Das war Weltuntergang Nummer 155

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Hawelka, Wien / Foto: univie.ac.at

WIEN. (hpd) Die Welt steht noch. Allen selbst ernannten Maya-Interpreten zum Trotz. Auch der „Bewusstseinssprung“ ist ausgeblieben. Blöd aber auch. Aber es gibt Hoffnung für die kommenden Jahre. Zumindest für alle, die gerne Angst haben.

Ich bin beeindruckt von meiner Leistung. 155 Weltuntergänge hab ich überlebt. Den 21.12.2012 inklusive. Und das sind nur die, von denen ich weiß. Gut, heut morgen mag sich das nicht wahnsinnig nach Leben anfühlen. Das liegt aber mehr am leichten Kater. Samstagmorgen und so. Außerdem war die Arbeitswoche anstrengend. Wie dem auch sei, ich bin stolz auf mich. Ich bin Weltuntergangsüberlebenskünstler, sozusagen.

Mit einer kleinen Einschränkung. Es hat sicher geholfen, dass ich weder in Russland noch in Südkorea lebe. Dort sind Menschen aus Panik vor dem angeblichen Weltuntergang Amok gelaufen. Dass das Massaker an der Volksschule in Newtown, CT mit der angeblichen Maya-Prophezeiung zusammenhängt, kann auch nicht ausgeschlossen werden. Die Mutter des Amokläufers war Weltuntergangsfetischistin. Sie hortete Waffen und Lebensmittel. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass sich das auf den ohnehin psychisch labilen Sohn übertragen hat.

Dieter Broers und Co dürfte es wenig stören, dass die Weltuntergangspanik Tote gefordert hat. Sie haben mit der Angst vor „Prophezeiungen“ viel Geld gemacht. Prophezeiungen, die sie selbst erfunden haben. Fernsehsender und Zeitungen haben mitgenascht. Je trashiger, desto mehr. Die Maschinerie hat prächtig funktioniert. 25 Prozent der Österreicher hatten laut einer Umfrage des Gratisblatts „heute“ zumindest ein „mulmiges Gefühl“ beim Gedanken an den 21. Dezember. Anderen Quellen zufolge waren es immerhin zehn Prozent. Einige haben sich mit Notfallrationen eingedeckt. Deppensteuer könnte man das nennen. In Bugarach passiert das in großem Stil.

Die Angst wird fehlen

Im Gegensatz zu den Autoren, die kräftig verdient haben, werden manche dieser Menschen heute vielleicht Erleichterung spüren. Allein, die Angst wird ihnen abgehen. Die brauchen sie als Lebensexlixier. Und Verschwörungstheorien obendrein. Es finden sich schon die ersten, die ihnen einreden: Die Bilderberger haben den Weltuntergang verschoben, damit sie die Menschen besser knechten können. Vielleicht waren’s auch die Illuminaten. Außerdem, wozu bräuchte man die ganzen Chemtrails, wenn eh alles vorbei ist? Kauft nur weiter unsere Bücher, wir haben die Wahrheit.

Das Broersche Paradoxon

Auch Broers dürfte davon kommen. Der hat zuletzt keinen Weltuntergang im engeren Sinn mehr vorhergesagt. Er hat von einem Evolutionssprung gefaselt, von einem „Bewusstseinssprung“. Der ist nachweislich genauso ausgeblieben wie der Weltuntergang. Sonst würde Broers verkünden, dass alles Unsinn war, was er Leuten weisgemacht hat, um seine Bücher zu verkaufen. Vielleicht würde er sogar zugeben, dass er kein Wissenschaftler in dem Sinn ist, wie es halt, naja, die Sprache als solche nahe legt.

