Unverständlicher Lehrmeister

DL_urkunde-Klein.jpg

Überreichung der Urkunde / Foto: Markus Farnung / Philipps-Universität Marburg

MARBURG. (hpd) Der Fachbereich "Fremdsprachliche Philologien" der Philipps-Universität Marburg zeichnete den in Indien lebenden Tibeter Tenzin Gyatso mit der Ehrendoktorwürde aus. Die Zeremonie dazu fand gestern, Montag 3. August, im historischen Marburger Landgrafenschloss statt.


Ein Bericht von Franz-Josef Hanke

Das Taxi hält auf dem Vorhof des Schlosses. Es ist genau 8.30 Uhr, als wir aussteigen. Noch hält sich der Andrang in Grenzen.

Wir schreiten langsam die holprige Pflasterstraße hinauf zum Innenhof des Schlosses. Am Wegesrand steht schon eine Schlange von 20 bis 30 Leuten. Wir fragen den Letzten, ob wir uns hier anstellen müssen, um Einlass zu erhalten.

In der Akkreditierungsbestätigung hatte die Pressestelle der Philipps-Universität strenge Sicherheitsmaßnahmen angekündigt. Auch Pressevertreter erhielten nur Einlass, sofern sie sich zuvor namentlich akkreditiert hätten.

"Ich komme da bestimmt nicht rein", erklärt der junge Mann. Offenbar gehört er nicht zu den geladenen Gästen der Promotionsfeier.

Neben Journalistinnen und Journalisten sind auch Vertreter der Universität, des Magistrats der Stadt Marburg und der örtlichen Wirtschaft geladen. Insgesamt umfasst die Liste 320 Personen.

Als Journalisten zählen wir zu dieser illustren Schar. So überholen wir die Wartenden und erreichen das Schlosstor. Hier nehmen uns zwei Damen von der Universitätsverwaltung in Empfang.

Die Mitnahme von Ausweisdokumenten hatte die Pressestelle der Philipps-Universität in ihrem Akkreditierungsschreiben empfohlen. Einlass erhalte auch als Journalist nur, wer auf der Namensliste verzeichnet sei.

Unsere Namen werden mit dieser Namensliste abgeglichen. Dann schaut eine Polizeibeamtin in die Handtasche meiner Begleiterin. Danach dürfen wir weitergehen.

Durch das Tor erreicht man den Innenhof des Marburger Landgrafenschlosses. Zur Rechten führen einige Stufen in das Gebäude hinein. Im zweiten Obergeschoss befinden sich dort der Rittersaal und der Fürstensaal. Die Promotionsfeier findet im historischen Fürstensaal statt.

Über die Stufen und durch die Tür gelangen wir ins Innere des Gebäudes. Hinter einer Theke empfängt uns ein Mitarbeiter der Uni-Pressestelle. Er überreicht uns das Pressematerial.

Neben einem Plan zum Ablauf der Veranstaltung enthalten die Materialien auch schon die Rede des Laudators Prof. em. Dr. Eckhard Bangert sowie einen Bericht von der noch bevorstehenden Veranstaltung. Hinzu kommen Hintergrundinformationen zur Religionskundlichen Sammlung, zu ihrer beim Besuch des Dalai Lama zu weihenden Statue und ein Lebenslauf des 14. Dalai Lama Tenzin Gyatso.

Eine Dame verlangt von meiner Begleiterin die Abgabe ihrer Handtasche an der Garderobe. Mit dem Lift fahren wir dann hinauf ins zweite Obergeschoss. Durch das Foyer betreten wir den Fürstensaal.

In diesem Saal fand im Jahr 1529 das "Marburger Religionsgespräch" zwischen den Reformatoren Martin Luther und Ulrich Zwingli statt. Damals endete die Diskussion ergebnislos. Am 3. August 2009 ist der Fürstensaal nun Schauplatz der Ehrenpromotion des Dalai Lama.

Im weithin noch leeren Saal nehmen wir Platz in der dritten Reihe. Die vorderen beiden Reihen sind mit Namensschildern für besondere Gäste reserviert. Für die Presse gibt es keine vorbestimmten Plätze. Das bestätigt uns die Universitäts-Vizepräsidentin Prof. Dr. Katharina Krause, die bereits im Fürstensaal herumläuft.

Dieser Saal ist Schauplatz besonderer Veranstaltungen der Philipps-Universität. Ehrenpromotionen finden in der Regel hier statt. Zuletzt hat hier im Jahr 2006 der Tenor José Carreras die Ehrendoktorwürde des Fachbereichs Medizin der Philipps-Universität erhalten. Eine gleichartige Auszeichnung an den einstigen Bundeskanzler Helmut Schmidt feierte die Uni ein Jahr später in ihrer Alten Aula am Lahntor.

Diesmal ist das Interesse aber noch größer als damals. Nach und nach füllen sich die Reihen. Gegen 9.20 Uhr kündigt die Vizepräsidentin an, dass "Seine Heiligkeit" eine Viertelstunde Verspätung habe. Der Dalai Lama hält sich also an das obligatorische "Akademische Viertel".

Für 9.30 Uhr war eigentlich der Eintrag des Dalai Lama ins Goldene Buch der Stadt Marburg sowie die Segnung einer Statue der Religionskundlichen Sammlung der Philipps-Universität durch den Dalai Lama vorgesehen. Die vergoldete Buddha-Statue symbolisiert das Mitgefühl.

Gegen 10 Uhr hören wir ein entferntes Trommeln. Nach einer Pause von vielleicht zehn Minuten ertönt das gleiche dröhnende Geräusch noch einmal. Die Spannung im Saal steigt.

Derweil findet im benachbarten Rittersaal die Segnung der vergoldeten Buddha-Statue statt. Dabei wird die Bronzefigur mit einem Schleier zugedeckt. Nur ihr Kopf bleibt unverhüllt.