Kirchliches Arbeitsrecht als Dritter Weg

Kein Job für Maria?

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SAARBRÜCKEN. (hpd) Die gbs Saar veranstaltete in Kooperation mit der Peter-Imandt-Gesellschaft eine Podiumsdiskussion zum kirchlichen Arbeitsrecht. Zwei Vertreter der Kommissionen zur Ordnung des Arbeitsvertragsrechts im kirchlichen Bereich (KODA) diskutierten mit Ingrid Matthäus-Maier (gbs Beirätin) und Berno Schuckart-Witsch von Verdi unter Moderation von Peter Tiefenbrunner.

Der Titel des Abends „Kein Kob für Maria?“ spielte provokativ darauf an, ob jemand wie Maria – jüdischen Glaubens und mit einem unehelichen Kind – ohne Weiteres einen Job in einer kirchlichen Einrichtung ausüben könnte, oder ob ihr gekündigt werden würde. An dem Abend im Schlosskeller in Saarbrücken ging es um die Sonderrechte, welche die katholische als auch die evangelische Kirche als Arbeitgeber für sich beanspruchen.

Es diskutierten Ingrid Matthäus-Meier als Sprecherin von GerDiA (Gegen religiöse Diskriminierung am Arbeitsplatz) und Berno Schuckart-Witsch auf der kirchenkritischen Seite. In der Defensive mussten sich Andrea Hoffmann-Göritz und Mathias Müller behaupten. Beide kamen als Vertreter der katholischen Kommissionen zur Ordnung des Arbeitsvertragsrechts im kirchlichen Bereich (kurz: KODA), jeweils für die Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite. Die beruflich langjährig erfahrenen Podiumsteilnehmer lieferten sich in den kommenden 1 1/2 Stunden einen regen Austausch, der bisweilen aktiv durch Zwischenfragen und Einwürfe vom Publikum mitgestaltet wurde.

Die Schwerpunkte der Kritik von Ingrid Matthäus-Maier lagen darin, dass die kirchlichen Einrichtungen fast vollständig staatlich finanziert werden und sie jedoch gleichzeitig maßgeblich in die persönliche Lebensführung und die Grundrechte ihrer Angestellten eingreifen können. Außerdem gebe es zu wenige Ausweichmöglichkeiten zu den konfessionsgebundenen Kindergärten und Krankenhäusern, weil es insbesondere im ländlichen Bereich an kommunalen Alternativen mangelt. Matthäus-Maier konnte vor allem durch ihr juristisches Fachwissen und viele Fallbeispiele aus dem kirchen- und arbeitsrechtlichen Bereich bestechen.

Durch KODA wurden bereits viele verbesserte Bedingungen für die Beschäftigten ausgehandelt, erläuterte Hoffmann-Göritz. Das durch den „Dritten Weg“ ausgeschlossene Streikrecht wäre dabei gar nicht von Nöten, weil die Verhandlungen stets zu einem Ergebnis führen müssten.

Mathias Müller betonte, dass ein Kirchenaustritt oder eine Wiederverheiratung in den wenigsten Fällen zur Kündigung führt, da jeder Einzelfall in einem Abwägungsprozess differenziert geprüft werde. Er wies ebenfalls darauf hin, dass Gewerkschaften neuerdings die Möglichkeit haben innerhalb der kirchlichen Betriebe aufzutreten. Die in einer Vollversammlung auf Bundesebene festgelegten Bestimmungen der KODA-Ordnung haben normative Wirkung, müssen also vom Arbeitgeber angewandt werden. Verdi habe jedoch kategorisch abgelehnt mitzuwirken.

Anhand einiger Punkte erklärte Schuckart-Witsch von der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft dies ausführlich. In erster Linie müsste Verdi sich unter das Regime der Kirche begeben und damit nicht den Interessen ihrer Mitglieder entsprechend agieren. Den wohl größte Streitpunkt stellt wohl das Streikrecht dar, welches in den kirchlichen Einrichtungen ausdrücklich nicht gilt. Verdi kann sich nicht ihrer Satzung entsprechend bei den Kommissionen betätigen, wenn dieses elementare Grundrecht von vornherein ausgeschlossen wird.

Mathias Müller wies während der Diskussion augenzwinkernd darauf hin, dass im Bistum Trier über 300 Mitarbeiterinnen mit dem Namen „Maria“ arbeiten. Fraglich bleibt, ob man sie um ihren Arbeitgeber beneiden sollte. Denn das Grundproblem bleibt weiterhin bestehen: Das kirchliche Arbeitsrecht.