Onlinepornografie und Religion

Religiöse Moralvorstellungen stehen Pornokonsum nicht im Weg

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4,6 Milliarden Stunden hat die Menschheit im vergangenen Jahr allein auf der Internetpornoseite PornHub verbracht. Unter den zwanzig Ländern mit den meisten Zugriffen auf die Seite sind neun Staaten, in denen sich mehr als zwei Drittel der Bevölkerung als religiös bezeichnen, und lediglich vier, in denen das weniger als ein Drittel tun. Islamische Staaten befinden sich nicht unter den Top 20-PornHub-Ländern.

Um die im vergangenen Jahr bei PornHub heruntergeladene Datenmenge von 3.110 Petabyte (1 Petabyte entspricht einer Million Gigabyte) zu speichern, bräuchte es 194 Millionen USB-Sticks, heißt es im statistischen Jahresbericht des Online-Pornoanbieters. Würde man diese mit einem Fassungsvermögen von 16 Gigabyte ausgestatteten Datenträger im Standardformat aneinanderreihen, könne man damit einmal den Mond umrunden. Dies veranschaulicht die enorme Datenmenge an pornografischem Material, die im vergangenen Jahr allein auf einer der drei weltweit größten Internetplattformen für Onlinepornografie heruntergeladen wurden. Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Anzahl der Stunden, die die Menschen auf PornHub verbracht haben, um 200 Millionen Stunden beziehungsweise 22.831 Jahre. Setzt sich dieser Trend fort, wird die Menschheit schon 2019 mehr als drei Mal soviel Zeit auf den PornHub-Seiten pro Jahr verbringen als der Homo Sapiens insgesamt auf diesem Planeten.

Die meisten der 64 Millionen Zugriffe am Tag verzeichnete die größte Seite im Porno-Universum des milliardenschweren MindGeek-Konzerns im vergangenen Jahr in den USA. Danach folgten mit großem Abstand Großbritannien, Kanada, Indien und Japan. Deutschland, im letzten Jahr noch unter den Top-5 der Länder mit den meisten Zugriffen, ist 2016 hinter Frankreich auf Rang 7 gefallen.

Gleicht man die von Pornhub veröffentlichten Informationen mit den Erkenntnissen aus der im Jahr 2015 durchgeführten WIN/Gallup-Umfrage zur Religiosität in 65 Staaten ab, erscheint das Resultat der fünf Staaten mit den meisten PornHub-Zugriffen zunächst unauffällig. Zwischen 76 Prozent (Indien) und 13 Prozent (Japan) der Befragten aus diesen Ländern gaben in der telefonischen Umfrage an, religiös zu sein, zwischen 66 (Großbritannien) und 23 Prozent (Indien) sagten, sie seien nicht-religiös oder atheistisch. Internetpornografie wird, so kann man daraus ableiten, sowohl in religiösen bis stark religiösen als auch in wenig religiösen Ländern gleichermaßen konsumiert.

Religiöse Selbstverortung grenzt Online-Pornokonsum weder im Umfang noch in der Art ein

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Religiosität in den zwanzig Ländern mit den weltweit meisten PornHub-Zugriffen 2016

Nimmt man die zwanzig Länder mit den meisten PornHub-Zugriffen in den Blick und gleicht diese mit den WIN-Gallup-Daten ab, wird zumindest deutlich, dass religiöse Selbstverortung Pornokonsum nicht unbedingt verhindert. Mit Indien, Italien, Brasilien, Mexiko, Russland, den Philippinen, Polen, Argentinien und Russland befinden sich gleich neun Staaten unter den zwanzig Länder mit den meisten PornHub-Zugriffen, in denen mehr als zwei Drittel der Menschen bei der WIN/Gallup-Umfrage angaben, religiös zu sein (dunkelblau). Demgegenüber steht mit Schweden nur ein Staat, in dem mehr als zwei Drittel der Befragten keine religiöse Bindung haben, sprich sich als nicht-religiös oder dezidiert atheistisch bezeichneten.

Insgesamt bleibt das Verhältnis von mehrheitlich religiös beziehungsweise nicht-religiös (hellblau) unter den Top-20-PornHub-Ländern ausgeglichen. In exakt zehn der gelisteten Staaten gaben mehr als die Hälfte aller Befragten an, religiös zu sein (56-91 Prozent). In neun Staaten waren unter den Befragten mehr Nicht-Religiöse und Atheisten (53-76 Prozent). In Belgien gibt es keine klare Mehrheit.

An den Rändern der Religiosität sind die Verhältnisse wiederum recht klar. Während mit Schweden, den Niederlanden, Großbritannien, Japan, Deutschland und Australien gleich sechs der zehn am wenigsten religiösen Länder in PornHubs Top-20 auftauchen, findet sich keines der zehn religiösesten Länder der Welt auf der Liste.

