Notizen aus Russland

Russische Weihnachten am 7. Januar - für acht Prozent ein religiöses Fest.

Das Datum des

russisch-orthodoxen Weihnachtsfestes – den 7. Januar – kennen 86 Prozent der Einwohner Russlands. Das ergab eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts FOM. Für 21 Prozent der Befragten ist dies ein „großes", „echtes" und „schönes" Fest. Bei 20 Prozent löst es eine fröhliche bzw. festliche Stimmung aus. Nur acht Prozent verwiesen auf den religiösen Charakter dieses Festes. <Weiterlesen...> (Deutsch)

Neues Unterrichtsfach (1): Menschenrechte

Der russische Bildungsminister Andrej Fursenko hatte im vergangenen September die Einführung eines neuen Unterrichtsfachs angekündigt. Nach seiner Auffassung sollen in diesem Jahr an russischen Schulen und Universitäten „Menschenrechte" unterrichtet werden. Das Fach werde Schüler und Studenten mit allen Rechten vertraut machen, die einem Bürger laut russischer Verfassung und gemäß internationalem Recht zustehen. Der Minister betonte in diesem Zusammenhang, dass Russland sich damit zum fortschrittlichsten Rechtsstaat der Erde entwickeln werde. Die Mehrzahl der westlichen Industriestaaten wie Deutschland, Großbritannien oder die USA hätten kein eigenes Fach „Menschenrechte" und würden die betreffenden Inhalte als Bestandteil in anderen Sozialfächern bzw. Gesellschaftswissenschaften vermitteln.
Bisher existieren jedoch keine Unterrichtsmittel und keine qualifizierten Lehrkräfte für das neue Fach. Während die Ankündigung Fursenkos in der Duma, dem russischen Parlament, begrüßt wurde, betrachten Pädagogen die Machbarkeit und den Sinn eines Lehrfaches „Menschenrechte" eher skeptisch. So erklärte Jewgeni Bunimowitsch, Verdienter Pädagoge des Landes: „Ehrlich gesagt bezweifele ich, dass dieses Fach in nächster Zukunft eingeführt wird: Unsere Kinder sind heutzutage ohnehin mit neuen Unterrichtsfächern überfrachtet." Und er fügte hinzu: „Wir haben nicht einmal genügend Mathematik- und Geschichtslehrer; wer denkt denn da an Lehrpersonal für Menschenrechte!" <Originalartikel> (Russisch)

Neues Unterrichtsfach (2): Orthodoxe Kultur

Während die Diskussion um den Sinn oder Unsinn eines Lehrfaches „Menschrechte" erst in Gang gekommen ist, läuft trotz heftiger Debatten die Einführung des neuen Lehrfaches „Grundlagen der orthodoxen Kultur". Seit September wird es in vier zentralrussischen Provinzen als Pflichtfach gelehrt, in elf weiteren Regionen hingegen fakultativ unterrichtet. Die Einführung des Faches als Pflichtdisziplin war maßgeblich von der Moskauer Patriarchie der russisch-orthodoxen Kirche vorangetrieben worden und zieht eine Welle von Klagen nach sich. Zahlreiche Eltern wehren sich dagegen, dass ihre Kinder zur Religionskunde gezwungen werden. Denn unter der weniger unverfänglichen Bezeichnung „Kultur" wird ihrer Ansicht nach in Wahrheit die Gotteslehre der orthodoxen Kirche verbreitet.

