Thomas Fischer ist Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof und schreibt in der ZEIT über das Verhalten der Staatsanwaltschaft im Fall des SPD-Politikers Edathy.
Er schreibt u.a. "Das Strafrecht lebt – wie jede andere formelle oder informelle Sanktionierung abweichenden Verhaltens – davon, dass es klare gesetzliche Grenzen zieht zwischen erlaubtem und unerlaubtem Verhalten. Diese Grenzen sind nicht zu dem Zweck erfunden worden, Staatsanwälten Anhaltspunkte für den Start von Vorermittlungen oder für die Anberaumung von Pressekonferenzen zu geben, sondern allein um der Bürger willen."
Fischer schreibt über die Arbeitsbelastung der Staatsanwaltschaften und dem politischen Druck, denen diese ausgesetzt sind. Er fordert die Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaften ein. Da diese Grundvoraussetzung einer Demokratie sind. "Hinzukommen muss – unbedingt – ein neues und endlich wieder grundsätzliches Nachdenken über die Rolle und die Funktion dieser Behörde in unserem Rechtsstaat: als Vertreterin eines Staats, der im Strafverfahren nicht parteiisch ist, sondern neutral. Der Verdächtigungen nicht behandelt wie Verurteilungen und der die mögliche Strafe nicht schon im Ermittlungsverfahren vorwegnimmt. Der beschuldigten Bürgern dasselbe Maß von Rechten gewährt wie denen, die Opfer von Straftaten geworden sind."
"Man wagt es kaum zu sagen: Vielleicht sollte sich der Rechtsstaat – jedenfalls vorläufig, bis zum Beweis des Gegenteils – bei dem Beschuldigten Sebastian Edathy einfach entschuldigen. Er hat, nach allem, was wir wissen, nichts Verbotenes getan. Vielleicht sollten diejenigen, die ihn gar nicht schnell genug in die Hölle schicken wollen, vorerst einmal die eigenen Wichsvorlagen zur Begutachtung an die Presse übersenden. Vielleicht sollten Staatsanwaltschaften weniger aufgeregt sein und sich ihrer Pflichten entsinnen."