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Suchbegriffe bei PornHub

Eine klare Zuordnung nach Suchbegriffen in den zwanzig Staaten mit den meisten Zugriffen ist nicht erkennbar, entsprechend lassen sich hier auch keine "Favoriten" in den zehn eher religiösen bis stark religiösen Ländern ausmachen. Aus der entsprechenden Grafik geht aber hervor, dass in religiösen Staaten dieselbe Bandbreite an Interessen herrscht wie in den weniger religiösen Ländern. Religiöse Moralvorstellungen grenzen die Art des Internetpornokonsums offenbar nicht ein.

Zusammenhang zwischen Verweildauer auf PornHub und dem gesellschaftlichen Grad der Religiosität ist ambivalent

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Religiosität in den zwanzig Ländern mit den weltweit längsten PornHub-Verweildauern 2016

Die PornHub–Statistiken lassen auch einen Blick auf die Verweildauer der User auf dem Portal zu. Demnach verbringen die Nutzer auf den Philippinen mit 12:45 Minuten im Durchschnitt die meiste Zeit pro Besuch auf der Seite. Es folgen Südafrika (10:46), die USA (10:15), Kanada (9:49) und Großbritannien (9:44). Deutschland liegt in diesem Ranking auf Platz 13 (8:51).

Legt man über diese Zahlen die Erkenntnisse der WIN/Gallup-Befragung, bestätigt sich der Eindruck, dass religiöse Selbstverortung kaum Einfluss auf den Konsum von Internetpornografie hat. Mit den Philippinen und Südafrika führen die beiden Staaten mit den meisten Religiösen unter den Befragten die Liste an. Danach folgen die USA, wo sich mehr als die Hälfte aller Befragten als religiös bekannten. Auf Rang vier bis neun stehen dann wiederum Staaten, in denen 53 bis 76 Prozent aller Umfrageteilnehmer angaben, nicht religiös oder atheistisch zu sein.

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Besuchszeit auf PornHub von Nutzern aus den USA

Prüde Amerikaner surfen am längsten

Mit Blick auf die USA, auf deren Internetnutzer allein 40 Prozent und damit der Großteil des gesamten Datenverkehrs auf der Seite zurückzuführen ist, ändert sich das Bild. Hier belegen die PornHub-Daten, dass die Besucher der Seite in den evangelikal geprägten Bundesstaaten im Südosten der USA (sog. Bible Belt) am längsten auf der Seite bleiben. Acht der zehn Bundesstaaten mit der größten Verweildauer können dem Bible Belt zugeordnet werden (Mississippi, Alabama, Arkansas, Louisiana, South Carolina, Georgia, Tennessee, North Carolina). Die zwei anderen Top-10-Bundesstaaten, die außerhalb des Bible Belts liegen (Hawaii und New Mexico) sind ebenfalls stark religiös geprägt. Laut Pew Research Center sind von den rund 1,5 Millionen Hawaiianern 63 Prozent christlich, von den etwas mehr als 2 Millionen Einwohnern in New Mexico sind sogar 75 Prozent christlich-religiös. Der Anteil der Nicht-Religiösen in diesen Staaten liegt nach Angaben der "Religious Landscape Study" des Pew Research Center zwischen 12 (Alabama) und 26 (Hawaii) Prozent. Die mehrheitlich christliche Selbstverortung der Bevölkerung in den US-Bundesstaaten scheint das Interesse an Internetpornografie zumindest nicht negativ zu beeinflussen.

Diese These belegt auch eine Statistik des ebenfalls dem MindGeek-Imperium zuzuordnenden Anbieters RedTube zu Pornografie in Verbindung mit Transsexualität. Demnach steigt das Interesse an Trans Porn in den USA seit 2013 beständig an. Demnach wurden in Wyoming (laut Pew Research Center 71 Prozent christlicher Bevölkerungsanteil), Nevada (66 Prozent), Delaware (69 Prozent), Louisiana (84 Prozent) und New Hampshire (59 Prozent) am meisten nach Trans Porn gesucht. Wenngleich sich daraus nicht eindeutig ableiten lässt, dass ein hohes Maß an Religiosität in einem Bundesstaat zu einem verstärkten Interesse an nicht-heteronormativer Pornografie führt, so scheint es diese doch zumindest auch nicht zu verhindern.

