten zwei tschetschenische Brüder ins Visier der Ermittler. Spekulationen über einen islamischen Hintergrund hatten sich also bestätigt, obwohl auch das rechtsextreme Spektrum Amerikas verdächtigt wurde. Nach einer Verfolgungsjagd starb der ältere der beiden Brüder durch Schüsse der Polizei, der jüngere wird derzeit vernommen.
Für Glenn Beck stand schnell fest, dass die Täter Muslime sein mussten. Einen Anschlag einheimischer Terroristen schloss er aus. Diese würden nämlich nur Regierungseinrichtungen angreifen, jedoch keine Zivilisten. Glenn Beck sei an Timothy McVeigh erinnert. Dieser hatte in Oklahoma City ein Gebäude gesprengt, in dem sich mehrere Regierungsbehörden befanden – aber auch ein Kindergarten. Außerdem warf Beck den Behörden vor, dass sie einen Saudi, der am Tatort zugegen war und auch verletzt wurde, nicht inhaftiert hätten. Bei ihm handele es sich um einen Agenten al-Qaidas. (Quelle 1), (Quelle 2).
In direkter Reaktion auf die Anschläge von Boston twitterte WND-Kolumnist Erik Rush an die Adresse der Muslime: „Sie sind böse, tötet sie alle.“ Er gab hinterher zu Protokoll, dass dies nur eine sarkastische Überreaktion auf einen anderen Twitteruser gewesen sei, der kritisiert hatte, dass Rush ganz ohne Beweise dem Islam die Schuld am Terroranschlag gegeben hatte. Nicht sarkastisch merkte er an, dass das Töten von Menschen nicht wünscheswert sei, es genau darum aber im Krieg gehe und dass er sich im Krieg mit dem Islam befände. Einige Tage später äußerte er sich radikal zur islamischen Einwanderung. Immigranten aus dem „Klo der Dritten Welt“ seien „menschlicher Abfall“. (Quelle 1), (Quelle 2), (Quelle 3).
Sandy Rios attackierte Präsident Obama dafür, dass er nicht gleich Muslime aus Schuldige benannt hatte. So wolle er eine Atmosphäre des Hasses gegen Konservative schüren. Sein Verhalten erinnere sie an den römischen Kaiser Nero, der Christen verfolgt hatte. Larry Pratt warf den Liberalen vor, sich insgeheim über den Terroranschlag zu freuen, da sie nun Argumente zur stärkeren Überwachung der Bürger hätten. (Quelle 1), (Quelle 2).
Auch die Tea Party meldete sich schnell zu Wort. Obama trage eine Mitschuld an den Angriffen, weil er nicht erkannte habe, dass es gelte, den Islam zu zerstören. (Quelle)
Louie Gohmert nahm den Anschlag zum Anlass, den Kreis der Verdächtigen deutlich auszuweiten. Angeblich unterhalte al-Qaida Trainingslager in Mexiko und schicke Terroristen in die USA, die man dort für Latinos halten würde. Nate Bell benutzte die Tragödie für einen Vorstoß in Sachen Waffenrecht. Er stellte die rhetorische Frage, wie viele Liberale in Boston in den damaligen Tagen am liebsten ein AR-15-Sturmgewehr im Schrank gehabt hätten. (Mit einer Waffe des gleichen Modells hatte Adam Lanza im Dezember einen Amoklauf an einer Grundschule verübt.) Für Cliff Kincaid hat Marihuana eine Mitschuld an dem Blutbad. Der jüngere der beiden Attentäter sei drogenabhängig gewesen und daher ein leichtes Opfer für die Manipulationen seines Bruders. (Quelle 1), (Quelle 2), (Quelle 3).
Rick Joyner beruhigte die Amerikaner. Christen müssten keine Angst vor Terroranschläge haben, da sie nach ihrem Tod direkt zum Himmel auffahren würden. (Quelle)
Cindy Jacobs verkündete einige Tage vor dem Terroranschlag von Boston, dass ihr Gott den Standort einer islamischen Schläferzelle in den USA mitgeteilt habe. Daraufhin informierte sie die Behörden, die die potentiellen Terroristen verhaftete. Schönheitsfehler: Es ist nicht bekannt, dass in der angegebenen Stadt eine Polizeiaktion erfolgte und den Anschlag in Boston sah sie nicht voraus. (Quelle)
Larry Klayman zeigte sich überzeugt, dass auch hinter der Explosion einer Düngemittelfabrik Muslime steckten. Die Behörden gehen hier aber weiterhin von einem Unfall aus und haben keine Erkenntnisse über einen terroristischen Hintergrund. (Quelle)
Wie so oft, gerieten auch im April die Homosexuellen wieder in die Schusslinie. Ein Artikel der Christian Post erklärt, wie man den Anteil Schwuler an der Bevölkerung reduzieren kann. Personen, die in zerrütteten Familien aufwachsen, hätten Probleme, eine stabile sexuelle Identität zu entwickeln. Wenn man die Anzahl der Scheidungen senke, werde sich auch die Zahl Homosexueller senken. Peter LaBarbera fand es „beruhigend“, dass Schwule häufiger an Geschlechtskrankheiten und Gewalt litten, weil ihn dies in seinem Glauben, dass Homosexualität von Gott verdammt werde, bestätige. (Quelle 1), (Quelle 2).
