Argumente gegen rechtsextreme Parolen

(hpd) Der Politikwissenschaftler Harald Bergsdorf will in dem Band „Fakten statt Fälschungen. Argumente gegen rechtsextreme Parolen“ Basisinformationen über den Rechtsextremismus und Argumente gegen seine Agitation liefern. Während der Band einerseits als erste Information dienlich ist, wirkt er andererseits bezüglich der Bewertungen häufig eher oberflächlich.

 

„Komplizierte Zusammenhänge zu erklären“, so der Soziologe Ralf Dahrendorf, „ist eine Hauptaufgabe demokratischer Streitkultur“. Diese Aufforderung gilt auch für den Umgang mit dem Rechtsextremismus in unterschiedlicher Form: Zum einen bezüglich der Beschäftigung mit seinen gesellschaftlichen und organisatorischen Erscheinungsformen, zum anderen hinsichtlich der Auseinandersetzung mit den Inhalten der Agitation und Ideologie der politischen Träger. Einen Beitrag dazu will der Politikwissenschaftler Harald Bergsdorf, Landeskoordinator gegen Rechtsextremismus in der Landeszentrale für politische Bildung in Nordrhein-Westfalen, mit seinem Buch „Fakten statt Fälschungen. Argumente gegen rechtsextreme Parolen“ leisten. Es soll einerseits über ideologische Besonderheiten und organisatorische Entwicklungen im gegenwärtigen Rechtsextremismus informieren, andererseits aber auch Argumente und Fakten gegen die Agitation und Hetze dieses politischen Lagers für den Alltagsdiskurs liefern.

Entsprechend dieser Aufgabenstellung gliedert sich das Buch auch in elf große Teile: Zunächst geht es um eine Definition von Extremismus und Rechtsextremismus, die Ursachen für rechtsextremistische Wahlerfolge und eine Analyse der Bedingungsfaktoren für den Rechtsextremismus im Osten. Dem folgt ein kurzer Abschnitt mit Daten zu rechtsextremistischen Themen im Spiegel der Demoskopie und zur aktuellen Entwicklung im organisierten Rechtsextremismus. Bei Letzterem geht der Autor insbesondere auf die Neuausrichtung der NPD und deren Verhältnis zu den Neonazis ein, wobei Konflikte wie Kooperation benannt werden. Danach finden sich kritische Anmerkungen mit einschlägigen Fakten gegen die bedeutenden rechtsextremistischen Positionen zu „Ausländerkriminalität“, „Islamisierung“, „Sozialabbau“ oder „Zuwanderungsflut“. Der Anhang bringt dann neben einem Glossar mit einer Definition und Erläuterung zu zentralen Begriffen noch eine Übersicht zu den verbotenen Organisationen und Symbolen.

Bergsdorf stellt sein Buch bezüglich der beabsichtigten Wirkung als eine Art Handbuch zur Aufklärung über und Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus in folgenden Kontext: „Um Rechtsextremismus dauerhaft und nachhaltig, also strukturell statt nur konjunkturell, bis zur Bedeutungslosigkeit zurückzudrängen, ist es besonders wichtig, politisch und gesellschaftlich frühzeitig gegenzusteuern und ihn konsequent, aber selbstverständlich nach Recht und Gesetz zu bekämpfen. Dazu gehört eine regelmäßige argumentative Auseinandersetzung mit rechtsextremen Funktionären und vor allem ihren Mitgliedern, deren Denken, Sprechen und Handeln weniger verhärtet ist. Es gilt, Vereinfachungen schon im Alltag zu thematisieren und zu widerlegen. Das aber gelingt nur, wenn jede und jeder alle Möglichkeiten nutzt und ausschöpft, rechtsextremen Parolen zu widersprechen. In Schulen, Betrieben, auf Sportplätzen und anderswo. Kurz: Es geht darum, forciert mit Fakten gegen Fälschungen zu intervenieren statt zu resignieren“ (S. 11).

Das Urteil über den Band fällt ambivalent aus: Einerseits findet man darin wichtige Basisinformationen zum Rechtsextremismus, die als erster Einstieg ins Thema gut genutzt werden können. Das Kapitel zu den Fakten gegen rechtsextremistische Behauptungen dient in den meisten Stichworten zur inhaltlichen Vorbereitung für einschlägige Diskussionen. Den damit verbunden Vorzügen stehen aber gewisse Defizite gegenüber: Andererseits fehlt es auf der formalen Ebene an genauen Belegen für die präsentierten Einschätzungen, die auch für den Einsteiger ins Thema die weiterführende Beschäftigung ermöglichen würden. Bergsdorf definiert zwar Extremismus, nennt aber Ideologiemerkmale des Rechtsextremismus nur in einem viel zu knappen Vergleich mit dem Linksextremismus. Seine einseitige Deutung des Rechtsextremismus im Osten aus der DDR-Vergangenheit verkennt, dass der Rechtsextremismus-Anteil dort erst ab 1998 stärker als im Westen war. Und die Darstellung zu den Organisationen bleibt leider doch sehr allgemein.

Armin Pfahl-Traughber

Harald Bergsdorf, Fakten statt Fälschungen. Argumente gegen rechtsextreme Parolen, München 2010 (Olzog-Verlag), 155 S., 14,90 €