Die Abschaffung des laizistischen Staates in der Bildung

Türkei ohne Darwin

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Was sich bereits Anfang des Jahres angekündigt hat, scheint nun Tatsache zu werden: die türkischen Behörden streichen Darwins Evolutionstheorie aus den Lehrbüchern der 9. Klassen. Dafür muss in allen neuen Schulen künftig ein Gebetsraum oder eine Moschee eingerichtet werden.

Kritiker fassten die bereits im Februar öffentlich gewordenen Pläne unter dem Begriff "Islamisierung des Schulunterrichts" zusammen. Bildungsminister Ismet Yilmaz begründete die "Reform" unter anderem mit dem schlechten Abschneiden türkischer Schüler in der Pisa-Studie. Im kommenden Schuljahr sollen die Schüler der ersten, fünften und neunten Klassen bereits nach dem neuen Bildungsprogramm unterrichtet werden.

Im Entwurf des neuen Bildungsplanes wurden Kapitel über den Staatsgründer Atatürk und dessen Weggefährten kräftig zusammengestrichen. Zudem wurde Charles Darwin und die Evolutionstheorie aus dem Lehrplan gestrichen. Diese Unterrichtseinheit soll durch ein Kapitel mit dem Titel "Lebewesen und Umwelt" ersetzt werden.

Wie tagesschau.de bereits im Februar berichtete, "arbeitet das Bildungsministerium auch daran, den Dschihad - den heiligen Krieg - in den Lehrplan für die siebte Klasse aufzunehmen." Säkularismus und Atheismus würde in den neuen Religionsbüchern als "problematische Überzeugungen" und "Krankheiten" bezeichnet werden.

Bildungsexperten und Bürger machten mehr als 1.840.000 Eingaben gegen die Bildungsreform. Doch Ankara will sie unbedingt umsetzten. Das kündigte jetzt ein hoher an. "Sie sei zu kompliziert und zudem umstritten", sagte laut Medienberichten Alpaslan Durmus, Vorsitzender des Bildungsausschusses. "Die türkischen Schülerinnen und Schüler hätten nicht das nötige Wissen, um ein solch kontroverses Thema zu verstehen." Laut Durmus orientiert sich der Umbau des Bildungssystems an "türkischen Werten". Dazu zähle auch eine Verringerung der Unterrichtszeit für den von Republikgründer Mustafa Kemal Atatürk eingeführten Laizismus.

Der türkische Staatspräsident Erdogan soll die Gesetzesänderungen bereits unterzeichnet haben.

Das Bildungsministerium gab am Wochenende weitere Neuerungen bekannt: So muss in allen neu gebauten Schulen künftig eine Moschee oder ein Gebetsraum eingerichtet werden. Zudem erleichtert die geplante Gesetzesänderung die Gründung religiöser Imam-Hatip-Schulen, die beim letzten Pisa-Test besonders schlecht abschnitten.