Bonobos sorgen einmal mehr für Überraschung

Der Ursprung der Freundschaft

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Spielende Bonobo-Kinder im Berliner Zoo
Spielende Bonobo-Kinder im Berliner Zoo.

Sie entdeckten den Ursprung der Freundschaft: Die Verhaltensforscher Barbara Fruth von der Liverpooler John Moores Universität und Gottfried Hohann vom Leipziger Max-Planck-Institut für Evolutionäre Anthropologie beobachteten in der Republik Kongo, wie ein Bonobo-Mann zwei aus Frauen und Kindern bestehenden Gruppen das Fleisch einer von ihm erjagten Duiker-Antilope überließ. Der eigenen und der Gruppe vom angrenzenden Territorium.

Was da geschah, eignet sich, um mit manchen Klischeevorstellungen aufzuräumen. Eine davon ist die, dass Bonobos reine Vegetarier sind und nur Schimpansen gelegentlich jagen. Schimpansen tun es. Aber auch Bonobos tun es, wenn auch weit weniger oft, registrierten die Forscher.

Bei den Bonobos sind die Frauen die Chefs, nicht nur weil sie entscheiden, mit wem sie sich einlassen. Aber Camillo, dem jungen Männchen, kam es hier auch zu, die Beute, die er erjagt hatte, zu verteilen. Er tat es nicht nur an seinen Clan, sondern auch an den Nachbar-Clan, der sich bald eingefunden hatte, bestehend aus jungen und alten Frauen mit ihrem Nachwuchs. Sie scharten sich um ihn am Grenzgebiet, wo sich beide Gruppen früher schon mehrfach friedlich begegnet waren, ohne sich länger miteinander aufzuhalten, und diesmal bettelten alle – ohne aggressiven Nachdruck – bis sie etwas abbekamen. Sie starrten ihn freilich ohne Unterlass an und hielten Camillo die geöffneten Hände unter die Nase. Und der ließ es zu, dass, nachdem er die Beute zerkleinert und hier und da ein Stück abgegeben hatte, ein älteres Weibchen vom Nachbar-Clan den Kopf der Antilope schnappte und sich damit zurückzog, woraufhin bald ihre ganze Familie sich schmatzend daranmachte, das Fleisch vom Cranum zu lösen und zu verschlingen.

Beschlossen wurde das gemeinsame Mahl auch mit dem Austausch von Sex zwischen den Bonobo-Frauen.

Die beiden Gruppen waren sich im Laufe der letzten Jahre immer öfter an der Grenze der beiden Territorien begegnet, schließlich fast jeden Monat einmal. Die Begegnungen verliefen stets friedlich. Unter Umständen fiel Camillo die Großzügigkeit leichter, weil es buchstäblich naheliegend ist, dass auch der Nachbarstamm Gene in sich trägt, die den seinen verwandt sind. Möglicherweise wollte er auch die Weibchen jenseits der Grenze für alle Fälle in Anbetracht späterer erotischer Exkursionen für sich einnehmen. Eventuell schmiedet Freigiebigkeit aber auch die Gruppe zusammen, genauso wie gemeinsame Aggression.

Vielleicht entdeckte Camillo das schöne Gefühl der Freundschaft. Das wäre die anregendste Variante. Daraus mag sich bei unseren Vorfahren, von denen wir gern glauben, dass sie den Bonobos ein Stück ähnlicher sind als den Schimpansen, das Ritual der Einladung zum Essen entwickelt haben. Man bedenke, wie mit dieser viele Konflikte schon geschlichtet wurden oder mit ihr aufkommenden Aggressionen antizipierend entgegengewirkt wurde und wird. Gleiches gilt für die Kultur der Gabe und Gegengabe. So einfach fing alles einmal an.