Unwille kommt auch vonseiten der Konkurrenz: Der Muftirat Russlands verlangt nun seinerseits die Einführung eines Pflichtfachs „Grundlagen der islamischen Kultur" und bereitet dazu ein eigenes Lehrbuch vor. Das Muftirat ist darüber beunruhigt, dass die Einführung der „Grundlagen der orthodoxen Kultur" dazu genutzt werden könne, die Überlegenheit einer Religion über die anderen zu propagieren. In diesem Sinn äußerten sich auch Vertreter der russischen Juden, Buddhisten, Katholiken, Protestanten und Atheisten.
Gleichfalls hält nach Einführung des neuen Schulfaches die öffentliche Diskussion darüber an, inwieweit Religionskunde-Fächer überhaupt verfassungskonform seien, da Russland laut Grundgesetz ein weltlicher Staat ist. Diese Debatte hatte letztlich dazu geführt, dass das Unterrichtsfach zur orthodoxen Lehre mehr unter einem kulturologischen Aspekt eingeführt werden sollte.

Alexander Tschujew, der stellvertretende Vorsitzende des Staatlichen Duma-Komitees für gesellschaftliche und religiöse Organisationen erinnerte im Verlauf der Debatte an das Prinzip der konfessionellen Toleranz. Um einheitliche Kriterien und Prinzipien zu konfessionsbezogenen Fächern zu schaffen, sprach er sich für die Einrichtung einer Arbeitsgruppe Religionsunterricht beim Ministerium für Bildung und Wissenschaft aus. <Originalartikel1> (Russisch) und <Originalartikel2> (Russisch)

„INTERFAX - Religion" - Und wo bleibt die Weltanschauung?

Obwohl der Einfluss der Religion in Russland gewachsen sei, stellt die Zeitung „Iswestija" fest, habe sich dies bisher kaum auf die Struktur der Informationsangebote bei den Nachrichtenagenturen des Landes ausgewirkt. INTERFAX sei die erste große Agentur, die vor zwei Jahren eine Rubrik „Religion" eingerichtet und mit ihr ein breites Echo gefunden habe. Die Webseite „INTERFAX - Religion" enthält die Unterrubriken „Orthodoxie", „Islam", „Judentum", „Buddhismus", „Katholizismus und Protestantismus", „Nationale Religionen", „Neue religiöse Bewegungen", „Atheismus und Säkularismus" sowie „Dialog". Sie werde täglich von bis zu 8000 russischsprachigen und bis zu 2000 englischsprachigen Nutzern besucht. Hierbei seien weitere Tausende von Abonnenten des zahlungspflichtigen Nachrichtenbereichs der Agentur noch nicht mit eingerechnet. Die „Iswestija" führte ein Gespräch mit Walentina Dudkina, der Chefredakteurin von „INTERFAX - Religion". Darin hebt Frau Dudkina die über 100 geführten Exklusiv-Interviews als besonders wertvolles Informationsmaterial hervor. <Originalartikel> (Russisch)

Russlands Muslime empört über Hinrichtung von Saddam Hussein

Der Muftirat Russlands hat die Hinrichtung des irakischen Ex-Präsidenten Saddam Hussein verurteilt und erklärt, dass die russischen Muslime über „diese Barbarei des Mittelalters" empört seien. Der stellvertretende Vorsitzende des Muftirates Damir Gisatullin bedauerte, dass es der internationalen Gemeinschaft nicht gelungen sei, die Vollstreckung der Todesstrafe gegen Hussein abzuwenden. Besondere Empörung ruft unter den russischen Muslimen die Tatsache hervor, dass Hussein am Vorabend des wichtigsten islamischen Feiertags, des Opferfests, gehängt wurde. „Allah selbst hat, damit kein menschliches Blut vergossen wird, den Gläubigen ein Lamm in die Hände gelegt", erinnerte Gisatullin. Er zeigte sich überzeugt, dass „dieses Opfer (die Hinrichtung Husseins) nicht zu Frieden und Einigkeit führt, sondern im Gegenteil zu einer Erschwerung der Situation". <Originalartikel> (Deutsch)

Wiedervereinigung der orthodoxen Kirchen am 17. Mai 2007

Die Wiedervereinigung der russisch-orthodoxen Kirchen Russlands und des Auslandes findet im Mai dieses Jahres statt. <Originalartikel> (Russisch)

 

Tibor Vogelsang