(hpd) Die wichtigsten Fragen rund um den Rechtsextremismus beantworten wollen die Autoren von „Das Buch gegen Nazis. Rechtsextremismus – was man wissen muss und wie man sich wehren kann“, das die beiden Journalisten Holger Kulick und Toralf Staud mit Unterstützung der „Bundeszentrale für politische Bildung“ und der Wochenzeitung „Die Zeit“ herausgegeben haben.
Im Buch finden sich in 70 Kapiteln auf engem Raum die wichtigsten Ausführungen über die Besonderheiten des Rechtsextremismus und zu Strategien gegen den Rechtsextremismus. Neben den beiden Herausgebern gehören Betroffene, Politiker, Praktiker und Wissenschaftler zu den Autoren, welche sich in Form von Artikeln, Interviews oder Reportagen zu bestimmten Themen äußern. Am Ende jedes Textes finden sich weiterführende Literaturhinweise, wobei vor allem Verweise auf Einstellungen im Internet erfolgen. Angereichert wurde der Band noch durch einschlägige Fotos und Zitate aus den unterschiedlichen Lagern der rechtsextremistischen Szene.
Inhaltlich gliedert sich das Handbuch in die Bereiche „Wissen“ und „Handeln“ auf. Die jeweiligen Themen lassen sich am besten über die gestellten Fragen skizzieren. Zunächst geht im ersten Teil es u.a. um Folgendes: „Wo beginnt Rassismus?“, „Ist Thor Steinar eine Nazimarke?“, „Sind alle Skinheads rechtsextrem?“, „Welches Menschenbild hat die NPD?“, „Und warum engagiert sich die NPD in der Kommunalpolitik?“, „Was sind Neonazi-„Kameradschaften“ und „Autonome Nationalisten?“, „Wie rechts sind Burschenschaften?“ oder „Darf man über Nazis lachen?“ Und in der Rubrik „Handeln“ finden sich u.a. Antworten auf folgende Fragen: „Wie gründe ich eine Initiative und mache auf sie aufmerksam?“, „Sind Sitzblockaden eigentlich strafbar?“, „Darf man Hakenkreuze übermalen?“, „Was tun, wenn Rechtsextreme sich in ‚meinem’ Internetforum breit machen?“, „Wie organisiere ich ein Konzert gegen Rechtsextremismus?“, „Was tun bei einem rechtsextremen Angriff?“ oder „Was tun, wenn Onkel Rolf am Kaffeetisch rassistische Witze loslässt?“
Hoher Gebrauchswert
Wie die letztgenannten Fragen veranschaulichen zeichnet sich das Buch durch einen hohen Gebrauchswert aus. Er wird noch durch im Anhang befindliche Ausführungen zu Chiffren, Codes, Kennzeichen, Kleidermarken und Symbolen von Rechtsextremisten erhöht. Bei dem begrenzten Raum mussten viele Ausführungen sehr kurz gehalten sein, wodurch mitunter der Eindruck von Oberflächlichkeit entsteht. Zur Vertiefung einzelner Themen findet man aber Hinweise auf weiterführende Informationen.
Bei allem Verständnis für die damit angesprochene Problematik der formalen Präsentation muss aber auch darauf verwiesen werden, dass sich die Qualität der einzelnen Artikel mitunter stark unterscheidet. Gleich der erste Beitrag zu „Was ist Rechtsextremismus?“ hätte inhaltlich stringenter sein müssen. Ähnlich verhält es sich mit dem Text zu „Was ist Rechtspopulismus?“ auch und gerade im Verhältnis zu dem Verständnis von Rechtsextremismus. Mitunter fehlt auch eine klare Antwort, etwa zur Frage „Darf man Hakenkreuze übermalen?“
Dem stehen aber überaus informative Beiträge gegenüber: Bei der Frage „Ist Thor Steinar eine Nazimarke?“ geht der Autor nicht auf den politischen Hintergrund der Firmeninhaber ein, sondern präsentiert anschaulich die Produkte und informiert über die darauf befindlichen Symbole. Nur auf zwei Seiten, aber klar belegt und systematisch herausgearbeitet wird die Frage „Welches Menschenbild hat die NPD?“ beantwortet. Auch bei den Ausführungen zu „Wie verhindere ich bei Veranstaltungen rechtsextremistische Störversuche?“ erhält man wichtige Tipps, welche bei der Planung von öffentlichen Diskussionen und Vorträgen unbedingt berücksichtigt werden sollten.
Mehr als kritikwürdig sind demgegenüber aber Ausführungen, welche auf die Kooperation mit (eben auch gewaltgeneigten) Autonomen bezogen sind. Aussagen wie „Klatscht die Nazis aufs Pflaster, bis das Blut spritzt“ bedürfen nicht nur der verbalen Distanzierung. Bei einer solchen Denkhaltung hat eigentlich die Gemeinsamkeit im Kampf gegen den Rechtsextremismus aufzuhören.
Armin Pfahl-Traughber
Holger Kulick/Toralf Staud (Hrsg.), Das Buch gegen Nazis. Rechtsextremismus – was man wissen muss und wie man sich wehren kann, Köln 2009 (Verlag Kiepenheuer & Witsch), 304 S., 12,95 €