Ich liebe Feuerwerke, ABER…

Was soll also geschehen? Ich bin nicht für ein gänzliches Verbot von Feuerwerken (wie in manchen Rechtssystemen, etwa in Nordirland während des Nordirlandkonflikts). Häufig werden zwei Kompromisse diskutiert. Erstens, Feuerwerke sollen auf gewisse Tage im Jahr beschränkt werden, wie etwa die Guy Fawkes Nacht oder Silvester. Für spezielle Anlässe – große Partys, Bälle oder dergleichen – sind individuelle Anträge nötig, ähnlich der Erlaubnis, zu speziellen Anlässen laute Musik spielen zu dürfen. Der andere Kompromiss wäre, dass nur die öffentliche Verwaltung Feuerwerke veranstalten darf, und nicht jeder x-beliebige Bürger in seinem Hinterhof. Ich möchte einen dritten Kompromiss vorschlagen, der die ersten beiden überflüssig machen würde: Visuell ansprechende Feuerwerke sind erlaubt, für Lärm gelten starke Einschränkungen. Es gibt tatsächlich leise Feuerwerke.

Obwohl die Antworten auf meine Tweets überwältigend zustimmend waren, gab es abweichende Meinungen, die sich in zwei Lager teilten und ernst genommen werden müssen. Erstens, wäre eine rechtliche Beschränkung von Feuerwerken nicht ein Eingriff in die persönlichen Freiheiten? Und zweitens, sollte das Vergnügen der Menschen nicht Vorrang vor “bloßen Tieren” haben?

Das Argument der persönlichen Freiheiten ist oberflächlich betrachtet überzeugend. Manche Twitter-Nutzer meinten, was Leute in ihren eigenen Gärten tun – auf ihrem Privatgrund – geht niemanden etwas an, schon gar nicht den “Bevormundungsstaat”. Aber der Lärm und die Druckwellen einer lauten Explosion reichen weit über die Grenzen eines jeden Gartens hinaus. Nachbarn, die die Blitze und Farben des Feuerwerks nicht mögen, können den Vorhang vorziehen. Gegen die lauten Knalle hilft das aber nichts. Lärmbelästigung ist auf auffällig unentrinnbare Weise antisozial, deshalb ist auch die Noise Abatement Society (Lärmminderungsinitiative; Anm. d. Übers.) so notwendig.

Wie steht es um den Einwand der “bloßen Tiere”? Ist das menschliche Vergnügen nicht wichtiger als verängstigte Hunde, Katzen, Pferde, Kühe, Hasen, Mäuse, Wiesel, Dachse und Vögel? Die Anmaßung, Menschen seien wichtiger als andere Tiere, ist tief in uns verankert. Es ist ein schwieriges philosophisches Problem, und das ist nicht der richtige Ort, um näher darauf einzugehen. Nur ein paar Gedanken.

Erstens, obwohl die Denkfähigkeit und Intelligenz nicht-menschlicher Tiere unserer weit unterlegen ist, ist diese berühmte Aussage des großen Moralphilosophen Jeremy Bentham heute ebenso gültig wie 1823: “…ein ausgewachsenes Pferd oder ein ausgewachsener Hund ist ein unvergleichlich rationaleres und auch umgänglicheres Tier als ein Kind im Alter von einem Tag, einer Woche oder auch einem Monat. Aber selbst wenn wir annehmen, es wäre genau umgekehrt, was wäre der Unterschied? Die Frage lautet nicht: Können sie logisch denken? Und auch nicht: Können sie sprechen? Sondern: Können sie leiden?”

Die Fähigkeit zu leiden – Schmerzen oder Angst zu fühlen – hängt nicht von der Vernunft oder der Intelligenz ab. Ein Einstein ist nicht mehr dazu imstande, Schmerzen oder Angst zu fühlen, wie eine Sarah Palin. Und es gibt keinen offenkundigen Grund zur Annahme, dass ein Hund oder ein Dachs weniger imstande ist, Schmerzen oder Angst zu fühlen, wie ein Mensch.

Im Fall der Angst vor Feuerwerken gibt es womöglich sogar Gründe zur Annahme des Gegenteils. Menschen verstehen, worum es sich bei Feuerwerken handelt. Menschliche Kinder können mit einer Erklärung getröstet werden: “Es ist schon gut, mein Schatz, es ist nur ein Feuerwerk, nur ein Spaß, kein Grund zur Sorge.” Bei nicht-menschlichen Tieren geht das nicht. Alles, was man tun kann, ist, mit ihnen zu kuscheln und beruhigende Geräusche zu machen.

Seien wir keine Spaßverderber. Aber Feuerwerke sind lautlos fast ebenso reizvoll. Und unsere gegenwärtige Missachtung von Millionen empfindungsfähiger Wesen, die nicht imstande sind zu verstehen, was Feuerwerke sind, die jedoch sehr wohl gänzlich imstande sind, sie zu fürchten, ist äußerst selbstsüchtig – auch wenn dies für gewöhnlich unwissentlich geschieht.

 

Übersetzung: Daniela Bartl, Adrian Fellhauer

 


Erklärung für nicht-britische Leser: Im Jahr 1605 wurde in letzter Minute ein katholisches Komplott, das Parlament zu sprengen, vereitelt. Der Anführer des Gunpowder Plot (“Pulververschwörung”), Guy Fawkes, wird alljährlich am 5. November in Britannien auf Lagerfeuern symbolisch verbrannt, und anstelle des Schießpulvers von damals zischen und knallen Feuerwerke. Kinder lieben die “Bonfire Night” oder “Guy-Fawkes-Night” und sagen ein Gedicht dazu auf: “Remember, remember/The Fifth of November/Gunpowder, treason and PLOT!”

Übernahme von richarddawkins.net