Die Debatte über die Gleichstellung der Homoehe wurde gewohnt scharf geführt. Die National Organization for Marriage verleugnete, dass französische Gegner der Homoehe in den vergangenen Wochen bei Demonstrationen auch Gewalt angewendet hatte. Bill Donohue sprach sich gegen das Recht auf gleichgeschlechtliche Ehen aus. Denn bei einer Ehe ginge es nicht um Liebe oder Glück, sondern darum, eine Familie zu gründen. Janet Meffered und Bryan Fischer warnten, dass „Homofaschisten“ konservative Christen zum Tragen eines Abzeichens, ähnlich dem Judenstern der Nazis, tragen müssten. (Quelle 1), (Quelle 2), (Quelle 3).
Der Republikaner Steve Stockman verbindet Ablehnung von Schwangerschaftsabbrüchen und das Eintreten für Waffenbesitz zu einem einzigen Slogan: Wenn Babies Pistolen hätten, gäbe es keine Abtreibungen. (Quelle)
Mat Staver warnte, dass die Bezeichnung christlicher Organisationen als „hate group“ ein alarmierendes Zeichen sei. Genau so habe es auch im Dritten Reich angefangen, als Juden gezwungen wurden, einen Stern an ihrer Kleidung zu tragen. (Quelle)
Sandy Rios nahm in ihrer Radiosendung die ACLU aufs Korn. Die amerikanische Bürgerrechtsbewegung schade den USA, da sie sich für die Trennung von Kirche und Staat, sowie die Evolutionslehre einsetze. Sie vergaß nicht hinzuzufügen, dass „einflussreiche jüdische Kräfte“ hinter der Organisation stünden. (Quelle)
Pat Robertson mischt sich in die US-Außenpolitik ein. Einen Vorstoß des neuen Außenministers John Kerry für einen Frieden im Nahostkonflikt verurteilte er scharf. Dies provoziere nur den Zorn Gottes. In den 90er Jahren hatte Robertson den tödlichen Anschlag auf den israelischem Ministerpräsidenten Jitzchak Rabin gerechtfertigt, der den Palästinensern gegenüberüber Zugeständnisse gemacht hatte. Larry Klayman warf Obama vor, mit seiner laschen Nahostpolitik dem Iran grünes Licht für einen zweiten Holocaust gegeben zu haben. (Quelle 1), (Quelle 2).
Buster Wilson von der American Family Association geriet bei der Frage eines Anrufers ins Schleudern. Dieser wollte wissen, ob er einen Polizisten, der in sein Haus eindringe, um seine Waffen zu beschlagnahmen, erschießen dürfe. Wilson erklärte, in dieser Frage eine „neutrale“ Position einzunehmen. (Quelle)
Pat Robertson warf Margaret Sanger, einer Kämpferin für das Recht auf Abtreibung, vor, Hitler zu seinen Mordtaten inspiriert zu haben. Aus der Tatsache, dass schwarze Frauen häufiger einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen, schloss er, dass Abtreibungsbefürworter einen Völkermord an Afro-Amerikanern herbeisehnten. (Quelle)
Pat Robertson warnte seine Zuschauer davor, Computerspiele zu spielen, in denen Magie Bestandteil der Handlung ist. Gerade die Spielreihe Dungeons und Dragons habe das Leben vieler Menschen zerstört. (Quelle)
Pastor Jesse Peterson klärte über Obama auf. Ihm sei dessen Hautfarbe egal, ganz im Gegenteil, er kritisiere dessen weiße Hälfte mehr als seine schwarze Hälfte. Schließlich sei Obama von seiner weißen Mutter, nicht von seinem schwarzen Vater aufgezogen worden. Diese habe dem US-Präsidenten ihren Rassismus gegen die eigene Hautfarbe vermittelt. (Quelle)
Redaktion und Übersetzung: Lukas Mihr