Patientenverfügungsgesetz eingebracht

BERLIN. (hpd) Der fraktionsübergreifende Gesetzentwurf zur gesetzlichen Regelung

der Patientenverfügung wurde heute in den Deutschen Bundestag eingebracht – als Entwurf eines 3. Gesetzes zur Änderung des Betreuungsrechts. Das Gesetzgebungsverfahren ist eröffnet. Endlich.

 

Anlässlich der heutigen Einbringung eines fraktionsübergreifenden Gesetzentwurfs zur gesetzlichen Verankerung der Patientenverfügung in den Deutschen Bundestag, PDF im Anhang, erklärten die Abgeordneten Joachim Stünker (SPD), Michael Kauch (FDP), Dr. Luc Jochimsen (Die Linke) und Jerzy Montag (Bündnis 90 / Die Grünen): „Wer das Selbstbestimmungsrecht ernst nimmt, muss dem Patienten für jede Krankheitsphase das Recht zuerkennen, über Einleitung und Abbruch einer lebenserhaltenden Maßnahme selbst zu entscheiden. Auch bei ärztlichen Behandlungen ist der hilfebedürftige Mensch in seiner Würde und seinem Recht auf Selbstbestimmung zu respektieren. Mit unserem Gesetzentwurf geben wir den Menschen mehr Rechtssicherheit, stärken die Rechte der Betroffenen und sorgen für einen effektiven Grundrechtsschutz.

Viele Menschen haben die Befürchtung, am Ende ihres Lebens hilflos einer Intensivmedizin ausgeliefert zu sein, die die physische Lebenserhaltung in den Vordergrund stellt. Die Frage, inwieweit eine solche Verfügung für Arzt und Betreuer verbindlich ist, ist bisher nicht hinreichend geklärt.

Das Recht zur Selbstbestimmung über den eigenen Körper gehört zum Kernbereich der durch die Verfassung geschützten Würde und Freiheit des Menschen. Deshalb muss jeder entscheidungsfähige Patient vor einer ärztlichen Maßnahme seine Einwilligung erteilen. Ein ärztlicher Eingriff ohne Einwilligung des Patienten stellt eine Körperverletzung dar. Das Selbstbestimmungsrecht endet nicht mit Eintritt der Einwilligungsunfähigkeit.

Unser Gesetzentwurf differenziert daher nicht nach Art und Stadium der Erkrankung. Der Patient muss für jede Krankheitsphase die Entscheidung über Einleitung und Abbruch einer lebenserhaltenden Maßnahme treffen können. Diese Position entspricht im übrigen auch der des Nationalen Ethikrates und der Bundesärztekammer.

Der heute von uns eingebrachte Gesetzentwurf sieht deshalb vor,

  • dass konkrete und situationsbezogene Behandlungsfestlegungen in einer Patientenverfügung bindend sind,
  • dass der Patientenwille in allen Stadien einer Erkrankung beachtet wird und
  • dass das Vormundschaftsgericht nur bei Zweifeln über den Patientenwillen oder Missbrauchsverdacht eingeschaltet werden muss.

Wichtig ist aber auch, dass die Anwendbarkeit einer im Voraus verfassten Verfügung daraufhin überprüft wird, ob sie dem aktuellen Willen entspricht. Äußert der Patient Lebenswillen, so ist eine auf Nichteinleitung oder Behandlungsabbruch gerichtete frühere Verfügung nicht wirksam.“

Dem Einbringungsverfahren ging eine intensive Debatte in der Öffentlichkeit und im Bundestag selbst voraus. Ob die angekündigten alternativen Anträge, z.B. von Wolfgang Bosbach (CDU), ebenfalls noch eingebracht werden, darüber liegen dem hpd im Moment keine Erkenntnisse vor.

Der Gesetzentwurf Stünker, Kauch, Dr. Jochimsen und Montag zählt derzeit 205 unterstützende Unterschriften, PDF im Anhang.

Der Bundesvorsitzende des Humanistischen Verbandes Deutschlands (HVD), Dr. Horst Groschopp, erklärt zum eingeleiteten Gesetzgebungsverfahren :

„Wir haben langjährige Erfahrungen als Beratungs- und Hinterlegungsstelle für mehr als 12.000 Patientenverfügungen. Deshalb begrüßen wir, dass der Deutsche Bundestag die Vorsorge durch Patientenverfügungen gesetzlich verankern möchte. Wir schätzen ein, dass derzeit bei Patienten, Bevollmächtigten und behandelnden Ärzten große Verunsicherung und Rechtsunsicherheit bezüglich der Wirksamkeit von Patientenverfügungen besteht. Es ist deshalb richtig, jetzt Rechtsicherheit zu schaffen und das Selbstbestimmungsrecht der Patienten zu stärken.

Gerade weil es sich hierbei um ein von individuellen Werten und Anschauungen bestimmtes Instrument handelt, sollte es gemäß unserem Grundgesetz jedem einzelnen Bürger überlassen sein, diese letzten Dinge nach qualifizierter Beratung für sich zu regeln. Wir unterstützen deshalb die vorgesehene Regelung.

Der HVD begrüßt ausdrücklich, dass diese Initiative überfraktionell in Gang gekommen ist.

Wir heben hervor, dass zahlreiche Mitglieder religiöser Organisationen das Gesetzesvorhaben unterstützen. Und wir sind als Verband stolz darauf, dass unser Freund Rolf Stöckel, Mitglied des Bundesvorstandes des HVD und mein Vorgänger im Amt, zu den Initiatoren dieser Gesetzesinitiative gehört.“

GG