„Eine Lebensphilosophie ohne Gott"

(hpd) Mit seinem neuesten Buch will Paul Schulz allen, die sich noch auf dem Weg der Loslösung von Gott und damit unterwegs sind zu einem eigenständigen Leben, Hilfe anbieten zur Selbstverantwortung und der eigenen Sinnfindung.

Mit seinem Buch bietet Paul Schulz zudem allen Atheisten und sonstigen Ungläubigen eine Fülle an Argumenten für ihre gelegentlichen Diskussionen mit religiösen Menschen. Es ist ein lesenswertes Buch; ein reichhaltiges Nachschlagwerk und eine Hilfe in der Auseinandersetzung mit all denen, die immer noch glauben, dass sie mit ihrer Religion uns alle bevormunden müssen und sogar meinen, sie seien dazu von Gott berufen worden. Damit ist es ein notwendiges Buch für alle, die ein eigenständiges und eigenverantwortliches Lebens ohne eine dogmatische Religion führen wollen.

Wir Menschen suchen seit dem Erwachen unseres Bewusstseins nach dem Sinn unseres Lebens in dieser Welt. In der hellenistischen Zeit fanden wir die Antworten im Mythos und auf jede Frage gab ein dafür zuständiger Gott die richtigen und endgültigen Antworten, an die der Mensch unabdingbar zu glauben hatte und die uns von einem allmächtigen und wissenden Priester übermittelt wurden.

Doch mit der ersten Aufklärung in der hellenistischen Zeit beginnt der Mensch nach der Richtigkeit der religiösen Antworten zu fragen. Folgerichtig beginnt Paul Schulz sein Buch mit Sokrates in Form einer eingängigen und verständlichen Einführung über die sokratische Fragetechnik und damit nach der Richtigkeit unserer als absolut und richtig empfundenen Wahrheiten.

Der Mythos im hellenistischen Griechenland zerbrach und das wohl auch, weil die Götter zu menschenähnlich von uns Menschen gedacht worden waren.

Bereits in der altgriechischen Aufklärung um 550 vor der Zeitenwende greift Xenophanes von Kolophon diesen Göttermythos grundsätzlich an indem er sagt, wenn die Pferde denken könnten, dann sähen die Götter eben wie Pferde aus. Und damit will er nur allen deutlich sagen, dass die Götter eben vom Menschen erdacht worden sind. Mit diesen Gedanken wurde im klassischen Griechenland der Mythos in einem jahrhundertelangen Prozess mühsam und allmählich zerstört.

Mit dem Aufkommen des Christentums musste nun erneut wieder ein anderer und neuer Mythos aufgebaut werden: Jesus ist wesenhaft Gott. In einem zwei Jahrhunderte währenden Streit unterlagen letztlich die Arianer, die Jesus nur als Menschen angesehen hatten.

Erneut hatte der Mythos gesiegt und die bis heute gültige christliche Dogmenbildung hatte den Sieg davon getragen.

Es dauerte bis ins 19. Jahrhundert hinein, bis Ludwig Feuerbach mit seiner radikalen These „Gott ist eine Fiktion des Menschen" an diese Religionskritik des klassischen Griechenland gedanklich Anschluss fand und diesen Gedanken im christlichen Europa verbreitete.

Diese grundlegende Kritik wirkt bis heute fort und wir selber können in vielen Gesprächen und Diskussionen über Religion immer wieder hören: „Ich stelle mir Gott vor" oder „für mich ist Gott...". Es wird jedem, der Ludwig Feuerbach auch nur ein wenig kennt, sofort klar, hier handelt es sich wiederum lediglich um eine Projektion Gottes. Es wird deutlich, dass viele Menschen sich heute ihr sehr eigenes Bild von Gott machen und nicht mehr der offiziellen Version der beiden christlichen Konfessionen folgen.

Paul Schulz arbeitet diesen Prozess der Ablösung der Menschen von den Kirchen sehr deutlich und detailliert und dabei äußerst lesenswert heraus. Die Gottessehnsucht ist bei vielen Menschen immer noch vorhanden, doch ihre Gottesvorstellung entzieht sich der dogmatischen Vorstellung der beiden christlichen Kirchen.

Mit dem Ansatz „Ich stelle mir Gott vor..." verändert sich das von den Kirchen vorgegebene Gottesbild ein für alle mal und mit diesem Denkansatz beginnt gleichfalls die Individualisierung des Menschen, denn dieser undogmatisch denkende Mensch schafft sich seine eigene Gottesvorstellung.

Für Paul Schulz liegt hier der Schlüssel für den Weg in den Atheismus und in die eigenständige und eigenverantwortliche Freiheit eines jeden Menschen. Mit Recht weist er auf Jean-Jacques Rousseau hin, der in seinem Contrat Social postuliert: „Der autonome Mensch ist vom Prinzip her ein freier Mensch" und er ist ein Gleicher unter Gleichen. Dieser selbständige Mensch ist von sich aus dem Humanen verpflichtet und lebt nach einem selbst verantworteten Wertesystem, das sich an Freiheit und Gleichheit orientiert. In diesem Wertesystem ist der Mensch das Maß aller Dinge und nicht länger irgendein Gott. Der Mensch an sich ist nicht gut, sondern der Mensch ist dem Guten und somit der Humanität verpflichtet.

Dieses humanistische Menschenbild strebt Paul Schulz in seinem Buch für den freien Menschen an und deswegen will er den religiösen Menschen aus seiner Abhängigkeit ein für allemal befreien. Sein Ziel ist der autonome Mensch und dafür möchte er den Menschen von seiner Abhängigkeit von Religion und Kirche befreien. Für ihn liegt es auf der Hand: die christlichen Religionen machen den Menschen klein und schuldig, da er nach deren Auffassung ein Sünder und von Anbeginn an mit der Erbsünde belastet ist.

Darum postuliert er „ceterum censeo postestatum religionis esse delendam". Übersetzt heißt es: "Im Übrigen bin ich der Meinung, dass die Macht der Religionen zerstört werden muss". Das erinnert die Lateiner unter den Lesern an Catos berühmten Ausspruch, das Karthago zu zerstören sei.

Im übertragenen Sinne möchte Schulz eine Befreiung von den Kirchen erreichen. Ihr Einfluss in Deutschland ist bei einem Anteil von rund 31 % der Römisch Katholischen Kirche, 29 % der Evangelischen Kirche und 34 % religiös Ungebundener schon heute nicht mehr zu rechtfertigen. Ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung wird bereits im Jahre 2025 soweit zurückgegangen sein, dass sie zusammen nicht mehr die Mehrheit der Bevölkerung repräsentieren.

Angesichts dieser Zahlen ist es nur zu verständlich, dass Paul Schulz den Einfluss der beiden christlichen Kirchen mit absoluter Entschlossenheit zurückschneiden will. Sein Ziel ist der autonome Mensch, der für sein eigenständiges Handeln eigenverantwortlich einsteht. Allen, die sich diesem Weltbild verpflichtet fühlen, kann ich die Lektüre dieses neuen Buches von Paul Schulz nur empfehlen.

Manfred Tepel

Paul Schulz: „Atheistischer Glaube. Eine Lebensphilosophie ohne Gott", Marix-Verlag, 2008, 287 Seiten incl. Anhang. ISBN 978-3-86539-179-7, Euro 15

 

Das Buch ist auch im denkladen erhältlich.