Wer den selbst ernannten Biophysiker Broers und seine Leserschaft analysiert, kommt zu einem klassichen Paradoxon: Seinen Lesern fällt’s bestimmt nicht auf, dass der Bewusstseinssprung ausgeblieben ist. Damit diese Menschen begreifen können, dass sie verarscht wurden, bräuchte es aber diesen Bewusstseinssprung. Womit sie nicht mehr verarscht worden wären. Broers kann auf jeden Fall nur gewinnen. Ob der die Leute aus guter Absicht verarscht hat, sprich: er an den eigenen Unsinn geglaubt hat, oder aus Habgier, ist auch schon egal.

hpd hilft kostenlos

Allein, was tun mit der großen Gruppe, denen das Weiterbestehen der Welt jeglichen Lebenssinn geraubt hat? Die in Bugarach lange Gesichter machen und in einer existentiellen Krise stecken? Der hpd hilft ihnen – und im Gegensatz zu den hauptberuflichen Weltuntergangspropheten macht er das kostenlos.

Fürchtet euch nicht, noch ist nicht alles vorbei. Allein für 2013 werden im deutschsprachigen Raum zwei weitere Weltuntergänge vorhergesagt. Gut, der eine mag kein Weltuntergang im engeren Sinn sein. Ein Kometeneinschlag zwischen Mai und September wird nur den Großteil der Menschheit töten (http://www.radreise2.de/erde2/index.html). Mit Ausnahme eines Häufleins gottesfürchtiger Sibirier. Vielleicht überleben auch noch ein paar, so genau sagt das dieser begnadetste aller Propheten seit mindestens Jeremias auch nicht. Mit ein wenig Glück muss auch gar niemand sterben. Wenn Gottes Forderungen an die Regierungen dieser Welt erfüllt werden, passiert gar nichts.

Das sollte ein Kinderspiel sein. Alle Geschäfte schließen, Autos abschaffen und alle Städte über einer Million Einwohner zerstören. Das sollte machbar sein bis Mai. Und ja, ein bisserl „jüdische Strukturen“ zerschlagen. Einen kleinen antisemitischen Einschlag hat dieser Wahnsinnige schon. Aber macht das seine Prophezeiungen unwahrscheinlicher? Immerhin hat er’s direkt von Gott. Und wenn das keine Garantie ist, dass es stimmt, weiß ich’s auch nicht.

Nur indirekt von Gott hat es der ebenfalls begnadete Herwig Duschek, der Entdecker der Gralsmacht. Falls es mit dem Kometeneinschlag nicht klappt – er hat die todsichere Alternative. Die Prophezeiungen des Johannes treten nächstes Jahr ein. Zu Jahresbeginn wird der Antichrist sein Buch der Öffentlichkeit vorstellen. (Vielleicht war das auch schon im September 2012 und Duschek hat’s bloß übersehen) . Das löst logischerweise bald mal den Dritten Weltkrieg aus. Im September oder im Oktober soll es so weit sein mit Armageddon. Wenn das keine fröhlichen Zukunftsaussichten sind.

Kein Grund zum Verzagen: Fürchtet Euch!

Sollten beide danebenliegen, was bei Weltuntergangspropheten gelegentlich vorkommt, hat man 2014 nochmals die Chance. Wieder wird’s ein Komet sein. Unabhängig davon steht auch die Wiederkunft des Herrn bevor. Das hat Papst Leo X gesagt – und ein paar Eingeweihte haben’s rechtzeitig entdeckt.

Und wenn’s 2014 nichts wird – macht nichts. Nur ein wenig Geduld muss man haben. 2015 passiert nach hpd-Recherchen nichts. Erst 2016 ist es wieder so weit. Ein Killervirus rafft die Menschheit dahin. Kein klassischer Weltuntergang, aber auch etwas, worauf man sich freuen kann. Wer das überlebt hat, darf 2017 gleich zweimal fröhlich Armageddon entgegensehen. Vielleicht kommt auch ein Komet. Als Sicherheitsvariante, wenn die himmlischen Heerscharen mit der Generalmobilmachung nicht ganz zurechtkommen.

In Summe gute Nachrichten für unsere lieben Weltuntergangsfetischisten: Es besteht kein Grund zum Verzagen. Zum Angst haben bieten sich genügend Gelegenheiten.

Christoph Baumgarten