BONN. (hpd) Die Journalistin Diana Johnston deutet in ihrem Buch "Die Chaos-Königin. Hillary Clinton und die Außenpolitik der selbsternannten Weltmacht" die wohl erste US-Präsidentin als Kandidatin der Kriegspartei im Polit-Establishment. Zwar kann die Autorin gut begründet auf bedenkliche Auffassungen und Handlungen von Clinton in der Vergangenheit verweisen, sie arbeitet für eine differenzierte und seriöse Kritik aber zu sehr mit Übertreibungen und Zuspitzungen.
Hillary Clinton dürfte die erste Frau im US-Präsidentenamt werden. Dafür spricht ihre Erfahrung in der Politik, die aber keineswegs immer mit richtigen Entscheidungen einher ging. Ihre Zustimmung zum Irak-Krieg kann als einer von vielen gravierenden außenpolitischen Fehlern gelten. Gleichwohl wird Clinton wohl gewählt, auch wenn ihre Beliebtheit und Glaubwürdigkeit in Umfragen als gering gilt. Um einen Donald Trump zu verhindern, dürften viele US-Wähler in ihr das "kleinere Übel" sehen.
Doch was erwartet die USA und die Welt dann? Wofür steht Clinton – außer für den Ehrgeiz in das Weiße Haus einziehen zu wollen? Die gebürtige US-Amerikanerin Diana Johnstone, die als Journalistin für verschiedene internationale Medien tätig ist, will auf diese Frage in ihrem Buch "Die Chaos-Königin. Hillary Clinton und die Außenpolitik der selbsternannten Weltmacht" eine Antwort geben. Gleich zu Beginn heißt es: Sie "hat klar die Absicht, die Politik des 'Regimewandels' die sie als Außenministerin verfolgte, weiterzubetreiben" (S. 7).
Genau auf diese Dimension der Politik konzentriert sich Johnstone, die nicht mit eindeutigen Bewertungen zurückhaltend ist. Denn gleich danach heißt es, "dass Hillary Clinton den aggressivsten Flügel der Kriegspartei innerhalb des politischen Establishments der USA repräsentiert" (S. 8). Genau diese Auffassung will die Autorin in ihrem Buch anhand von Fallbeispielen belegen.
Bereits im Vorwort geht sie ausführlicher auf Clintons Rolle im Honduras-Konflikt während der ersten Amtszeit von Obama ein. Allein dieses Beispiel belegt für Johnstone, dass sie den Machtanspruch der alten Monroe-Doktrin nicht nur für den amerikanischen Kontinent, sondern für die ganze Welt ausdehnen wolle. Am Beginn der ausführlichen Erläuterungen zu dieser Einschätzung stehen Betrachtungen zu ihren Verbindungen zum "Militärisch-industriellen Komplex". Der Begriff, der nicht von Kritikern der US-Außenpolitik, sondern von dem ehemaligen Präsidenten Dwight D. Eisenhower geprägt wurde, bezieht sich auf die Einflüsse der Rüstungsindustrie auf die Politik.
Danach geht Johnstone auf die ideologische Legitimation von US-amerikanischer Interventionspolitik ein, wobei die Hinweise auf "Demokratie" und "Menschenrechten" als "unseren Werten" eine herausragende Rolle spiele, gleichwohl mit Doppelstandards und Widersprüchen operiert werden würde. Dabei fällt auch der Blick zurück auf Clintons Zeit als "First Lady", wo sie die einschlägige Außenpolitik ihres Mannes Bill Clinton mit unterstützte.
Besondere Aufmerksamkeit findet demgegenüber aber ihre eigene Rolle als US-Außenministerin, wobei die Libyen -Politik als "Hillarys eigener Krieg" (S. 147) zunächst im Mittelpunkt steht. Es habe sich hier um nicht vorausschauende Entscheidungen gehandelt, welche nicht nur das Land, sondern die ganze Region mit ins Chaos stürzten. Auch trug Clintons Außenpolitik für die Autorin mit dazu bei, die Konflikte mit Russland zu schüren, statt hier verständnisvoller zu agieren. Als Ministerin habe sie in einer Hinsicht großen Erfolg gehabt: "Sie ist zur Lieblingskandidatin der Kriegspartei geworden" (S. 238).
Der kritische Blick auf Clintons Außenpolitik ist mehr als nur nötig, denn im Lichte von Donald Trumps polternden Sprüchen wirkt sie gemäßigt und vernünftig. In der Rückschau wird aber in der Tat deutlich, dass Clinton an alten interventionistischen Doktrinen orientiert ist. Gleichwohl kann Johnstones Buch weder formal noch inhaltlich als guter Beleg für diese Einschätzung gelten, was sie in der Grundrichtung aber nicht falsch macht. Denn die Autorin springt in den Kapiteln hin und her, spricht mal allgemeine Aspekte der US-Politik und dann mal wieder Clinton direkt an. In ihren Einschätzungen neigt sie zu Übertreibungen und Zerrbildern. Eine Aussage wie "die wohlhabende Israel-Lobby hat ... praktisch den gesamten Kongress" (S. 78) gekauft steht etwa mehr für eine diffuse Konspirationsvorstellung denn für eine nüchterne Problemanalyse. Bedeutsame Punkte wie die Frage nach den Finanziers der Clinton-Stiftung u.a. aus Saudi Arabien werden dafür nur kurz angeschnitten (vgl. S. 237). Ein wichtiges Anliegen mündet leider in ein einem weniger gelungenen Buch.
Diana Johnstone, Die Chaos-Königin. Hillary Clinton und die Außenpolitik der selbsternannten Weltmacht, Frankfurt/M. 2016 (Westend-Verlag), 288 S., ISBN:978-3-86489-135-9, 19,99 Euro