„...aber da redet man nicht drüber.“

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DGHS-Präsidentin Elke Baezner / Foto: Philip Möller

BERLIN. (dgpd/hpd) Die „Spiegel“-Journalistin Beate Lakotta hat in diesem Jahr den mit 5.000 Euro dotierten Arthur-Koestler-Preis der DGHS erhalten. Sie wird ausgezeichnet für ihren Artikel „Das Leiden der Anderen“, in dem sie fragt: „Sollen Mediziner Schwerstkranken helfen dürfen, ihr Leben selbstbestimmt zu beenden?“

 

Da die Preisträgerin wegen einer unaufschiebbaren Verpflichtung persönlich an der Teilnahme verhindert war, nahm der Chefarzt der Rettungsstelle des Vivantes Klinikum Am Urban, Dr. Michael de Ridder, der den Humanismus Preis 2009 für sein gesundheitspolitisches Engagement und das Recht auf ein humanes und selbstbestimmtes Sterben bekommen hatte, stellvertretend Preis und Scheck entgegen.

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Elke Baezner/Dr.M.de Ridder / Foto: DGHS
Die Jury für den Arthur-Koestler-Preis, unter Vorsitz des Journalisten Heiner Emde, hatte sich einstimmig für den von Beate Lakotta eingereichten Artikel entschieden.

Der „Spiegel“-Artikel von Beate Lakotta (vom 24.11.2008, 48/2008) beleuchte nicht nur ein Einzelschicksal, sondern gehe auf gesellschaftliche Zusammenhänge ein und untermauere seine Ergebnisse mit statistischem Material und mit Gesamtdarstellungen.. In seiner Vielseitigkeit arbeite er auch gesellschaftliche Defizite heraus.

„Das Leiden der anderen“ sei keineswegs unkritisch und auch nicht unbedingt identisch mit DGHS-Positionen. Aber er mache anschaulich, dass politisch gehandelt werden muss, so die Jurymeinung. Die Verabschiedung des Patientenverfügungsgesetzes im Juni sei nur der erste Schritt auf dem Weg zu einer echten Humanität am Lebensende.

Das Interesse von Beate Lakotta gilt seit Jahren der Palliativmedizin. Sie kennt die Materie, recherchiert auf Tagungen und Seminaren. Und „hinterher hört man dann oft noch private Meinungen dazu“, sagt sie. Womit angedeutet ist, dass es hinter den offiziellen Verlautbarungen eine zweite Ebene gibt. So ergab eine Studie im Auftrag des Spiegel, dass ein Drittel der 483 befragten Ärzte eine Regelung für den ärztlich assistierten Suizid begrüßen würde. Immerhin jeder Sechste bejahe dies auch für die aktive Sterbehilfe. Fast jeder Fünfte gab an, bereits ein- oder mehrmals in seinem Umfeld von Suizidbeihilfe erfahren zu haben und fast 40 Prozent könne sich vorstellen, diese selbst zu leisten. „Das macht man, aber da redet man nicht drüber“, wird in dem prämierten Artikel ein Mediziner zur Thematik Sterbehilfe zitiert.

„Nun gilt es, Druck aufzubauen“

Die Laudatio auf die Preisträgerin von Heiner Emde, vorgetragen von Dieter Dombrowski, endete mit einer Einschätzung nach der Verabschiedung der Rechtssicherheit der Patientenverfügung.

„Nun ist sie Fakt, geltendes Recht. Aber sie kann nicht das Ende sein. Es gilt, Druck aufzubauen für einen höheren Stellenwert von Schmerz lindernden und mindernden Therapien. Palliativmedizin muss Pflichtfach werden in Studium und Ausbildung. Die Unterweisung darin und die Praxis müssen zwingend vorgeschrieben werden. Die öffentliche Wahrnehmung der Möglichkeiten noch viel stärker zu befördern, muss eines unserer neuen Ziele sein.

Und ein zweites: Der Streit, der Kampf um die Selbstbestimmung zum Tode muss fortgeführt werden. Wir dürfen uns des Beistandes einer großen Pressure-group sicher sein – der Juristen. Längst will eine überwältigende Mehrheit von Rechtskundigen den ärztlich assistierten Suizid in Deutschland durchsetzen. Vor Jahren war dies schon Beschluss-Lage auf einem Juristentag. Noch steht dem die starre offizielle Haltung im ärztlichen Standesrecht entgegen. Aber die wackelt – siehe „Die Leiden der Anderen“ von Beate Lakotta.

dghp/C.F.