Christival & Co. - Nachlese

HAMBURG. (hpd) In den vergangenen Monaten hat es kirchliche Großveranstaltungen gegeben, die öffentlich als Erfolg dargestellt wurden

und immer wieder ist von einer Rückkehr der Religion die Rede. Das entspricht jedoch nicht den tatsächlichen Zahlen.

 

Spätestens mit dem Amtsantritt Joseph Ratzingers als Papst wird in Deutschland immer wieder in den Medien von einer „Rückkehr der Religion" berichtet. Auch Cicero-Chefredakteur Wolfram Weimar veröffentlichte ein „Credo: Warum die Rückkehr der Religion gut ist" und die Bertelsmann-Stiftung konnte mit ihrem "Religionsmonitor" kolportieren, dass angeblich 70 % der Bevölkerung religiös seien. In einem Tagungsbericht des hpd wurde dieses Thema bereits als „Kultivierung vergeblicher Hoffnungen?" beschrieben. Diese Reihe ließe sich vielfältig fortsetzen, bis zum aktuellen Beispiel, dass Radio Vatikan  vorige Woche meldete: „EU: Jugendliche ‚entdecken' die Religion wieder".
Ein Anlass, zu fragen, worin sich das beobachtbar zeigt. Drei Beispiele.

„Christival" in Bremen

In der Selbstdarstellung „D a s christliche Großereignis des Jahres." Vom 30. April bis zum 4. Mai 2008. Der „Jugendkongress" der Evangelischen Freikirchen und der evangelischen Landeskirchen, fand ein bemerkenswertes Medienecho. Nicht nur, weil das Bundesministerium für Familie und Jugend es mit 250.000 Euro förderte und Bundesfamilienministerin Ursula van der Leyen die Schirmherrschaft übernommen hatte, sondern auch, weil sich homosexuelle Politiker dagegen verwahrten hatten, dass auf dem „fröhlichen Glaubensfest" ein Seminar zur „Therapierung der Homosexualität" angeboten wurde.
Die Diskussion darüber gingen vielfältig durch alle Medien und entsprechend konnte man erwarten, dass das Interesse und die Zahl der Dauerteilnehmer entsprechend hoch sein würden. Das Gegenteil ist aber der Fall. Seit 1976 (dem Jahr des ersten „Christivals") hat das Jahr 2008 die zweitniedrigste Teilnehmerzahl. 1988 und 1996 war die Zahl der Dauerteilnehmer jeweils gegenüber den vorherigen Veranstaltungen gestiegen, 2002 und 2008 sind sie jeweils wieder abgesunken. Der ‚Gipfelpunkt' lag im Jahr 1996, seitdem ist das Interesse wieder rückläufig. Unverdrossen meldet jedoch idea, der Pressedienst der Evangelischen Allianz: „Trotz Störungen: Positive Bilanz des Christivals."

Katholikentag in Osnabrück

Der 97. Deutsche Katholikentag, vom 21. bis 25. Mai 2008 in Osnabrück, blieb im Rahmen des Üblichen. In Zahlen waren es 35.000 DauerteilnehmerInnen – eine Teilnehmerzahl, die sich in der normalen Spanne von 25.000 bis 40.000 Dauerteilnehmern bewegte. Abgesehen von den Katholikentagen in Berlin (1980: 74.000 und 1990: 131.000 - „Berlin ist eine Reise wert"), wurden diese Teilnehmerzahlen nur zu Beginn der 1980er Jahre überschritten (1982, Düsseldorf: 60.000 und 1984. München: 55.000). Also ‚Katholikentag wie immer'. Von deutlich steigenden Zahlen ist nichts festzustellen.

„EVA2008" in Dresden

Das Pfingst-Ereignis, vom 9. bis 12. Mai 2008 „für ALLE zwischen 16 und 28 Jahren" „rockte EVA!" Veranstaltet von der Stiftung Frauenkirche Dresden, der Evangelische Kirche in Deutschland, der Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend in Deutschland und der Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens, war in der Darstellung ein voller Erfolg: „25.000 feiern bei EVA2008 in Dresden Pfingsten". Das stimmt soweit – aber nur, wenn man alle Teilnehmer an allen Veranstaltungen an allen Tagen – insbesondere die 10.000 Besucher zum Konzert der Berliner Gruppe „2raumwohnung" – alles in allem zusammenzählte. Dauerteilnehmer – also nicht die Konzert-Besucher, denen es ziemlich egal ist, wer der Veranstalter ist, Hauptsache die Musik ist gut –, waren in Dresden 2.300 Jugendliche.

Fazit

Von einer „Rückkehr der Religionen" zu reden ist eine propagandistische Verdrehung der Realität oder ein Wunschdenken. Die Befunde der 15. Shell-Jugendstudie oder der Studie zu „Jugend in Europa" haben sich nicht verändert. Die Jugend ist pragmatisch und weltanschaulich-religiös weitestgehend nicht mehr interessiert.

CF