Hans Beckers - Pazifist und engagierter Freigeist

Der Nachlass von Hans und Mathilde Beckers wurde jetzt dem Archiv der Friedrich-Ebert-Stiftung

anvertraut.

 

DÜSSELDORF. Unlängst wiederholte der Fernsehsender Phoenix eine Dokumentation mit dem Titel: „Die Matrosenmeuterei von 1917" aus dem Jahre 1956. Autor und NDR hatten sich damals von Hans Beckers beraten lassen, einem wichtigen Zeitzeugen. Blicken wir deshalb zurück.

1917 - im dritten Jahr des Weltkriegs - ist die anfängliche Kriegsbegeisterung längst einer stets wachsenden Unzufriedenheit gewichen. Hans Beckers ist Heizer auf dem Marineschiff „Prinzregent Luitpold". Unmenschliche Bedingungen herrschen an Bord. Die Mannschaft hungert, während die Offiziere prassen und die Matrosen wie Verfügungsmasse behandeln. Es kommt zu einem Hungerstreik in deren Folge sich die Matrosen das Recht erstreiken, bei der Zuteilung der Verpflegung mitzubestimmen. Einer der Wortführer war Hans Beckers. Dies war der erste Schritt zu einer angestrebten selbständigen Interessenvertretung. Die Flottenleitung jedoch ließ fünf der fortschrittlichen Matrosen festnehmen und einen Kriegsgerichtsprozess wegen angeblicher Meuterei inszenieren. Alle fünf, darunter Hans Beckers, wurden zum Tode verurteilt. Die Matrosen Max Reichpietsch und Albin Köbis wurden in der Wahner Heide bei Köln erschossen, Hans Beckers in der Todeszelle zu 15 Jahren Zuchthaus begnadigt. Revolutionäre Soldaten befreien ihn ein Jahr später. Das Urteil wurde aufgehoben.

Hans Beckers hat darüber ein Buch geschrieben: „Wie ich zum Tode verurteilt wurde". Es wird 1928 mit einem Vorwort von Kurt Tucholsky veröffentlicht, in dem es heißt: „Wenn sie die Wahrheit kennen lernen wollen, dann halten Sie sich an die unmittelbaren Quellen, lesen Sie die Schriften der Beteiligten, der Gequälten, die Schriften derer, die ausfressen mussten, was andere ihnen eingebrockt haben. Da werden Sie sehen, wie es wirklich gewesen ist. Und hier ist so eine Schrift."

1986 - Hans Beckers ist bereits 15 Jahre tot - legt der Fischer-Taschenbuch-Verlag in seiner Ausgabe Nr. 5967 das Buch nochmals auf. Konrad Wagner, damaliger Landesgeschäftsführer der Freigeistigen Landesgemeinschaft (heute Humanistischer Verband NRW), besuchte anlässlich der Neuveröffentlichung die Witwe Mathilde Beckers in Düsseldorf. Über seinen Besuch berichtet er in einer Sonderausgabe von Freies Denken: „Ich sitze im Wohnzimmer unserer Gesinnungsfreundin Mathilde Beckers. Das Zimmer vollgestopft mit Büchern. Auf dem Tisch stapeln sich Broschüren und Zeitschriften. Fein säuberlich getrennt; die einen zum Abheften, die anderen zum Lesen. Hans Beckers hat ein Buch in einer ihm eigenen Unbefangenheit geschrieben, die ahnen lässt, von welchem Optimismus und (welcher) Zuversicht dieser Mann beseelt war. Sein trockener Witz und Charme sprüht durch die Zeilen hindurch; hält einen gefangen bis zur letzten Seite."

Der Sammelleidenschaft von Hans und Mathilde Beckers ist es zu verdanken, das Lebenswerk der beiden dokumentieren zu können.

Am Donnerstag (19.07.2007) hat Werner Ortmann, ein Freund der Eheleute und Förderer des Humanistischen Verbandes, Dokumente, Unterlagen, Bücher und Broschüren der Friedrich-Ebert-Stiftung übergeben. Für Historiker und andere Interessierte ist es vorteilhafter, wenn der gesamte Nachlass und auch alle weiteren Informationen möglichst nur an einer Stelle, also in einem Archiv, sach- und fachkundig verwaltet und gelagert werden.

Vorab hatte der Humanistische Verband NRW einige Dokumente und Unterlagen erhalten, in denen sich Hans Beckers bereits in jungen Jahren mit diversen, weltanschaulichen Richtungen intensiv befasste.

Nach dem 2. Weltkrieg setzte er als Mitglied der Freigeistigen Ortsgemeinschaft Düsseldorf seine umfänglichen Tätigkeiten für die Geistesfreiheit fort. Ab 1947 war er es, der die Jugendweihen und den vorbereitenden Unterricht organisierte, damals noch mit annähernd 200 Jugendlichen allein in Düsseldorf. In zahlreichen Jugendweihe-Veranstaltungen in Nordrhein-Westfalen war er der Festredner. Dazu liegen umfangreiche handschriftliche Textausarbeitungen von ihm vor, ebenso Entwürfe weltlicher Bestattungsreden, sowie Anmerkungen in Büchern, auf Dokumenten, Notizen u.v.a.m., die hoffentlich bald einer wissenschaftlichen Auswertung zugeführt werden können und die wesentlichen Raum in der angestrebten "Hans-Beckers-Biographie" einnehmen sollen.

Mit großer Freude hätten sicherlich Hans und Mathilde Beckers die Neu- und Wiedergründung der Humanistischen Ortsgemeinschaft Düsseldorf im September begleitet.

Dieter Grützner