Zeitschrift

Skeptiker 3/2016 erschienen

Das aktuelle Heft des "Skeptiker", der Vierteljahresschrift der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP), ist erschienen. Im aktuellen Heft wird darüber informiert, wie die Esoterik-Szene Organspenden verhindert und wie Gentechnik-Gegner den Entwicklungsländern schaden. Zudem werden die Psi-Tests der GWUP aus diesem Jahr vorgestellt.

Immer weniger Menschen folgen in Deutschland dem Beispiel von Stefan Henze. Der Olympiatrainer verunglückte in Rio schwer und verstarb. Seine Organe (Herz, Leber und Nieren) retteten schwerkranken Menschen das Leben.

Doch die Organspendebereitschaft ist in Deutschland seit Jahren rückläufig. Immer mehr Menschen glauben der esoterischen Panikmache und haben Angst davor, ihre Organe nach dem (Hirn)Tod zur Verfügung zu stellen. Im Interview sagt der Mediziner Benedikt Maternaer: Es sei "in der Tat ein Dilemma, denn Hirntote tragen Merkmale von Lebenden und Toten: Einerseits beginnt das Gehirn sich aufzulösen … andererseits ist die Haut warm…, Verdauung findet statt (und) Wunden können heilen." Das jedoch ist aber nur möglich, weil der Körper durch künstliche Beatmung am (Halb)Leben erhalten werde.

Aus diesen äußerlichen Erscheinungen leiten Esoteriker ab, dass der Mensch - obwohl hirntot - nicht tot sei. Und eine Entnahme von Organen aus diesem Körper ein Eingriff in ein lebendes Wesen. Dabei ist es allein das funktionierende menschliche Gehirn, dass einen Menschen zu einem Menschen macht. Das Schmerz erfahrbar macht und auch die unbewußten Lebensäußerungen (wie z.B. die Atmung) ermöglicht.

Hinzu kämen noch Berichte, dass Menschen, denen Organe transplantiert worden sind, die Wesenszüge des Spenders angenommen hätten. Das wäre einfach lächerlich… wenn es nicht tatsächlich Menschen gäbe, die das glauben würden. (Als wäre eine Niere das, was einen Menschen ausmacht…) Maternaer dazu: "Das lässt sich ganz einfach und ganz menschlich erklären! Man stelle sich vor, ein Patient ist mit einem Kunstherzen versorgt und wartet sehnsüchtig auf ein Spenderherz. … Dann kommt die Nachricht, dass eine Transplantation möglich ist, und kurze Zeit nach dem Eingriff kann er sich wieder belasten, am Leben teilnehmen und hat eine Perspektive…" Es versteht sich von selbst, dass dieser Mensch sich anders verhält als zuvor. Und das hat nichts mit dem Spender des Herzens zu tun.

Doch solcherlei Logik liegt Esoterikern nicht sonderlich. Damit lässt sich weder besonders gut Panik machen noch Geld verdienen.

Grüne Gentechnik

Allein diese zwei Worte lösen bei vielen Menschen Angst und Abwehr aus. Was vor allem damit zusammenhängt, dass der Großteil derer kaum oder falsch, in jedem Falle aber subjektiv informiert sind. Dabei - so weist Matan Shelomi nach - könnte die Technologie gerade den Menschen helfen, die es am bittersten nötig hätten: den Armen in Schwellen- und Entwicklungsländern.

Allein das stetige Wachstum der Weltbevölkerung macht es notwendig, dass die Nahrungsmittelproduktion innovativ gesteigert wird. Hier im satten Mitteleuropa und im Norden des amerikanischen Kontinents läßt sich gut sagen, dass die Weltbevölkerung nicht weiter ansteigen darf. Dort, wo sie am kräftigsten steigt sind die Menschen zum einen nicht besonders gut gebildet und zum anderen meist hungrig.

Eine Lösung für das Problem könnte die Zulassung von gentechnisch verändertem Reis (dem sog. "Golden Rice") sein. Doch dem stehen mehrere Probleme entgegen: "Zum einen die Anti-Gentechnik-Ideologie der EU… zum anderen wird die internationale Handelspolitik durch externe Interessen beeinflusst." Außerdem ist die Infrastruktur gerade in den Gebieten, die vom Hunger bedroht sind, besonders schlecht ausgebaut.

