Kunstprotest von Sara Nabil

Für die Rechte der afghanischen Frauen

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Im Anschluss an ihre Performance bat die Künstlerin auch Zuschauer*innen und Besucher*innen der Ausstellung um Haarspenden.
Haarspenden von Zuschauer*innen und Besucher*innen

Sara Nabil, geboren 1994 in Kabul, studierte Politikwissenschaften an der Karwan University in Kabul und seit 2016 Kunst an der Hochschule für Gestaltung in Offenbach. Als politische Künstlerin von den Taliban verfolgt, sind ihre eigene Fluchterfahrung und die Rechte afghanischer Frauen und Mädchen zentrale Themen ihrer Arbeiten. Ihr Kunstprotest in der Kunsthalle Mannheim, bei dem sie sich live die Haare abschnitt, geht auch nach dem Ende der STUDIO-Ausstellung weiter.

Vor etwas über einem Jahr, am 15. August 2021, übernahmen die radikalislamischen Taliban erneut die Macht in Afghanistan. Ihre Versprechungen an die internationale Weltgemeinschaft, Frauen und Mädchen Bildung und gesellschaftliche Teilhabe zu gewähren, bleiben unerfüllt, wie die afghanische Künstlerin und Aktivistin Sara Nabil berichtet, die auch bei der Freidenker-Konferenz "Celebrating Dissent" in Köln zu Gast war. Im Gegenteil: Die Menschenrechtsverletzungen gegenüber Frauen, Mädchen und Menschen, die sich öffentlich gegen die Taliban aussprechen, haben sogar noch zugenommen. Mädchen dürfen nach wie vor keine weiterführenden Schulen besuchen, Studentinnen werden in den Hörsälen der Universitäten durch einen Vorhang von ihren männlichen Kommilitonen getrennt, Frauen dürfen sich ohne Vollverschleierung oder männlichen Begleiter nicht in der Öffentlichkeit bewegen. Proteste und Widerstand werden mit Gewalt unterbunden. 

In ihrer Performance "Bodies in War. My Hair is Free" ("Körper im Krieg. Meine Haare sind frei"), die im Mai 2022 im Atrium der Kunsthalle stattfand, rasierte sich Sara Nabil ihre Kopfhaare ab, um gegen die Mechanismen der Unterdrückung von Frauen zu rebellieren. Ihr selbstbestimmter Kunstprotest ist ein feministisches Statement: Er deckt patriarchale Machtstrukturen und die Ausmaße eines Krieges auf, in dem Frauen und ihre Körper – von den Haaren bis zur Kleidung – erneut zu "Schlachtfeldern" kultureller Konflikte geworden sind. "Dieser Protest ist vor allem ein Akt der Selbstbestimmung, indem Sara Nabil als Künstlerin und als afghanische Frau in der Performance die Macht über ihren eigenen Körper zurückgewinnt und zeigt, dass Freiheit eben beim eigenen Körper beginnen muss", betont Christina Bergemann, die Kuratorin der Ausstellung.

Die in der Kunstperformance abgeschnittenen Haare
Die in der Kunstperformance abgeschnittenen Haare werden nun in Kistchen verpackt an Politiker*innen der Vereinten Nationen (UN) geschickt. (Foto: © Kunsthalle Mannheim)

Als Zeichen der Solidarität bat die Künstlerin die Zuschauer*innen der Performance und die Besucher*innen der Ausstellung darum, ebenfalls Haare zu stiften. Diese wird die Künstlerin nun gemeinsam mit ihren eigenen Haaren in kleinen, roten Kisten an Politiker*innen der Vereinten Nationen (UN) schicken. Dies ist der zweite Teil ihrer Protestaktion. "Ich möchte darauf aufmerksam machen, dass sich die Lage der Frauen in Afghanistan immer weiter verschlechtert hat. Innerhalb von einem Jahr sind sie aus allen Bereichen der Gesellschaft verschwunden und durch die Verhaltens- und Kleidervorschriften der Taliban unsichtbar geworden", sagt Sara Nabil. Die mit Haaren gefüllten Kisten ihres Protests für Freiheit und Gleichberechtigung sollen die politischen Funktionsträger*innen zum sofortigen Handeln aufrufen, so die Künstlerin. Der im Museum begonnene Kunstprotest für Freiheit und Frauenrechte ist für Sara Nabil mit dem Ende ihrer STUDIO-Ausstellung in der Kunsthalle Ende August somit nicht vorbei.

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