Zusammenhang zwischen Demokratie/Pressefreiheit und Online-Pornokonsum

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Werte zu Demokratie & Pressefreiheit in den zwanzig Ländern mit den weltweit meisten PornHub-Zugriffen 2016

Während die Religiosität der jeweiligen Bevölkerungen keine eindeutige Relevanz für den Pornokonsum auf PornHub spielt, lässt sich ein Zusammenhang zwischen dem Zugang zu beziehungsweise Konsum von Internetpornografie und demokratischer Ordnung herstellen. Gemessen am Demokratieindex der amerikanischen Nichtregierungsorganisation Freedom House aus dem letzten Jahr gelten 17 der die PornHub-Statistiken anführenden Staaten als frei (grün) und zwei als teilweise frei (gelb). Nur Russland wird in dem Demokratieindex als unfrei (rot) bezeichnet. Da der Freedom-House-Index immer wieder als parteilich kritisiert wird, sei ein Blick in den letzten Demokratie-Index des britischen Wirtschaftsfachblatts "The Economist" aus dem Jahr 2015 erlaubt. Als "vollständig demokratisch" werden dort nur acht der 20 Top-PornHub-Länder gelistet (grün). Elf weitere dieser Staaten werden als "fehlerhafte Demokratien" eingestuft (gelb), weil sie zwar freie und faire Wahlen abhalten, aber Schwierigkeiten in Fragen der Pressefreiheit, politischen Partizipation oder guter Regierungsführung haben. Russland fällt hier aus der dritten Kategorie der "hybriden Regime" heraus in die schlechteste Regierungsform der "autoritären Regime" (rot).

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Weltkarte der Pressefreiheit / Reporter ohne Grenzen

An dieser Stelle sei auch auf das Ranking der Organisation "Reporter ohne Grenzen" verwiesen, die jährlich die Lage zur Informations- und Pressefreiheit in 180 Ländern untersucht. Aus dem Vergleich der Top-20-PornHub-Staaten mit der Rangliste 2016 geht hervor, dass die Organisation die Lage in den Niederlanden, Schweden, Belgien und Deutschland als "gut" bewertet (grün) und Kanada, Australien, Spanien, Großbritannien, Südafrika, den USA, Frankreich und Polen eine "zufriedenstellende Lage" attestiert (gelb). In Argentinien, Japan, Italien und Brasilien treten demnach "erkennbare Probleme" auf (orange), in Indien, auf den Philippinen, in Russland und Mexiko sei die Lage "schwierig" (rot). "Sehr ernst" ist die Lage zur Pressefreiheit in keinem der Top-20-PornHub-Staaten. Der Vergleich mit dem Index zur Pressefreiheit von Freedom House 2016 zeigt eine tendenziell positivere Bewertung der Situation durch die amerikanische NGO. Demnach gilt in zwölf Staaten die volle Pressefreiheit (grün), in sechs Staaten gilt sie teilweise (gelb) und in zwei Staaten ist die Pressefreiheit nicht gegeben (rot). Grundsätzlich aber kann man aus diesen Vergleichen wenig überraschend schließen, dass es tendenziell einen positiven Zusammenhang zwischen Demokratie und Pressefreiheit einerseits und dem Konsum von Internet-Pornografie gibt. Zur demokratischen und medialen Freiheit gehört eben auch die Entscheidungshoheit der Bürger über die Inhalte, die sie konsumieren.

Die kanadische Internetpornoseite PornHub gehört neben den ebenfalls stark frequentierten Seiten von RedTube und YouPorn zum Porno-Universum des von dem deutschen Fabian Thylmann gegründeten MindGeek-Konzerns. Es ist die mutmaßlich drittgrößte Seite für Internetpornografie. Im weltweiten Alexa-Ranking rangiert die Seite (53) noch vor xhamster.com (79) und xvideos.com (112). Die jährliche Statistik gibt daher einen guten Eindruck über den Konsum von Internetpornografie weltweit, bildet ihn aber nicht vollständig ab. PornHub ist eine der wenigen einschlägigen Websites, von der jährliche Nutzerstatistiken veröffentlicht werden.

Der Durchschnittsbesucher von PornHub ist 35 Jahre alt und in drei von vier Fällen ein Mann. Darüber hinaus gehört der Durchschnitts-Konsument nicht zu den zehn Millionen registrierten Nutzern der Seite und kommt über sein Handy auf die Seite.


Nachtrag 18.01.2017: Wie die TechSite inquirer.net berichtet, hat die philippinische Regierung zehn Tage nach Veröffentlichung der PornHub-Jahresstatistik den freien Zugang zu Webseiten gesperrt, die sexuelle und pornografische Inhalte anbieten. Sie begründet den Schritt damit, Kinderpornographie eindämmen zu wollen. Belege dafür, dass sich auf den gesperrten Seiten kinderporenografisches Material befindet, hat die Regierung nicht erbracht. Die Philippinen sind mit einem Bevölkerungsanteil von 86 Prozent gottesgläubiger Menschen einer der religiösesten Staaten der Erde, vier von fünf Philippinern sind Mitglied in der Katholischen Kirche.