Eines der Hauptprobleme ist auch der schlechte Ruf, der Herstellern von genmanipuliertem Getreide vorauseilt - ob zu Recht oder Unrecht. Das Unternehmen Monsanto (jetzt: Bayer & Monsanto) ist das Feindbild für viele, die sich um Gesundheit Gedanken machen. Doch "viele Geschichten über Monsanto sind falsch. Weder hat das Unternehmen Landwirte in die Schuldenfalle getrieben, noch produziert es Samen, die nach einem Jahr die Keimfähigkeit verlieren…" Dabei wird übersehen, dass der überwiegende Teil an genverändertem Getreide gar nicht von Monsanto vertrieben wird. "Zahlreiche Universitäten, gemeinnützige Organisationen und NGO’s arbeiten an GV-Pflanzen (genveränderten Pflanzen), so wurde der 'Goldene Reis' von Forschern der ETH Zürich und er Universität Freiburg entwickelt…"

Auch an diesem Beispiel zeigt sich: Sich zu informieren gehört nicht zwingend zum Handwerkszeug derer, die sich eine einfach zu erklärende, schwarz-weiße Welt wünschen.

Psi-Tests 2016

In diesem Jahr wollten nur zwei Bewerber die seit Jahren ausgelobten 10.000 Euro gewinnen, indem sie den Nachweis erbringen, parawissenschaftlich tätig zu sein.

Sabine Krümmer wollte nachweisen, dass sie Pflanzen homöopathisch behandeln kann (nicht nur das: es sollte auf die Pflanzen auch eine Wirkung haben). Sie könne – auch per Fernanalyse – Schadstoffe im Boden erkennen. Einfach so. Ohne technische Hilfsmittel. Im Laborversuch wollte Frau Krümmer mit einem Pendel herausfinden, welcher der Erdproben brauner Zucker zugefügt wurde. Das Ergebnis war zu erwarten…

Der Wünschelrutengänger Gerhard Grosser wollte den genauen Standort einer Wasserflasche im Raum unmittelbar unter dem Labor herausfinden. Beim Doppelblindversuch kam er auf die Zufallserwartung von 25 Richtigen bei 50 Durchgängen. Er nahm es mit Humor, "eine seltene Reaktion bei unseren Kandidaten".

Interviews und weitere Beiträge

Am 23.10. wird wieder einmal die 10^23-Aktion stattfinden (unter anderem im Hamburg und Berlin). Auch in Tschechien und der Slowakei erstarkt die sog. "Alternativmedizin". Im Interview berichtet Dr. Tomas Ondriga über die Vorbereitungen zum dortigen 10^23-Event.

Bernd Harder beginnt eine zweiteilige Serie über Nostradamus. Es sei 450 Jahre nach seinem Tod "an der Zeit, den letzten Nekrolog auf den vorgeblichen Seher zu halten."

In Rumänien soll ein neues Gesetz die Tätigkeit von Hexern, Wahrsagern und anderen paranormalen Dienstleistern regeln. Mark Benecke befragt dazu den Südosteuropa-Experten Peter Mario Kreuter.

Über den kostenpflichtigen Service "Talk with a physicist" (Sprich mit einem Physiker), den Dr. Sabine Hossenfelder eingerichtet hat, um Menschen über physikalische Zusammenhänge aufzuklären, sprach Bernd Harder mit ihr. "Viele von denen, die bei uns anrufen, überschätzen ihr eigenes Fachwissen dramatisch," sagt sie in dem Interview, "Aber wenn man solche Leute nur ignoriert oder auslacht, dann ändert sich daran auch nie etwas."

Die Verhaltenstherapeutin Dr. Nadja Hermann ist vielen Internet-Usern durch ihre "erzähl mir nix!"-Comics bekannt. Die gibt es jetzt auch als Buch.

Wie immer endet das Skeptiker-Heft mit Suchtipps und Rezensionen.