Überlegungen zu einer vernünftigen Wirtschaft

Lebensgrundlagen bewahren – Ressourcen schonen

Schon in den 20er-Jahren des letzten Jahrhunderts begann General Motors damit, jährlich Veränderungen bei Automobilen einzuführen – und wenn es nur im Design war – um Kaufanreize zu schaffen auch für diejenigen, deren altes Auto noch funktionstüchtig war. Zur gleichen Zeit verständigten sich die führenden Herstellern von Glühbirnen auf eine tückischere Form der geplanten Obsoleszenz, die dem Kunden verborgen blieb: Die Lebensdauer von Produkten wurde auf 1.000 Stunden begrenzt. Fast unbegrenzte Möglichkeiten erschließen sich den Herstellern von programmierbaren Geräten: Verborgene Programmodule können das Gerät außer Betrieb setzen, wenn vom Hersteller definierte Nutzungsdauern erreicht werden. Eine weitere tückische Form der geplanten Obsoleszenz ist die Verwendung von ungeeigneten elektronischen Bauteilen oder deren unsachgemäße Anordnung auf einer Leiterplatte.

Was kann man gegen willkürliche Lebensdauerbegrenzungen unternehmen?

Langfristiges Ziel muss sein, eine (zumindest) europäische Richtlinie für ein obligatorisches Zulassungsverfahren als verbindlich für alle Hersteller zu etablieren. Vorbild dafür könnte die Europäische EMV-Richtlinie sein, die die Elektromagnetische Verträglichkeit definiert und gemeinsam mit den EMV-Normen die Voraussetzungen festlegt, die von Herstellern bei der Entwicklung und Fertigung von Produkten eingehalten werden müssen! Auf Basis gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse müssen Richtlinien erarbeitet und in Normen umgesetzt werden.

In einer Übergangsphase könnte mit einem Gütesiegel dem Verbraucher Hinweise über die Beschaffenheit des Produktes im Hinblick auf zu vermeidende Schwachstellen gegeben werden, um sein Kaufverhalten positiv zu beeinflussen. Mit diesem Gütesiegel wird dokumentiert, dass auch ethische Fragestellungen bezogen auf die Produktlebensdauer in die Entwicklung und Fertigung eines Produktes eingegangen sind. Es stellt als Werbeinstrumentarium die Dokumentation nach außen dar, so dass über den Markt Druck auf Hersteller ausgeübt wird, Produkte anzubieten, die dem Gütesiegel entsprechen.

Voraussetzung dafür ist jedoch, dass im Bereich der vorzeitigen Alterung von Produkten belastbare wissenschaftliche Daten systematisch ermittelt und gesammelt werden. Forschung, die sich dem interdisziplinären Ansatz zur gemeinsamen Weiterentwicklung wichtiger Fragen und Herausforderungen eines Produkt-Lebenszyklus widmen, wird notwendig. Als heute schon bekannte Schlagworte für "gelebte" Obsoleszenz seien hier erwähnt: unterdimensionierte Bauteile; verklebte Bauteile die nicht ausgetauscht werden können; Verwendung besonders hitzeempfindlicher Bauteile in unmittelbarer Nähe von Hitzequellen; Beschleunigung des Alterungsprozesses von Kondensatoren, die bewusst im Heißluftstrom der Prozessorkühlung angebracht werden; usw. …

Durchsetzungsstrategien und Konsequenzen einer veränderten Politik

Ein so bedeutsames Thema wie die Obsoleszenz muss in den Parteien und der Bevölkerung diskutiert werden und dort im Bewusstsein verankert sein. Doch scheuen die Parteien offensichtlich das Risiko, dieses Thema den Wählern nicht vermitteln zu können. Die geplante Obsoleszenz konsequent zu verhindern würde zwangsläufig zu einer Entschleunigung des Wirtschaftskreislaufs und somit zu einem "Negativ-Wachstum" führen. In unserem Wirtschaftssystem hätte dies eine Rezession und Massenarbeitslosigkeit zur Folge. Ohne einen vorausschauenden Reformprozess wären wir dann mit großen sozialen und wirtschaftlichen Verwerfungen in unserer Gesellschaft konfrontiert. Dennoch darf eine visionäre Politik bei einem solch grundsätzlichen Thema den Ball nicht flach halten, sondern muss vorausschauend (volkswirtschaftliche) Konzepte erarbeiten, wie diese Auswirkungen zu verhindern oder zumindest abzumildern sind.

Erfolgreich kann die Obsoleszenz auch nur bekämpft werden, wenn ein großer Wirtschaftsraum dies gegen global agierende Unternehmen erzwingt. Dieser Kampf muss Teil einer gemeinsamen europäischen Wirtschaftspolitik sein.

"Unsere Wirtschaftsweise ist weder ökologisch nachhaltig noch global gerecht", erklärt Julia Otten, Referentin bei Germanwatch. "Damit beuten wir die Erde auf Kosten künftiger Generationen und der in Armut lebenden Menschen aus, die insbesondere im globalen Süden leben."

Wir reden hier über ein Generationenprojekt! Wenn wir die Menschen in der westlichen Welt mitnehmen wollen, müssen überzeugende Konzepte auch in einem ebenso professionellen Kommunikationskonzept ihren Niederschlag finden. Denn ohne demokratische Mehrheiten wird auch diese Vision nicht Realität werden.

Die heutige Wirtschaftsweise zerstört unsere natürlichen Lebensgrundlagen und untergräbt dadurch die Bewohnbarkeit unseres Planeten für kommende Generationen. Nur wenn Ökonomie und Ökologie zusammen gedacht werden, können wir diese Lebensgrundlagen für zukünftige Generationen sicherstellen, eine gerechte Ressourcenverteilung erreichen und dem friedlichen Miteinander der Menschen eine Chance geben.