Rezension

Biographie einer US-Präsidentschaftskandidatin

Die USA-Korrespondentin der TAZ, Dorothea Hahn, legt mit "Hillary. Ein Leben im Zentrum der Macht" eine Biographie über die US-Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton vor. Es handelt sich um eine informative und sachliche Beschreibung, die auch das Thema "Die Clintons und das liebe Geld" in einem gesonderten Kapitel behandelt.

Bei einem Gegen-Kandidaten wie Donald Trump müsste es eigentlich leicht sein, als Sieger vom Platz zu gehen. Doch Hillary Clinton liegt zwar eindeutig in den Umfragen vorn, aber nicht so eindeutig wie es von der Sachlage her sein müsste. Dabei dominiert wohlmöglich eine Anti-Trump-Haltung bei Vielen als Wahlmotiv. Denn Clinton ist nur wenig unbeliebter als Trump und gilt als pragmatischer und realistischer. Doch warum löst ihre Kandidatur keine große Begeisterung aus? Eine mögliche Erklärung findet sich im Untertitel einer neuen Biographie: "Hillary. Ein Leben im Zentrum der Macht", welche die USA-Korrespondentin der TAZ Dorothea Hahn vorgelegt hat. Clinton, die sie durchgängig nur als "Hillary" beschreibt, bewegt sich seit Jahrzehnten in der etablierten Politik. Dabei hat sie wichtige Erfahrungen gesammelt und sich ein "Macherin"-Image zugelegt, aber auch ihre Positionen häufig genug gewechselt und eine bedenkliche Nähe zur Wall Street entwickelt.

Diese Rezension wurde noch vor Bekanntgabe des Wahlergebnisses verfasst. Tatsächlich gewann Donald Trump die Wahl und wird im Januar 2017 als Präsident der USA vereidigt werden.

Wie dies alles geschah, will Hahn in ihrer Lebensbeschreibung darstellen. Dabei handelt es sich um eine klassisch historisch-chronologisch angelegte Biographie, die nur in einem Punkt von der Struktur abweicht. Ansonsten zeichnet die Autorin den Entwicklungsweg von Clinton, die zunächst Hillary Rodham hieß, nach. Ihre Familie war gerade von der Arbeiterklasse in die Mittelschicht aufgestiegen und ermöglichte der strebsamen Schülerin ein Jurastudium in Yale. Zunächst stand Clinton den Republikanern nahe, galt sogar als "Goldwater-Girl". Angeblich will sie eine Begegnung mit Martin Luther King zu einem Wandel gebracht haben. Dieser war indessen von Brüchen geprägt. Clinton war keine bekennende Achtundsechzigerin, sondern wollte in den Institutionen mit Reformen für Verbesserungen sorgen. Diese Einsicht teilte sie auch mit ihrem späteren Mann Bill Clinton. Nachdem ihr Engagement für den linksliberalen Kandidaten George McGovern gescheitert war, wanderten sie beide mit Erfolg in die politische Mitte.

Diese gemeinsame Entwicklung bildet danach den Schwerpunkt: Zunächst wurde Hillary Clinton die First Lady in Arkansas und dann im Weißen Haus. Dabei bleib sie nie nur die Frau von Bill, sondern engagierte sich immer auch eigenständig. Ein bekanntes Beispiel dafür war die allerdings gescheiterte Gesundheitsreform. Hahn beschreibt auch die persönlichen Verletzungen jener Zeit: Denn aufgrund von Bill Clintons kontinuierlichen Frauenaffären sah sich Hillary Clinton immer wieder persönlichem wie politischem Druck ausgesetzt. Ihre erste Kandidatur für das Präsidentenamt scheiterte 2008. Barack Obama ernannte sie – trotz ihrer vorherigen Schmähungen seiner Person – zur Außenministerin. Während seiner zweiten Amtszeit bereitete sich Clinton dann für die zweite Kandidatur vor. Aber auch hier konnte sie sich nur knapp gegen einen internen Konkurrenten behaupten: Bernie Sanders galt Vielen als glaubwürdiger als die spätere Siegerin. Hillary Clinton übernahm viele seiner Positionen, ob diese von ihr als Präsidentin umgesetzt werden, gilt es abzuwarten.

Das einzige Kapitel der Lebensbeschreibung, das nicht in die Chronologie passt, lautet: "Im Klub der Millionäre: Die Clintons und das liebe Geld". Es sind nur zehn Seiten, die aber eine Abhängigkeit nicht nur von amerikanischen, sondern auch von ausländischen Geldgebern nahe legen. Hahn liefert die einschlägigen Informationen, hält sich aber mit dezidierten Bewertungen wie auch an anderen Stellen eher zurück. Sie macht aber anschaulich und nachvollziehbar die Entwicklung von Hillary Clinton deutlich, die als engagierte und kluge Frau immer wieder mit den Fallstricken der Politik und ihren eigenen Machtambitionen zu kämpfen hatte. Einige schwerwiegende Fehler wie etwa gegenüber Libyen hätten noch genauer beleuchtet werden können. Deutlich macht die Autorin auch, dass Hillary Clinton immer ein "Falke" gewesen sei und als Außenministerin nur durch die Mäßigung von Barack Obama gebremst werden konnte. Leider kommt die Biographie ohne Fußnotenbelege aus, sie liefert aber ein interessantes Portrait der wahrscheinlichen US-Präsidentin.

Dorothea Hahn, Hillary. Ein Leben im Zentrum der Macht, München 2016 (C. H. Beck-Verlag), 240 S., ISBN 978-3-406-69754-8, 18,95 Euro