Muhammad Kalisch: Ein Mann der Aufklärung

MÜNSTER/MASTERSHAUSEN. (gbs/hpd) In den Diskussionen und Auseinandersetzungen um den Islamwissenschaftler Prof. Dr. Muhammad Kalisch sind seine "Anmerkungen zu den Herausforderungen der historisch-kritischen Methode für das islamische Denken" öffentlich kaum wahrgenommen worden. Hier sind sie zum Nachlesen.

 

Im Jahr 2004 wurde der habilitierte Islamwissenschaftler Muhammad Kalisch auf den ersten Lehrstuhl für die Ausbildung islamischer Religionslehrer in Deutschland berufen. Vier Jahre später, im September 2008, beendete der "Koordinationsrat der Muslime in Deutschland "(KRM) seine Zusammenarbeit mit Kalisch im Beirat des "Centrums für Religiöse Studien" der Universität Münster mit einem Paukenschlag: Die Muslimverbände erklärten, man könne niemandem empfehlen, bei Professor Kalisch zu studieren, da er grundsätzliche Lehren des Islam, wie die Existenz Mohammeds und die Grundlagen der Entstehung des Koran, in Zweifel ziehe. Die historisch-kritische Methode, auf die sich Kalisch berufe, dürfe auf den Islam nicht angewandt werden. Daraufhin knickte das NRW-Wissenschaftsministerium ein und kündigte in Einvernehmen mit den konservativen Muslimverbänden an, an der Universität Münster eine zweite Professorenstelle für islamische Religionswissenschaft einzurichten, die dann für die Ausbildung künftiger Lehrer für Islamkunde oder Islamunterricht verantwortlich sei.

Aus Sicherheitsgründen musste Kalisch mit seinen Institutsmitarbeitern nun in ein anderes Gebäude der Universität Münster umziehen, was medial für einige Schlagzeilen sorgte. Bedauerlicherweise wurden in der Berichterstattung Kalischs Argumente, die ihn dazu brachten, Mohammeds Existenz anzuzweifeln und den Islam insgesamt kritisch zu hinterfragen, kaum berücksichtigt. Deshalb hat sich die Giordano Bruno Stiftung dazu entschlossen, Kalischs wegweisende "Anmerkungen zu den Herausforderungen der historisch-kritischen Methode für das islamische Denken" auf ihrer Website zu veröffentlichen und auch auf anderem Wege zu verbreiten.

Nach einem längeren Telefongespräch mit Muhammad Kalisch erklärte Stiftungssprecher Michael Schmidt-Salomon am Donnerstagnachmittag in Mastershausen: "Muhammad Kalisch hat mich ebenso erstaunt wie beeindruckt. Er ist wahrhaftig ein Mann der Aufklärung, der unsere volle Unterstützung verdient. Seine Positionen sind nicht nur gut begründet, er hat auch den Mut, sie in aller Öffentlichkeit zu vertreten - trotz der Gefahren, die damit verbunden sind. Der Fall Kalisch macht Hoffnung, dass der Islam möglicherweise den Prozess der Aufklärung doch schneller durchlaufen könnte, als wir dies bisher angenommen haben. Immerhin muss man feststellen: Auf etwa 100 katholische Theologieprofessoren kommt ein Horst Herrmann, auf 100 protestantische Theologen ein Gerd Lüdemann. Dass sich mit Muhammad Kalisch gleich der erste universitäre Islamtheologe in Deutschland so konsequent in die Tradition der Aufklärung stellt, könnte ein Zeichen dafür sein, dass wir die rationalistische Tradition innerhalb der muslimischen Philosophie gemeinhin kolossal unterschätzen. Ich kann nur jedem empfehlen, Kalischs Anmerkungen zur historisch-kritischen Methode zu lesen, und hoffe, dass die verantwortlichen Politiker einsehen, dass man einen Hoffnungsträger wie Kalisch nicht aus falscher Rücksichtsnahme auf das akademische Abstellgleis schieben darf."

 

Mohammad Kalisch: „Islamische Theologie ohne historischen Muhammad - Anmerkungen zu den Herausforderungen der historisch-kritischen Methode für das islamische Denken" (Als PDF-Dokument)