Ein Richter in Kanada spricht Ureinwohnerin das Recht zu, ihrer krebskranken Tochter die Chemotherapie zu verweigern.
Eine emotionale Debatte über die Entscheidung einer Familie, die krebskranke Tochter aus der Chemotheraphie herauszunehmen, endete am Freitag mit möglicherweise weitreichenden Verfassungsentscheidungen, da nun ein Richter urteilte, dass die Ureinwohner einen Rechtsanspruch auf ihre traditionellen Heilmethoden haben.
Richter Gethin Edward lehnte den Antrag der Klinik ab, welche das 11-jährige Mädchen behandelt und gefordert hatte, dass eine lokale Kinderhilfsgesellschaft sie vertritt, damit sie zu ihrer Chemotheraphie zurückkehren kann. Die Ärzte sagen, dass ihre Art der Leukämie eine 90 Prozent Heilungsrate mit modernen Behandlungsmethoden hat, aber ein fast sicheres Todesurteil ohne diese ist.
Unter Applaus von Vielen in einem vollbesetzten Gerichtsgebäude urteilte der Richter, dass die traditionelle Gesundheitsversorgung ein integraler Bestandteil der familiären Mohawk-Kultur sei und somit von der Verfassung geschützt. Er verwies auf Paragraph 35 (1), eine Bestimmung welche “die bestehenden Rechte und Verträge der Ureinwohner” anerkennt, aber welche häufiger mit einheimischen Fischerei- und Jagdpraktiken assoziiert wird und weniger mit Behandlungen von tödlichen Krankheiten.
Für den Richter gibt es Beweise, die zeigten, dass die Mutter aus dem “Sechs Nationen Reservat” “zutiefst verpflichtet gegenüber ihren Überzeugungen ist und ihrem Glauben, dass die traditionelle Medizin hilft.” “Dies ist keine göttliche Erleuchtung, um ihre Tochter aus den Strapazen der Chemotheraphie zu holen”, sagte er. “Vielmehr ist es eine Entscheidung von einer Mutter, im Namen ihrer Tochter, die sie aufrichtig liebt, durchdrungen von einer Praxis die von Anfang an in ihrer Kultur verwurzelt war”.
Und das Recht ist nicht abhängig von den nachweislichen Funktionieren der Behandlungen nach “westlichen medizinischen Paradigmen”, sagte Richter Edward. Er ging jedoch nicht auf die Tatsache ein, dass die Eltern ihre Tochter zuvor in eine private Klinik gegeben haben, die von einem nicht-einheimischen Geschäftsmann in Florida geführt wird, dessen einzige Lizenz darin besteht, Massagen anzubieten – der aber behauptet, dass er Krebs heilen kann.
Übersetzung: Katharina Malik
4 Kommentare
Kommentare
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Da sind wir in Deutschland weiter. Wenn Zeugen Jehovas ihren Kindern Bluttransfusionen verweigern, dann bekommen die Kinder vom Jugendamt einen Vormund für die Zeit der OP.
David am Permanenter Link
"Da sind wir in Deutschland weiter."
Nun, das scheint mir ganz und gar nicht so. Auch bei uns dürfen die Eltern, inzwischen sogar gesetzlich besiegelt, fröhlich gemäß ihres (Irr-)Glaubens die Gesundheit ihres Kindes auf's Spiel setzen und den süßen Kleinen am Genital herumschneiden lassen.
Beides eine höchst bedenkliche Entwicklung.
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Das ist ja außer Frage. Ich meinte den Fall, wenn Kinder krank werden. Dürfen Eltern dann zum Voodoo-Priester oder sollten sie doch eher zum seriösen Arzt gehen?
David am Permanenter Link
Ich kenne die Kanadische Gesetzeslage zu schlecht, um hier zw. D und CA eine Rangfolge abgeben zu können.
Fakt ist, dass beide Länder offensichtlich ein Problem damit haben, Wissen über Glauben zu stellen - und dabei ist es mMn eigentlich unerheblich, ob sich die irrationale Wirkung des Glaubens im Zusammenhang mit Krankheit oder sonstigem entfaltet.
Übrigens, ich meine beim kanadischen Urteil eine gewisse Portion Kulturrelativismus zu riechen, der mMn völlig fehl am Platz ist - der gleiche Duft, der damals das neue "Beschneidungsgesetz" verströmte.